Interview mit DORNENREICH - nichts Schlimmeres als ein phlegmatisches Publikum


Nach DORNENREICHs Konzert am 01.03.2001 in Wien, hatte ich die Gelegenheit mit Sänger Evíga ein Gespräch zu führen.
Lisi: Hallo, wie war das Konzert für euch?


Evíga: Naja, der Großteil des Publikums reagierte nicht besonders... Es gibt nichts Schlimmeres als ein phlegmatisches Publikum.


Lisi: Wie war eure Tour bis jetzt, wie ist das Touren überhaupt für euch?


Evíga: Die Konzerte selbst motivieren uns, aber das Drumherum ist lästig, wir stehen nicht so auf saufen und Party, da wird man natürlich nicht so integriert. Aber wir machen wertvolle Erfahrungen und erleben andere Länder und Leute.


Lisi: Verlieren die Songs für euch nicht an Bedeutung, wenn ihr sie (fast) jeden Abend spielt?


Evíga: Also bis jetzt war es nicht so und ich hoffe, dass das auch so bleibt. Aber die Gefahr der Routine ist natürlich gegeben, die Spontanität darf halt nicht verloren gehen.


Lisi: Mir kommt es so vor, als wäre eure Musik "brutaler" geworden...?


Evíga: "Her von welken Nächten" ist noch intensiver geworden als der Vorgänger. Wir haben viel Wert auf Rhythmus gelegt und der Gesang ist wichtiger geworden. Die Arrangements haben sich auch geändert.


Lisi: Der cleane Gesang ist irgendwie tiefer ausgefallen...


Evíga: Ja, das passt besser zum düsteren Konzept von "Her von welken Nächten". Die Grundinhalte sind gleich geblieben, es geht um Willenskraft, Vergänglichkeit, Zerissenheit, Intuition. Nur der Blickwinkel hat sich verschoben, man wächst an jeder Platte. Man könnte sagen, unsere erste CD war unsere Sturm & Drang-CD, die zweite reflektiert mehr und auf der dritten CD geht um die Welt des Individuums. Der Gesang ist nach wie vor in deutsch, weil das schließlich unsere Muttersprache ist, und ich mich damit am besten ausdrücken kann. Zum Konzept passt unser minimalistisches Layout. Die Fotos sollen mit dem jeweiligen Text und der Musik harmonieren, und das Ganze noch eindringlicher machen.


Lisi: Warum habt ihr vor die eigentlichen Texte jeweils einen einleitenden, erklärenden Text gestellt? "Normalerweise" erklären sich Künstler ja nicht gerne selbst.


Evíga: Die Inhalte der Texte sind recht philosophisch, poetisch, vieldeutig und in bildreicher Sprache und dadurch schwer greifbar. Dazu im Wechsel haben wir die Einleitungstexte, die dagegen eher nüchtern sind.


Lisi: Im Großen und Ganzen scheint es um Wahrnehmung zu gehen...?


Evíga: Wahrnehmung und Selbstfindung unter anderem, eingebettet in diesen fiktiven Waldnachtstraum. Diese Naturmystik, die mit dem Balck Metal auch verbunden ist, spielt da auch hinein.


Lisi: Ist es nicht schwer, vor vielen Leuten soviel Persönliches zu geben, wie du es auf der Bühne tust?


Evíga: Hm, manche Blicke bestätigen das, was wir tun und geben das Feuer zurück, was schon sehr intensiv und intim sein kann.


Lisi: Mir scheint, du bist heute mehr aus dir herausgegangen, als bei eurem letzen Konzert in Wien in der Arena.


Evíga: Das Konzert in der Arena war noch vor den Gesangsaufnahmen zu " Her von...", jetzt ist schon viel mehr Identifikation mit den Texten gegeben.


Lisi: Warum habt ihr euer Label gewechselt?


Evíga: Im alten Label herrschte zuwenig Rücksprache, Prophecy ist engagierter. Sie legen viel Wert auf Ästhetik in der Präsentation. Wir haben auch Angebote von größeren Labels bekommen, aber bei Prophecy stimmt einfach die Qualität. Der Studioaufenthalt war sowohl menschlich als auch musikalisch bereichernd.


Lisi: Noch eine Frage zur neuen CD: der Gesang kommt mir auch etwas "kränker" vor.


Evíga: Unser Konzept ist extremer geworden, zerissener; es befinden sich viele Seelen in einer Seele. Ich gehe schon sehr an die Grenze, an die Substanz meiner Welt.


Lisi: Manchmal singst du oder sagst du etwas in einem sehr kindlichen Ton...


Evíga: Ja, Kindlichkeit spielt eine wichtige Rolle, als Kind ist die Wahrnehmung noch idealistisch und rein.


Lisi: Was bedeuten eure Pseudonyme?


Evíga: Pseudonyme geben eine eigene Identität. Sie sagen nichts aus, aber sie sind wohlklingend und erzeugen eine mystische Aura.


Lisi: Danke für das Gespräch.





Autor: Lisi


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Beitrag vom 06.05.2001
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