TRES AMIGOS DEL SATAN   FRONTAL    SURFING TALIBAAN   APPENDIX  
05.09.2001 @ Fred Sega

Nachdem in ganz Österreich Solidaritäts- und Benefizkonzerte für jene globalisierungskritische Theatergruppe, die bekanntlich diesen Sommer in einer italienischen Stadt längere Zeit inhaftiert war, veranstaltet wurden, schloss sich auch der Welser Infoladen der Solidaritätswelle an und stellte diese Veranstaltung auf die Beine, deren Gewinn zu 100% für Verfahrenskosten verwendet wurde. Meine Meinung zu dieser Angelegenheit behalte ich aber lieber für mich, zumal diese mit Sicherheit den Rahmen sprengen würde, und das Thema ohnehin bereits in den Medien sehr breitgetreten wurde.
Das Konzert begann überraschenderweise mit einer nicht angekündigten Band namens TRES AMIGOS DEL SATAN, die sich ausschließlich aus Mitgliedern der bekannten Linzer HC-Formation DEADZIBEL zusammensetzt. Anstatt wie erwähnte Band musikalisch ordentlich auf den Putz zu hauen, sorgte die fünfköpfige Band eher für ruhige Momente, da komplett auf Stromgitarren verzichtet wurde, nichtsdestotrotz konnte man auch belegen, dass man auch ohne E-Gitarren richtig schön abrocken kann, und brachte somit gar ein wenig Lagerfeuerromantik in das Pub. Neben seinen unbestritten musikalischen Qualitäten, bewies Gitarrist und Sänger Philip Huemer einmal mehr sein Entertainmenttalent in Form von nicht ganz so ernst gemeinten Statements.
Als nächste Band betraten FRONTAL aus Wels die Bühne. Hierbei handelt es sich um eine vor rund zwei Jahrzehnten gegründete Gruppe, die als Punkband startete, später aber immer mehr Einflüsse aus dem typischen (sehr keyboardorientierten) 80er-Jahre-New-Wave in ihre Musik integrierte. Wobei auch noch heute die deutschen Texten und der Gesangsstil teils sehr markant an Bands aus Zeiten der NDW erinnern. Trotz Soundtroubles (vor allem im 1. Viertel des Gigs), wobei der Gesang kaum zu vernehmen war, legten sie einen Gig auf die Bretter, der in Ordnung ging. FRONTAL klingen live natürlich deutlich rauer als auf CD, allerdings ist auch festzuhalten, dass die Herren zum Teil gezielt schwungvollere Stücke darboten, um sich dem Publikum, das zu einem Großteil aus Punk- und Hardcore-Fans bestand, anzupassen. Zu Hören gab es an diesem Abend natürlich zahlreiche Hits aus der langen Schaffensperiode der Band wie „Keine Ahnung“, „Engel“, „Keine Lust“ sowie der Titelsong ihrer aktuellen CD „Sonntagsvater“. Die Reaktion im Publikum fielen sehr unterschiedlich aus. Von Begeisterung bis totaler Abneigung waren wohl fast alle Gefühlszustände vertreten. Obwohl die Animationsversuche des nicht mehr ganz so nüchternen Vokalisten fehlschlugen, ließen sich die vier Messestädter nicht lumpen, und präsentieren dem Publikum einen echten musikalischen Leckerbissen in Form einer IGGY POP-Coverversion namens „the Passenger“, die in übersetzter Form („Der Passagier“) vorgetragen wurde.
Die vorletzte Band dieses Tages hörte auf den eigenwilligen Namen SURFING TALIBAAN, und hatte erst wenige Tage zuvor in der Linzer Kapu (zusammen mit u.a. E.M.S.) ihr Livedebut zelebriert. Wer allerdings jetzt meint, es könnte sich um eine blutjunge, nervös agierende Nachwuchskombo handeln, ist auf dem Holzweg, denn diese Gruppe setzt sich aus Mitgliedern der kürzlich endgültig aufgelösten Linzer Punkband ANARCHOPHOBIA zusammen. U.a. zum Line-Up gehört aber auch der STRAHLER 80-Gitarrist Daniel Steiner. Ihre musikalische Ausrichtung bezeichnet die Band selbst als „Pop Punk“, wenngleich man hier darauf hinweisen sollte, um Missverständnissen vorzubeugen, dass SURFING TALIBAAN mit chartkompatiblen Bands wie THE BATES sehr wenig am Hut haben, d.h. die Songs sind nicht so eingängig/poppig arrangiert, und klingen auch teils trotz hohen Melodieanteils aggressiv und emotional, wobei der charismatische Sänger besonders hervorstach, indem er auch die nötigen Gesten, um seine Identifikation mit der Musik und den Texten zu untermauern, nicht vermissen ließ. Als letzten Bonus wurde das Publikum noch mit einer ungewöhnlichen Interpretation des MISFITS-Stückes „Die my darling“ beglückt. Insgesamt eine ordentliche Darbietung.
Den Abschluss dieser Veranstaltung, die sich trotz des ungünstigen Termins als voller Erfolg entpuppte, bestritt die Almtaler/Wiener Hardcore-Band APPENDIX. Und diese präsentierten sich wie gewohnt. Soll heißen: Brachial bis zum Abwinken. Ich kenne nur wenige Bands, die on stage eine ähnliche Energie entfachen können, wie dieses Quartett. Knüppelharter, intensiver Hardcore eben, der wohl keine Person vor Ort kalt ließ. Dazu ein Sänger, der es versteht, sein Organ vielseitig einzusetzen. Seine Stimmlage variierte zwischen psychopatischem Geflüster, klar gesungenen Passagen und seiner Wut freien Lauf lassenden Geschrei. Wie schon einmal erwähnt, erinnert mich diese Formation ein wenig an die Kollegen von DESPERATE CRY, die eine ähnlich politisch motivierte und groovige Hardcore-Variante präsentieren. Alles in allem wieder ein beeinruckender Gig der Vier, wobei besonders die Leistung des Schlagwerkers hervorzuheben ist, der mit unglaublicher Wucht sein Drumkit malträtierte, um die Band zu Stücken wie „Astral Mindfuck“ schlagkräftig zu begleiten. Die neue in Eigenregie produzierte CD „9 collapsing emotions (like hate)“ war an diesem Tag bereits erhältlich. Zu guter Letzt ist festzustellen, dass sich das Musicpub Fred Sega als Veranstaltungsort auch in diesem Fall bewährt hat, was die Hoffnung auf regelmäßigere Konzertveranstaltungen in diesem Lokal nährt.


Hutti
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Beitrag vom 10.11.2001
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