GOTTHARD - Human Zoo
Label: Ariola / BMG
Zu Beginn gleich einmal die gute Nachricht: GOTTHARD lassen Schmuseballaden wie auf "Open" (1999) zu finden vorerst einmal in der Kiste und liefern mit "Human Zoo" ein Album ab, das in eine ähnliche Kerbe wie der Vorgänger "Homerun" schlägt - rockig, und nachwievor mit einprägsamen Melodien unterlegt ist man auch Anno 2003 auf einem ähnlichen Dampfer wie BON JOVI und AEROSMITH unterwegs, stellenweise erkennt man auch einige Parallelen zu den Altvätern des Hardrocks - explizit den SCORPIONS - ohne jedoch bereits dagewesenes stupide und einfallslos zu kopieren und neu aufzuwärmen.
Lasst es mich vielleicht etwas anders formulieren: Ein gutes Rezept sollte man nicht ändern, verfeinern und ausbauen - ja, aber von den Grundzutaten abzuweichen, wäre zweifelsohne ein Fehler - den GOTTHARD allerdings nicht begehen. Bei musikalischen Kompositionen verhält es ähnlich wie bei kulinarischen (verzeiht, es ist gerade Mittag und mein Magen meldet sich zu Wort): Irgendwer hat eine gute Idee und versucht, diese umzusetzen, seinen Gedanken Form zu geben, sie anderen schmackhaft zu machen und möglicherweise auch zu verkaufen. Ende der Sechziger kamen AEROSMITH mit einer Idee, gefolgt von BON JOVI 1983 - und beide hatten sowohl damit Erfolg, ihre Ideen musikalisch umzusetzen als auch damit, sie einer breiten Masse mehr als nur schmackhaft zu machen - und GOTTHARD haben anscheinend an beiden mehr als nur Gefallen gefunden und versuchen nun, auf optimalen Wege beide Geschmacksrichtungen zu einer einzigen zu vereinen und mit einem Schuss schweizerischer Eigenständigkeit zu würzen, so dass es sich bei "Human Zoo" nicht um ein lediglich in der Mikrowelle aufgewärmtes Futter handelt. Ganz im Gegenteil, der neue Longplayer der Schweizer ist frisch und köstlich - zwar bereits bekannt aber dennoch mit einigen interessanten neuen Zutaten, kompetent zu einem schmackvollen Ganzen vereint, als da wären die mächtige, abwechslungsreiche und gefühlsbetonte Stimme seitens Steve Lee sowie einprägsame, einfühlsame Melodien, die mal rockig, mal balladesk ausarten, zu jedem Zeitpunkt aber auf der Zunge zergehen.
Das Einzige, was uns hierbei den Appetit verderben könnte, sind die Texte, denn diesmal befasst man sich mit der Armut und dem Leid thailändischer Slumbewohner, die man auf einer Bootstour durch Bangkok kennenlernte. Zwar kann man auch hierbei dem Gericht eine gewisse Exotik nicht absprechen, nur sonderlich leicht verdaulich waren solche Thematiken noch nie und werden es (hoffentlich) auch nie werden. "Das Erlebnis geht der Band sehr nahe", lies das Label verlauten - und das sollte es wohl auch dem Konsument, denn auf der Welt (und das nicht nur in Bangkok) passieren zur Zeit einige Dinge, die einem eher den Magen umdrehen, als satt machen. "Human Zoo" wurde als Albumtitel ausgewählt, da sich die Schweizer in eben jener Gegend wie eine exotische Spezies aus einer fremden, reichen Welt vorkamen, wo selbst der Ärmste zumindest noch ein Stück Brot am Tag zwischen die Zähne bekommt - ich jedoch würde "Human Zoo" mit einer anderen Interpretation untermauern: Mensch und Tier - welches dieser Lebewesen ist kultivierter? Wer tötet, um zu überleben und wer, um seiner Potenz Ausdruck zu verleihen? Bei den Tieren ist der Löwe der König, beim Mensch der Affe - zumindest in den Vereinigten Staaten - nur diese Bezeichnung wäre für einen Affen wohl eine große Beleidigung, daher lassen wir es an dieser Stelle einmal, diese Interpretation weiter auszubauen.

Zusammenfassend kann ich sagen, dass GOTTHARD ein tadelloses Album abgeliefert haben, das sowohl ihr Gespür für hart rockende Riffs als auch eingängige, beinahe balladeske Ohrwurmmelodien gekonnt verdeutlicht, ein entspannendes, angenehmes, mitreißendes Album, welches von zumindest textlicher Seite auch zum Nachdenken anregt.




7 von 7 Punkten

Tracklist:
1. Human Zoo
2. What I Like
3. Have A Little Faith
4. Top Of The World
5. Janie´s Not Alone, Still I Belong To You
6. One In A Million
7. No Tomorrow
8. First Time In A Long Time
9. Where I Belong
10. Long Way Down
11. What Can I Do
Gesamtspielzeit: 49:40

Macabre
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Beitrag vom 10.03.2003
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