UNLEASHED   GRAVE   DISMEMBER   ENTOMBED   EXTERMINATOR  
13.11.2006 @ Kulturhaus Althofen

Geburtstag, Weihnachten, Ostern und Silvester an einem Tag? Irgendwie schon, denn als ich von der übermächtigen Schwedenbombe gehört habe, die sich anschickt gemeinsam die Bühnen zu entern, war ich mehr als entzückt. Gut es gibt mittlerweile genügend (wenn nicht mehr als genug) Tourkonstellationen, die einem locker vier oder fünf mehr oder weniger gleichwertige Bands bieten, doch die essentiellen Mitbegründer der ersten schwedischen Death Metal-Welle auf einen Haufen gibt’s nicht alle Tage zu sehen. So war es für mich auch umso erstaunlicher, dass der Tourtross neben Städten wie Berlin, Essen oder Wien auch im eher beschaulichen Althofen Einkehr gefunden hat. Großer Dank gebührt dabei mit Sicherheit auch Rüdiger Ursej und seinem Organisationstalent, der so nebenbei auch noch die nahe gelegene und empfehlenswerte Metalkneipe Endorphin betreibt.

Nach einigen kleinen Anfangsschwierigkeiten machten sich dann EXTERMINATOR aus Belgien auf, um dem leider spärlich erschienen Publikum so richtig Dampf unter dem Hintern zu machen. Mit ungefähr 150 Gästen war der Kultursaal leider bloß zu einem schwachen Drittel ausgefüllt und dementsprechend traurig wirkte auch die Fanarbeit vor der Bühne. Die Belgier konnten mit ihrer Mischung aus Death Metal, Thrash und gelegentlichen Blastattacken zwar keine Begeisterungsstürme entfachen, doch man muss dabei auch beachten, dass wahrscheinlich kein einziger der Anwesenden die Anreise ihretwegen angetreten hat.

Da es bei einer derartigen Bandzusammenstellung keinen eindeutigen Headliner geben kann und darf, hat man ein meiner Meinung nach faires Rotationsprinzip eingeführt, sodass keiner über die tatsächliche Running Order bescheid wusste.

ENTOMBED hatten dann an diesem Abend die Ehre das monströse Viererpaket zu eröffnen und die Frage die sich wohl den meisten stellte war: Kann eine Band die in den letzten Jahren weit von ihrem ehemals eingeschlagenen Kurs abgekommen ist dem Tourtitel gerecht werden. Der erste Eindruck von Alex Hellid und seiner Hip-Hop mäßigen Wollmütze ließ echte Zweifel daran aufkommen, doch es waren zum Glück lediglich die optischen Details, die einem „Master Of Death“ so ganz und gar nicht entsprechen wollten. Wer mit neuzeitlichem Death’n’Roll gerechnet hatte, wurde bitter enttäuscht. Doch ich nehme mal nicht an, dass dies all zu viele gewesen sein werden. ENTOMBED besannen sich ganz dem Motto entsprechend ihrer Wurzeln und boten gute 40 Minuten lang eine wirklich mitreißende Show. „Revel In Flesh“ oder das göttliche „Left Hand Path“ sind nur zwei Beispiele für eine wirklich gelungene Reise zurück in die frühen 90er. Da fragt man sich nur mehr, warum es die Band je gewagt hat ihren Stil zu ändern, um neue Ufer zu erkunden…

Runde 2 im Wettstreit der zu diesem Konzertabend unpassendsten Kleidungsstücke geht dann aber klar an Matti Kärki. Der Fronter von DISMEMBER lässt es sich nämlich nicht nehmen in einem mehr als gut ausgefüllten Ghostbusters-Shirt aufzutauchen, um den Auftritt der nächsten lebenden Legenden anzukündigen. Der Truppe schien es wirklich scheißegal zu sein, dass sich an diesem Abend nicht viele Metalheadz in das Kulturhaus verirrt haben, denn von Anfang an wurde auf der Bühne ein mitreißendes Feuerwerk entfacht. „Skin Her Alive“ vom genialen Debüt, “Pieces” oder auch Stücke der “Massive Killing Capacity“-Ära wurden fangerecht ins Publikum gewirbelt, David Blomquist und Martin Persson duellierten sich an den Gitarren und überhaupt klang der gesamte Gig sehr stimmig und familiär. Mr. Kärki ließ es sich auch nicht nehmen den Weg ins Publikum anzutreten und ging mit den angestachelten Fans auf Tuchfühlung. Von abgehobenen Starallüren oder mieser Stimmung war weit und breit nichts zu sehen. Eine fesselnde Vorstellung, die für mich zu den Highlights eines ohnehin erfolgreichen Programms zählte.

