SUNN O)))   EARTH  
28.02.2006 @ Szene

„Langsamkeit gefällig? Mit SUNN O))) kommen die Meister der ästhetischen Monotonie persönlich in die Szene Wien – Greg Anderson aka the Duke (oder auch Mystik Kiff) und Stephen O'Malley aka MK Ultra Blizzard, bekannt von THORRS HAMMER, GOATSNAKE und BURNING WITCH werden euch mit psychedelischen, minimalistischen Soundcollagen in ungeahnte Sphären befördern.“, versprach ich in der Ankündigung des SUNN O))) / EARTH-Gigs in der Szene, und weiters: „Das abgefahrene Package wird durch die legendären EARTH komplettiert, deren surrealer Wildwest-Doom wie die Faust aufs Auge zu SUNN O))) passt. Dort sein – und auf Wolken tranciger Soundscapes abheben!“
Na, jetzt ehrlich: Wer ist nur wegen dieser verlockenden Ankündigung hingegangen. Und, noch wichtiger: Hatte ich zuviel versprochen?

Nein, bestimmt nicht! Doom/Drone/Ambient der höchsten Güteklasse wurde uns geboten, und so wie EARTH ihren psychedelischen Ultra-Slow-Sound live kongenial umzusetzen vermochten, so triumphierten SUNN O))) als Hohepriester des Weltuntergangs.

Doch der Reihe nach: Als Opener wurde ein Turntable-Mann namens PITA auf die Bretter befördert, der seinen Gerätschaften gar abstruse Geräusche entlockte: Krächzend, gurgelnd, klirrend schallte es durch die bereits sehr gut gefüllte Szene Wien. Mehr als ein gerütteltes Maß an Experimentierfreude konnte ich in der Darbietung von PITA aber nicht erkennen, sprich: Musik war das nicht (im Vergleich sind SUNN O))) Musikschüler), und als solches bald eher anstrengend, dafür aber auch recht kurz.

Aber es harrte sowieso ein jeder sehnsüchtig der ruhmreichen Vorgruppe EARTH: Sonores Bassbrummen und glasklar perlende, in ihrem Minimalismus herzergreifend wehmütige Gitarrenarbeit nahmen uns in Empfang, untermalt von einer surrealen Posaune und hypnotisch langsamer Drumarbeit. Es ist erstaunlich, welche Kraft der reine, ungestört verhallende Sound eines Beckens erzeugen kann, wenn er alle Zeit der Welt zum verklingen hat – und das sage ich als dezidierter Prügelfetischist! EARTH ist eine wundervolle Band, die den Ruhm von Gitarrist und ehemals engem Freund von Kurt Cobain, Dylan Carlson, nicht nötig hat – die Musik brilliert für sich. Die verlorene Wildwest-Athmosphäre erinnert dabei auf bestechende Weise an den Kultfim „Dead Man“ von Jim Jarmusch (mit Johnny Depp in der Hauptrolle), und dessen kongenialer Soundtrack von NEIL YOUNG sei Fans von EARTH hiermit wärmstens ans Herz gelegt!

Es dauerte eine kleine, von dröhnendem Synthie-Brummen und paranoid wispernden Stimmen erfüllte Ewigkeit, bis sich SUNN O))) endlich zeigten, und als es endlich so weit war, sah man sie kaum: SUNN O))) umgaben sich mit Bühnennebel, der für zehn normale Konzerte genügt hätte, und die drei Mannen in den Kutten blitzten anfangs kaum Momente lang aus den Schwaden – unwirklicher wird es nicht. Jeder einzelne Saitenanschlag wurde mit sakraler Inbrunst zelebriert, kultisch-pathetische Gesten füllten die Ewigkeiten dazwischen. SUNN O))) waren genau so surreales Doom-Theater wie jenseitige Propheten der Endzeit und des totalen Stillstandes, und das ehrfürchtig in die Knie gezwungene Publikum totenstill. Schließlich komplettierte ein Corpsepaint tragender Vierter die okkulte Bruderschaft und ergriff das Mikrophon, um den Zauber mit entrücktem Black-Metal-Krächzen zu veredeln. Das vor einem Publikum, von dem kaum ein Viertel auf irgendeine Art mit dieser Musik zu tun haben mochte. Aber SUNNN O))) sind der nordischen Kälte traditionell zugetan: So lieh schon einmal niemand geringerer als Attila Csihar (MAYHEM, ABORYM, undundund...) SUNN O))) sein Organ, während das hauseigene Label Southern Lord Black Metal-Bands wie CRAFT, LEVIATHAN oder auch NATTEFROSTS Soloprojekt beheimatet. Trotz dieser Bekenntnis zur Dunkelheit wirkte die Musik von SUNN O))) live weniger beunruhigend, ja, beklemmend als auf den Aufnahmen, insbesondere der aktuellen „Black One“; vielmehr in sich ruhend, kraftstrotzend und ungemein majestätisch. Es lebe die Langsamkeit!


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marian
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Beitrag vom 17.03.2006
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