Interview mit SLIPKNOT - Über Metal, Proben und Pop-Püppchen


Im Zuge des großartigen Aerodroms und des mindestens genauso beeindruckenden SLIPKNOT-Konzerts konnten wir eben diese Band zum Frage/Antwort-Spiel ergattern. Drummer Joey kam anscheinend etwas verkatert, und Bassmann Paul entpuppte sich als erstaunlich freundlicher und wenig wortkarger Zeitgenosse. Ein angenehmes Interview, das im Zuge eines Round Tables mit weiteren Interviewern durchgeführt wurde, aber lest selbst:



Euer neues Album ist in die österreichischen Charts von 0 auf 5 eingestiegen. Wie waren andere Reaktionen bisher?


Paul: Großartig, es läuft überall gut und sogar noch besser als „Iowa“. Echt cool, von 0 auf 5, das ist großartig, wir könnten nicht glücklicher sein.

Ja, es ist auch für mich ein kleines Wunder, dass man wie ihr, die ihr ja etliche Einflüsse im extremen Metal habt, derartig viele Leute mit eurer Musik erreichen könnt. Wie erklärt ihr euch das?

Paul: Naja, offensichtlich brauchen das die Leute. Ich glaube, viele haben schon genug von demselben Scheiß wie AVRIL LAVIGNE, die schreibt, wie sie mit sich selber spielt oder zu jung ist dafür, keine Ahnung, worüber sie singt. Die Leute wollen den Scheiß nicht mehr hören und wir bringen ihnen das was sie hören wollen.

Runder Tisch: Ihr habt ja 1995 in Iowa angefangen. Habt ihr damals erwartet, dass ihr so erfolgreich werdet?

Paul: Weißt du, niemand kann voraussagen, was passieren wird, aber ich hab immer das Gefühl gehabt. Ich habe ihn (zeigt auf Joey, der neben ihm sitzt) vor 14-15 Jahren getroffen, waren immer Freunde und immer seitdem wir in einer Band spielten, wussten wir, es würde was passieren. Natürlich, das was jetzt da ist ist großartig für uns.

Runder Tisch: Viele Bands kämpfen gegen die Veröffentlichung von Musik-Tracks im Internet. Wie wichtig ist das Internet als Medium für euch?

Joey: Das Internet ist für die Bands ein zweischneidiges Schwert. Natürlich ist es schlecht für die Bands, wenn sich Leute etwas runterladen ohne dafür zu bezahlen, zumal Bands gerade dafür so hart gearbeitet haben. Auf der anderen Seite gibt es natürlich Leute und Kids, die sich den Kauf schlicht nicht leisten können oder sonst nicht die erforderlichen Ressourcen haben und so die Möglichkeit haben trotzdem in Kontakt mit der Band zu kommen.
Aber bei uns ist es auch so, dass das Packaging etwas ist was die Leute haben wollen, also …


Runder Tisch: Ist bei euch jetzt die Tendenz vorhanden, die Songs ein wenig „smoother“ zu gestalten?

Paul: Weißt du, wir haben das immer schon gemacht. Wir sind jetzt seit 10 Jahren eine Band und wir haben immer schon Melodie in den Songs gehabt. Das ist nichts Neues, diesmal ist vielleicht ein wenig mehr Augenmerk drauf, nichtsdestotrotz sind unsere Track verdammt heavy, teilweise mit Blastbeats und so. Es ist vielleicht ein wenig diversifizierter.

Runder Tisch: Es gibt Leute, die die Musik für Unglücke verantwortlich machen. Stichwort Erfurt. Was sagst du dazu?

Paul: Weißt du, ich denke, wenn Eltern ihren Kindern mal zuhören würden… Ich weiß nur, wenn ich ein Kind hätte das solche Probleme hat, dass es Leute killt, dann wüsste ich davon. Als ein Elternteil musst du wissen, dass etwas mit deinem Kind nicht stimmt. Du kannst eine Band nicht dafür verantwortlich machen, dass dein Sohn/deine Tochter psychische Probleme hat. SLIPKNOT sind hier nicht da, um dein Kind zu erziehen, die Eltern müssen das machen.

Kommen wir noch mal zurück zu den Blastbeats. Wo seht ihr eigentlich eure Homebase? In der extremen Metal-Szene oder eher in der Modern Metal Szene, wo euch ja Leute gerne reinpacken?

Joey: Die skandinavische Metal Szene ist natürlich bekannt dafür, ich bin großer Fan davon und bekomme dadurch auch Inspiration. Natürlich gibt’s diese Einflüsse bei uns auch schon seit einer langen Zeit, obwohl wir niemals als reine Death- oder Black Metal-Band bezeichnet werden wollten, das war nie unsere Intention.

Das ist auch so eine Sache. Ihr seid ja eine extreme Band. Was glaubt ihr, wird der nächste Schritt in Sachen Extremität sein? In Sachen Speed oder Brutalität scheint die Spitze ja langsam erreicht.

Paul: Es wird immer eine Band geben, die brutaler, schneller, satanischer whatever sein wird. Du musst ganz einfach als Band origineller sein, das ist es, womit du durchkommst. Wir könnten den ganzen Tag (klopft wie ein Wahnsinniger auf den Tisch und faucht mit komischer Miene vor sich hin) dadadadada----jaaaaaaaaa!! solche Songs schreiben – jeden Tag. Es gehört schon mehr als das dazu.

Runder Tisch: Wie schaut`s mit den Medien in den US aus? Hassen die euch?

Joey: Rock `n Roll war immer schon ein gefährliches Ding. Wir wollen auch nicht als Pop-Band oder so was bezeichnet werden. Also passt das schon so, wie es ist.

Viele Leute bzw. Bands haben Probleme damit vier Leute zu koordinieren, wie ist es für euch, mit den ganzen individuellen (musikalischen) