BOLT THROWER   MALEVOLENT CREATION   NIGHTRAGE   NECROPHAGIST  
14.01.2005 @ Planet Music

Wochenend und Sonnenschein – dazu vier Mal erlesener Death Metal – vom schwer rollenden Low-Tempo Panzer-Death bis zum extremsten Tech-Death, von Schweden bis Florida – was will man mehr? Jedenfalls war es ein mehr als exklusives Package, das da in der Gestalt von BOLT THROWER, MALEVOLENT CREATION, NIGHTRAGE und NECROPHAGIST an jenem Samstag im Planet Music Einzug hielt – und dieses war dementsprechend auch ziemlich gut gefüllt.


Pünktlich kurz nach 20:00 ertönten erstmals verzerrte Gitarren, und es war soweit für die ohne Frage mit Abstand technischste Band des Abends: NECROPHAGIST, die Meister des verzwickten Takts, die Götter des Griffbrettgewichses, zweifellos zur Absoluten Elite (und damit meine ich Sachen wie DEATH, ATHEIST oder CYNIC) ihres Genres zu zählen. Eigentlich schändlich, dass so eine hochkarätige Band wie NECROPHAGIST als Opener spielen musste, aber wenigstens hatten sie es – nach einer krankheitshalber abgesagten Tour mit MORBID ANGEL – endlich überhaupt auf die wohlverdiente Europatour geschafft. Und wahrlich, Meister Muhammed (der übrigens unter die Boxer gegangen ist, wer hätte das gedacht?) und seine flinken Konsorten bereiteten uns ein Festmahl an abgefahrensten Klangorgien und göttlichen Soli, mal jazzig, mal klassisch angehaucht, aber immer kompromisslos zum Death Metal stehend. Nur der – wie sollte es anders sein – zu diesem Zeitpunkt zwar nicht ganz schlechte, aber suboptimale Sound stellte bei einer Musik von derartiger Komplexität ein gewisses Problem dar: Gerade der verwaschene Bass und die unklar wummernde Bassdrum trugen nicht eben dazu bei, die sonst schon schwer nachvollziehbaren rhythmischen Abnormitäten von NECROPHAGIST zu durchschauen. Das ging bei den – ha ha – „einfacheren“ Stücken vom Debut „ Onset Of Putrefaction “ noch besser als bei den Titeln der aktuellen „Epitaph“, aber Schwamm drüber – ein sehr geiler Einstand! Außerdem bald in Salzburg zu sehen... [marian]

Ab nach Schweden! NIGHTRAGE fuhren – fast schon naturgemäß nach NECROPHAGIST – das technische Niveau nach unten, zogen aber dafür die Emotions-Schraube kräftig an, wie es die Schweden (ok, eigentlich spielt da auch Einiges an griechischem Einfluß mit!) halt so gut können. Das soll aber keineswegs heißen, dass NIGHTRAGE billig und unoriginell gewesen wären, im Gegenteil: Die melodische Prügelei hatte durchaus Schmackes, wenn auch leider Tompa Lindberg fehlte. [marian] Dadurch mir die Formation bis dato unbekannt war, schieße ich mal ins blaue und behaupte einfach, dass der Abgang von Tomas Lindberg eine kleine Lücke im Bandgefüge hinterlassen hat. Jimmie Strimell, seines Zeichens neuer Fronter der Truppe, konnte bei mir mit seiner Hardcore-lastigen Gesangsdarbietung nämlich nicht unbedingt punkten. Gut, NIGHTRAGE hatten zeitweise arge Schwierigkeiten mit dem Saft für das Mikro und der gute Jimmie hatte allen Grund angepisst zu sein und seinen Frust rauszubrüllen, doch wie gesagt, so recht überzeugt hat mich das Ganze nicht. Irgendwie fehlt mir hier eine Marschrichtung, denn man gab sich zwar abwechslungsreich, doch dies nicht immer schlüssig. Am ehesten konnte mich die Band bei den gemäßigten Stücken überzeugen und auch die Fans wussten anscheinend nicht so recht, was sie nun von dieser Darbietung halten sollten. Auch wenn es hart klingen mag, wäre es allemal besser gewesen, den beiden letzten Bands mehr Zeit zur Verfügung zu stellen und stattdessen auf NIGHTRAGE zu verzichten, doch wie gesagt: Geschmäcker sind zum Glück verschieden. [Jürgen]

