CANNIBAL CORPSE   HYPOCRISY   KATAKLYSM   CARPATHIAN FOREST   VOMITORY   EXHUMED   SPAWN OF POSSESSION  
03.04.2004 @ Planet Music

So ich nicht irre, fanden die ersten No Mercy Festivals, damals noch unter dem Namen Full Of Hate Easter Festivals vor zehn Jahren statt. Rund um Ostern 1994 war ein Fünfer-Package zusammen auf Tour: MORBID ANGEL, die gerade deren „Covenant“ Album im Gepäck hatten, CANNIBAL CORPSE mit „The Bleeding“, UNLEASHED mit „Across The Open Sea“, SAMAEL mit „Ceremony Of Opposites“ und DISGUST.
Zehn Jahre später ist es ein Fixpunkt, dass rund um das Kirchenfest ein großer Tourtroß unterwegs ist. Nachdem im Vorjahr (siehe Review) durch das Auftreten von TESTAMENT, DEATH ANGEL, NUCLEAR ASSAULT, DARKANE und PRO PAIN zum ersten Mal mit einem Thrash Metal-Schwerpunkt ein wenig Abwechslung in das zuvor schon lähmend konstante Billing hineingebracht werden konnte, wurde diesmal das Augenmerk auf die brutalere Schiene gelenkt.

So eröffneten die Schweden SPAWN OF POSSESSION mit deren technischem Brutal Death den nicht allzu bunten Reigen. Der einigermaßen transparente Sound, inklusive dem schwerst getriggerten Schlagzeug präsentierte das Material der Band recht gut. Die Band sah sich mit unterschiedlichen Reaktionen konfrontiert, insofern als einige im Publikum auf bestimmte Bands warteten und sich daher gar nicht die Zeit nahmen an der Musik der Schweden Gefallen zu finden, andere (wie ich zum Beispiel), die den in erster Linie technisch überzeugenden Auftritt zum Anlass nahmen sich hinkünftig ein wenig näher mit der Band zu beschäftigen. Sicherlich eine Band, die man im Auge behalten kann.

Als nächstes waren EXHUMED an der Reihe, auf die ich persönlich durchaus gespannt war. Bereits beim Soundcheck zeigte der Drummer, wozu er knüppeltechnisch im Stande ist. Als sich die Band anschickte, den Startschuss zu setzen, sah ich mich nach dem präzisen Spiel von SPAWN OF POSSESSION durch den dreckigen Sound der Amis etwas überfahren. Der Gitarrensound war brutalst verwaschen, was nicht dazu beitrug, die Performance überzeugender zu machen.
Auf Tonkonserve hat mich die Musik der Sickos jedenfalls bis jetzt mehr überzeugen können als das, was an diesem Abend aus den Boxen kam. Was überdies besonders ärgerlich war, war dass dem Soundtechniker erst gegen Ende auffiel, dass ein Mikro nicht aufgedreht war. Ähm ja… Dass es besser geht, sagte mir dann aber meine Erinnerung an den Auftritt der Band am W:O:A 2001 – das war übrigens der Auftritt, bei dem der Basser während eines Songs dabei weiterspielend eine Riesenfontäne von der Bühne runterkotzte.

Die Schweden VOMITORY waren soundtechnisch dann wohl noch schlimmer dran als EXHUMED zuvor – die Gitarren waren ein einziger Brei. Zu dem kam noch, dass die Band kaum mehr Energie an den Tag legten als das letzte Mal, wo ich sie live sah - und zwar bei deren Auftritt am W:O:A 2002, bei sie rund um 11:00 vormittags offenbar schwerst verkatert auf der Bühne standen. Vom Sound mittlerweile wieder mal enttäuscht, zog ich es daher vor meinen Lauschern bis zur nächsten Band eine Pause zu gönnen. Schade eigentlich, da VOMITORY einige erstklassige Brachialnummern zu bieten hätten…

Als Ausnahme in dem deathmetallischen Feuerwerk standen die norwegischen Bösewichte CARPATHIAN FOREST auf der Bühne. Genau diese Ausnahmestellung ließ die Band klarerweise herausstechen, machte ihr aber auch den Auftritt schwer, da wohl der Großteil der Anwesenden auf Death Metal eingeschossen waren und mit Warpaint & Co nichts anzufangen wissen wollten. Ich sah mir die Band, die mich live bei deren Konzert mit BEHEMOTH nicht überzeugen konnte, trotzdem ohne Vorbehalte an, was wider meines Bemühens um Objektivität nicht half, trotzdem den Eindruck zu bekommen, dass hier CELTIC FROST für Arme kredenzt wurde – zumindest hatte das ganze einen gewissen Unterhaltungswert.
Leute, die die Band besser kennen, als die meisten Anwesenden (mich eingeschlossen) verlautbarten, dass die Setlist einige Hits der Band beinhaltet haben soll – nun offenbar haben aber sämtliche Anwesenden, die durch die Performance nicht umgeworfen wurden, etwas nicht mitbekommen. Vielleicht wird´s das nächste Mal etwas, für diesen Auftritt gibt es das Prädikat: nicht schlecht, aber unspektakulär.

Die nachfolgenden Kanadier KATAKLYSM, die sich in den letzten Jahren von einer müde holpernden Death Grind Band in die oberste Liga brutaler Klänge spielen konnten, waren wohl die am meisten erwartetste Band des Abends. Bei dem Feuerwerk, das die vier Mannen inklusive neuem Drummer, abschossen, blieb(en) kein Auge trocken, kaum einer stehen, wo er Anfangs stand und wenige Nacken unbewegt. Die Band ist live einfach eine Macht und nahm das Planet Music an diesem Abend, genauso wie schon bei deren letztem Auftritt, im Sturm. Routiniert ohne Ende, mit ungebremster Energie und bereits deutlich besserem Sound sowie guter Songauswahl schickte sich die Band dazu an für die meisten der Gewinner des Abends zu werden. Als zum Schluss „Shadows And Dust“ zum Besten gegeben wurde, waren die meisten in den vorderen Reihen reichlich ausgepowert aber absolut zufrieden. Ein Auftritt, der mehr als gerult hat – mehr zu sagen ist nicht notwendig, denke ich.

Quasi als Co-Headliner gaben sich Peter Tägtgren, Mikael Hedlund, sowie deren neue Mitstreiter Andreas Holma (Gitarre) und Horgh (Drums, Ex-IMMORTAL) auf ein Neues ein neues Gastspiel in Wien. Irre ich in meiner Rechnung nicht, so habe ich HYPOCRISY an diesem Abend zum dreizehnten Mal live gesehen und muss mit dem Vergleich, den ich habe feststellen, dass ich die Band bereits viel besser gesehen habe – zuletzt vergangenen Herbst mit DIMMU BORGIR, wo die Band viel mehr Energie rüberbrachte (Review hier).
Positiv scheint, dass die Schweden nach einigen Touren mit nahezu identer Setlist ein paar alte Schätze auspackten, die es schon äußerst lange nicht in ein Liveset schafften – darunter „Adjusting The Sun“ von „The Final Chapter“, „God Is Lie“ vom Debutalbum oder das geniale „Necronomicon“ von „Osculum Obscenum“.
Dazu kamen ein paar neue Songs und ein paar weitere Klassiker aus dem reichen Fundus - verwunderlicher Weise einmal nicht „Pleasure Of Molestation“ oder „Fractured Millenium“. Die Bandhymne „Roswell 47“ wurde bei der Ansage kurzerhand in „Vienna 47“ umbenannt. Bekannterweise hat die Band hier äußerst leichtes Spiel und kommt derart herausstechend gut an, dass einschlägigen Informationen zu Folge die Listening Session für das aktuelle Album „The Arrival“ für die internationale Presse in Wien abgehalten wurden. Alles in allem sicherlich ein gutes Konzert einer der besten Livebands dieses Sektors, bei dem vor allem der Neuzugang an den Drums Zweifler von seiner Qualität überzeugen konnte (gut, er hat nicht die Klasse des KATAKLYSM-Stöckeschwingers, machte aber eine gute Figur), jedoch im unmittelbaren Vergleich mit der einen oder anderen eigenen Live-Höchstleistung keine Offenbarung.

Zum Schluss waren wieder Mal die Death Metal Gottväter CANNIBAL CORPSE an der Reihe. Die Band, der mangels Innovation und dem Anschein einer Routine im negativen Sinne von manchem attestiert wurde, doch in Rente gehen zu sollen, bewies auf ein Neues, weshalb sie nach wie vor nicht aus der Szene wegzudenken ist. Präzise wie eh und je, ein perfekt eingespieltes Team und ebenfalls wie gewohnt abgesehen von Gitarrero Jack Owens, der dem Anschein nach zumindest fest bekifft umhertaumelte, ein Vorzeigeact in Sachen Stageacting.
Ich denke, bei einem Headbang-Contest würde Frontman George „Corpsgrinder“ Fisher zumindest in der Disziplin Rotor-bangen jeden schlagen…
Nachdem die Band rund um Mitternacht spielte, leerte sich die Halle dann zum Teil, da es einige der Anwesenden vorzogen, noch öffentlich den Weg wohin auch immer anzutreten.
Was sie versäumten war ein mit Klassikern gespicktes Set – so gab es beispielsweise den Titelsong von „Gallery Of Suicide“, „Vomit The Soul“ von „Butchered At Birth“, „Meat Hook Sodomy“ von der „Hammer Smashed Face“ EP und viele andere. Man mag zu den letzten Veröffentlichungen stehen wie man will – ich für meinen Teil finde die letzten beiden Alben, die Stagnation mehr als durchschimmern lassen, ziemlich schwach – aber eines sollte nach dem Gig klar sein: die Kannibalen haben gezeigt, wie man Death Metal spielt. Punktum.

Wer noch nicht genug gelesen hat, der sei auf den Thread in unserem Musik-Forum verwiesen, der sich mit dem No Mercy 2004 beschäftigt. Eines scheint mir jedoch noch erwähnenswert: das Billing war mit der Dimension von sieben Bands gerade gut überschauber und nicht so überladen wie vergangene No Mercy und Anti Xmas-Festivals, bei denen teils über zehn Acts an einem halben Tag über die Bühne gejagt wurden. Für das nächste Jahr wäre wieder ein wenig Innovation im Billing wünschenswert, damit so wie heuer und letztes Jahr Bands zu sehen sind, die noch nicht 47984697-mal in den vergangenen Jahren hier waren. Ich tippe trotzdem drauf, dass zumindest MARDUK, VADER oder MORBID ANGEL mit von der Partie sein werden.


Gore
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Beitrag vom 11.04.2004
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