Der dritte Startplatz ging an GRAVE, die für mich „unbekannteste“ Band in diesem Reigen. Komischerweise dürfte das für die meisten der Anwesenden ebenso gewesen sein, denn der ohnehin leider spärlich gefüllte Raum wurde vor dem Auftritt der Jungs um Ola Lindgren um einige Lücken erweitert. Ob es nur am direkten Vergleich zur energiegeladenen Show von DISMEMBER gelegen hat, oder doch an der Tatsache, dass das Publikumsinteresse sogar unter dem Pegel von EXTERMINATOR gefallen war und die Truppe damit nicht ganz klar kam weiß ich nicht. Für mich war es zumindest der uninteressanteste Auftritt in der Monsterriege. Unterstrichen wird diese Annahme allein durch die Tatsache, dass Shouter Ola während des Gigs zwei Telefonate (wenn auch kurze) geführt und den Fans somit indirekt sein Desinteresse bekundet hat. Da halfen auch Kracher vom Kaliber „You’ll Never See“ oder „Into The Grave“ nichts, der Gig wirkte zerfahren und konnte mit den bis dahin gebotenen starken Leistungen nicht Schritt halten.

Die letzte Umbaupause dauerte erfreulicherweise wie alle vorangegangen auch nur knapp 15 Minuten, sodass es nicht lange dauerte, bis UNLEASHED sich anschicken konnten einen würdigen Schlusspunkt unter diese Veranstaltung zu setzen. Johnny Hedlund und seine wackeren Mitstreiter wirkten sehr motiviert und ließen diesem Verdacht auch entsprechende Taten folgen. Klarerweise hatten sie durch ihr gerade erst erschienenes Album „Midvinterblot“ gewisse Vorteile, die sie auch schamlos ausnutzten, um den inzwischen wieder zahlreicher vor der Bühne vertretenen Fans Feuer unterm Hintern zu machen. Klarerweise kamen hier verständlicherweise vermehrt Songs vom aktuellen Output zum Zug, doch Stampfer wie „Blood Of Lies“ oder „Midvinterblot“ können neben den alten Klassikern leicht bestehen. Mit Stolz geschwellter Brust führte Mr. Hedlund seine Recken durch diese abschließende Schlacht und konnte mit „Into Glory Ride“ oder „The Immortals“ für eine mehr als ausgelassene Stimmung auf dem Parkett sorgen. Krönender Abschluss eines wirklich genialen Sets war dann selbstverständlich „Death Metal Victory“ mit Johnny’s obligater Aufforderung an das Publikum: 1, 2, 3, 4 … warriors scream for me!. „Death Metal Victory“ ertönte es daraufhin lautstark in Richtung Bühne zurück und man vergaß augenblicklich, dass es lediglich 150 Kehlen waren, die vor der Bühne standen.

Alles in allem war es sicherlich mehr als lohnenswert sich dieses Paket live zu geben, da die musikalischen Darbietungen durchgehend erstklassig waren. Und auch wenn man Wollmützen oder Ghostbusters-Shirts einfach nicht bei einem Death Metal-Gig trägt und die zeitweise Frustration bei den Mannen von GRAVE ein wenig störend war, wage ich vom Konzert des Jahres zu sprechen. Ich lasse mich jedoch gerne von der X-Mas-Tour eines besseren belehren – wirklich glauben daran tu ich jedoch selbst nicht.


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Juergen
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Beitrag vom 23.11.2006
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