... und von Schweden (bzw. Griechenland – Anm. v. Jürgen) nach Florida: MALEVOLENT CREATION, Veteranen und Klassiker ihres Genres, vermochten die inzwischen gut angeheizte Stimmung erfolgreich zu steigern. Und dass MALEVOLENT CREATION-Wollkappenträger-Sänger Kyle kurzfristig durch Brett Hoffman ersetzt wurde, fand ich sehr förderlich – der Mann hat einfach viel mehr Death-Metal-Charme. Oder, Jürgen? [marian] Stimmt genau. Wenngleich man bei einer Formation wie MALEVOLENT CREATION wohl kaum von Charme im herkömmlichen Sinn sprechen kann. Präzises Maschinengewehrfeuer mit der absoluten Lizenz zum Töten würde hier den Nagel wohl eher auf den Kopf treffen. Denn in ähnlicher Manier wurde den anwesenden Maniacs anständig Feuer unter dem Hintern gemacht. „The Will To Kill“ war den Jungs zu jeder Zeit anzusehen, und so war es auch nicht weiter verwunderlich, dass dieser Gassenhauer des vorletzten Albums zu einem wahren Feuerwerk mutiert ist. Doch auch „Dead March“ oder „Malevolent Creation“ vom grandiosen und meiner Meinung nach bis dato in Klasse unerreicht gebliebenen Debüt „The Ten Commandments“ trieben die Fans zu Höchstleistungen an. Und auch wenn es an diesem Tag wahrscheinlich 80 % der Anwesenden aufgrund der Gäste von der Insel nach Wien verschlagen hat, lieferten MALEVOLENT CREATION eine gelungene Show ab und konnten dadurch jede Menge positives Feedback ernten. [Jürgen]

Auf zum Höhepunkt: BOLT THROWER – einer der alteingesessenen Traditionspanzer im Metal schlechthin. Wenn eine Band seit 1986 operiert, dann zieht das auch Leute aufs Konzert, die sonst wohl kaum mehr für eine Live-Portion Metal aus ihren Löchern zu locken wären – was fast schon ein Treffen der Generationen ergibt. Jedenfalls durfte der Panzer ausgiebig gefeiert werden: Die tonnenschweren, behäbigen, aber ungemein eierergreifenden Riffs verbreiteten eine apokalyptische Stimmung. Dave Ingram ist zwar draußen (aber nach der Erholung vom psychischen Absturz nach dem Selbstmord seiner Schwester mit einem neuen Projekt namens DOWNLORD reaktiviert), doch der neue alte Karl Willetts machte das ebenfalls gut. [marian] Nach der gelungenen Darbietung von MALEVOLENT CREATION war es für die erfahrene Truppe ein leichtes das nun bis in die letzte Reihe gefüllte Planet in einen wahrhaft sehenswerten Kriegsschauplatz umzugestalten. Schon nach den ersten Klängen von „At First Light“ war klar, dass dies die Krönung eines gelungenen Konzertabends wird. Die Bandmitglieder zählten zwar nicht unbedingt zu den aktivsten in diesem Package (Bassistin Jo verharrte sogar die meiste Zeit am selben Platz), doch tat dies der guten Stimmung keinen Abbruch. Rasch hat sich ein massiger Moshpit zusammengebraut, für den der schwere und eingängige Todesblei der Wind unter den Segeln war. Und obwohl es für die Briten im Grunde die Tour zum neuen Album ist, wurden gleich einige Klassiker aus früheren Tagen zum Besten gegeben. Angefangen von „Mercenary“ über „Warmaster“ bis hin zu meinen absoluten Lieblingshit „IVth Crusade“ wurde quer durch alle Schaffensperioden musiziert. [Jürgen] Ein würdiger Abschluss – bis es dann schließlich hieß: „... when cannons fade“. [marian]


marian
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Beitrag vom 23.01.2006
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