Interview mit VIRGIN STEELE - value for Money


(Donnerstag, den 13. Dezember gegen 20 Uhr. Mein Handy klingelt. Ich wache auf...)

David DeFeis: Hello. This is David DeFeis from VIRGIN STEELE speaking.

Tobias Wagner: Good evening Mr. DeFeis...ähh...spreche ich Ihren Namen eigentlich richtig aus?

D. DeFeis: Ich bevorzuge [`defies], also die eher amerikanische Aussprache.

T.W.: Gut, dann darf ich also den Herren DeFeis und Pursino (VIRGIN STEELE - Gitarrist) zu 20 Jahren VIRGIN STEELE gratulieren; wie fühlen Sie sich: Alt und ausgelutscht oder sind sie immer noch hungrig?

D. DeFeis: Jung genug, um weiterhin die Scheiße aus den Ärschen treten zu können!

(Es ist mein erstes Interview, und dann gleich mit VIRGIN STEELE's David DeFeis, Seines Zeichens amtlich beglaubigtes Power Metal-Genie. Ich bin furchtbar aufgeregt und beginne an der Qualität meiner vorformulierten Fragen zu zweifeln...und an meinen Kenntnissen der englische Sprache. Stammelnd spreche ich:)
T.W.: Bevor wir nun wirklich beginnen können, muss ich Ihnen noch etwas gestehen: Das ist mein erstes Interview...und ich bin leicht nervös.


D. DeFeis: Dann bist Du also noch Jungfrau! Keine Angst es wird nicht wehtun, wir machen das schon.

Puh, denke ich...)
T.W.: VIRGIN STEELE zelebriert sein 20jähriges Jubiläum mit gleich zwei neuen Veröffentlichungen - der Best Of-Compilation "Hymns To Victory" und dem Album "The Book Of Burning", das acht neue Songs und ebenfalls acht neu eingespielte Versionen älterer Nummern der ersten beiden Alben ("I" von 1982 & "Guardians Of The Flame" von 1983) enthält. Die Scheiben entstanden ja noch mit Ihrem "speziellem" Freund Jack Starr...
(Jack Starr ist Gründer von VIRGIN STEELE, spielte früher mal bei den französischen Megasellern TRUST Stromgitarre und verkrachte sich mit Mr. DeFeis 1984 nach dem zwoten STEELE-Album. Er verließ die Band und sollte noch auf Jahre hinaus mit Mr. DeFeis um die Rechte an dem Namen VIRGIN STEELE prozessieren. Starr verlor, doch seit kurzem wütet erneut eine öffentlich ausgetragene Schlammschlacht zwischen den beiden.)
Sie wollen sich über den Gentleman nicht äußern?


D. DeFeis: Nö.

(Ich habe - wie der geneigte Leser inzwischen mitbekommen haben dürfte - eine Scheiß-Ehrfurcht vor diesem Mann und traue mich nicht nachzuhaken...)
T.W.: Dann zurück zu Wichtigerem: Ist das Veröffentlichen von parallel zwei CDs nicht etwas riskant, kommerziell gesehen meine ich?


D. DeFeis: Schon, aber ich glaube, dass VIRGIN STEELE inzwischen genug Supporter haben, um dieses Experiment zu wagen. Außerdem sind beide Scheiben mit Musik vollgestopft......also "value for Money"... genau.

T.W.: Gut, VIRGIN STEELE haben bis jetzt elf superbe Studio-Werke, ich glaube zwo Best Of-Alben und eine Oper veröffentlicht. Lediglich eine Live-Aufnahme fehlt noch in dieser Liste.

D. DeFeis: Stimmt, was mich auch etwas wurmt.

T.W.: Gibt es konkrete Pläne mal wieder nach Europa zu jetten und Gigs zu spielen, um solch ein Live-Opus aufzunehmen?

D. DeFeis: Natürlich, allerdings müssen wir natürlich aufpassen, den Markt nicht zu überfluten. Zur Zeit steht soviel an. Das Live-Album kommt aber definitiv, doch jetzt steht erst mal anderes an.

(Richtig bekannt wurden VIRGIN STEELE mit der Veröffentlichung von "The House Of Atreus". Es handelt sich hierbei um die Vertonung der klassischen Atriden-Sage aus der griechischen Mythologie - ein epischer Rachereigen. DeFeis machte daraus, in enger Zuammenarbeit mit dem Landestheater Schwaben, ein Operstück, welches im Sommer 1999 erstmals aufgeführt wurde - mit gewaltigem Erfolg. Ein halbes Jahr darauf folgte die CD-Veröffentlichung der Sage, die sofort in die Charts einstieg. Letztes Jahr wurde "Act II" der Oper veröffentlicht, der bombastische Doppel-CD-Schluss der Geschichte und mit "Hel oder Die Rebellen" kam eine zweite Oper, bestehend aus älteren Stücken der Band auf die Bühne.)
T.W.: Was können Sie mir Neues über "Klytaimnestra - Der Fluch der Artriden" und "Hel - Die Rebellen" erzählen?


D. DeFeis: "Klytaimnestra" war allein dieses Jahr 23 Mal auf der Bühne zu bewundern, und wie mir aus Memmingen berichtet wurde, jedes Mal mit überwältigendem Erfolg. Hel ist ähnlich erfolgreich, konnte aber wegen personellen Überschneidungen in der Besetzung mit "Klytaimnestra" nicht sehr oft gespielt werden.

T.W.: Anlässlich der ersten Aufführungen der "Klytaimnestra" gaben Sie zu Protokoll, dass die Oper in absehbarer Zeit auch in Italien und Spanien aufgeführt werden könnte. Was wurde daraus?

D. DeFeis: Ich arbeite daran nach wie vor. Es gab bereits Gespräche mit Booking Agenturen in diesen Ländern, Konkretes kann ich aber nicht berichten.

T.W.: Als ich vor gut zwei Jahren "Klytaimnestra" in Memmingen sah, fiel mir auf, das die Vorstellung von überwiegend gesetzterem Publikum gefeiert wurde, genauer gesagt war ich der einzige Headbanger im Landestheater Schwaben.

D. DeFeis: Hmm, bei den Vorstellungen, denen ich beiwohnte, waren viele Metaler da...

T.W.: Vor einigen Jahren, als "Noble Savage" (1986) und "Age Of Consent" (1988) wiederveröffentlicht wurden, kündigten Sie an, dass der Re-Release des Debuts "I" und dessen Nachfolgers "Guardians Of The Flame" in Arbeit wäre, und ähnlich gründlich erledigt werden würde, wie bei "Noble..." und "Age...", sprich mit Liner-Notes und Bonus-Tracks. Was wurde denn daraus?

D. DeFeis: Tja, ich bin im Besitz der Masterbänder und arbeite an deren Veröffentlichung, aber es gibt da einige Probleme.

(Nämlich mit Jack Starr; wieder bin ich zu feige genauer zu fragen. Leute ich werde daran arbeiten, ehrlich.)

T.W.: Ich nehme an, dass VIRGIN STEELE Sie wahrscheinlich vollends auslastet. Deswegen werden Sie zukünftig wohl auf Nebenprojekte, in welche Sie in den Achtzigern involviert waren (darunter die unglaublichen PILEDRIVER und die Thrasher EXORCIST), verzichten?


D. DeFeis: VIRGIN STEELE ist definitv ein Full-Time Job, aber wenn ich Zeit finde, werde ich bestimmt wieder Bands produzieren, wie die, die Du genannt hast. Neulich erst habe ich einen Typen kennengelernt, der mir Demos von sich vorgespielt hat. Ich fand die Dinger gut, und wer weiß, wenn ich Zeit habe...

T.W.: Denken Sie, dass Sie die Arbeit mit anderen Bands inspirieren könnte?

D. DeFeis: Sicher, das ist denkbar.

T.W.: Eine mehr persönliche Frage: Ich hörte Sie sammeln Autos?

D. DeFeis: Bitte? Wie meinst Du dass denn? Autos?

T.W.: Öhm, tja ich meine gelesen zu haben, dass Sie Automobile sammeln, sie besitzen angeblich ein halbes Dutzend...nicht?

D. DeFeis: Ha! Nein! Nun gut, ich habe drei, aber die sind eigentlich nicht so besonders: einen Alfa Romeo, einen uralten Pick-Up und ----- (Interviewer hat genannte Automarke vergessen, Sorry, aber siehe oben). Von sammeln kann keine Rede sein.

T.W.: Aha, wer ist eigentlich für die immer gelungenen Cover von VIRGIN STEELE verantwortlich? Es gibt ja Parallelen zwischen ihnen: Meistens ist eine antike Statue oder eine antike Illustration zu sehen.

D. DeFeis: Na ja nicht immer. Das Cover der Atreus-CDs und der letztjährigen EP "Magick Fire Music" hängt bei mir im Wohnzimmer: es ist ein alter Schild, den mein Großvater mitbrachte, als er in die USA emigrierte. Das Teil ist seit Generationen in Familienbesitz.

T.W.: Was die Lyrics angeht, welche ausnahmslos aus Ihrer Feder stammen, so stellen ebenfalls antike Themen ("The Burning Of Rome" oder die drei gesamten letzten Alben) das Gros der Texte, warum?

D. DeFeis: Das stimmt nicht ganz. Ich versuche eigentlich immer die mythologischen Texte metaphorisch zu verwenden. Ein Beispiel: Die Atride-Sage, welche ein Epos bestehend aus Rache und Intrige ist. Emotionen also, die meiner Meinung nach in unserer Zeit vorherrschender denn je sind. Die Sage ist heutzutage sicherlich aktueller, als vor zweieinhalb Tausend Jahren.

T.W.: Für nicht wenige Fans ist VIRGIN STEELE die einzig wahre Alternative zu MANOWAR. Was denken Sie über die Jungs?

D. DeFeis: Sehr nette Leute. Wir waren ja mit Ihnen auf Tour (1988 / 1989 war das - Anm.) und es ging immer sehr lustig zu, doch war eine tolle Zeit. Allerdings glaube ich nicht an eine Konkurrenz zwischen den Bands. Beide machen ihr eigenes Ding.

T.W.: Gut, vor wenigen Monaten kaufte IRON MAIDEN - Manager Rod Smallwoods Sanctuary-Label die Metalschmiede NoiseRecords auf, und damit auch VIRGIN STEELE, welche bei den Hamburgern unter Vertrag standen. Sind irgendwelche Verbesserungen ersichtlich?

D. DeFeis: Eigentlich nicht. Es ist alles beim Alten geblieben, allerdings denke ich, dass es noch zu früh ist, darüber zu reden, unsere Ansprechpartner sind schließlich immer noch die selben.

T.W.: Gut. Mr. DeFeis mir sind die Fragen ausgegangen.

D. DeFeis: War doch halb so schlimm, oder?

T.W.: Also ich danke Ihnen vielmals, ich hoffe ich habe wieder mal die Gelegenheit...

D. Defais: ...ja vielleicht auf Tour...

T.W.: ...wäre cool...

D. DeFeis: ...yes...

Und nach weiteren Höflichkeitsbezeugungen auf beiden Seiten, konnte man sich auf ein Auflegen der Telefonhörer einigen.




Autor: Tobias

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Beitrag vom 18.12.2001
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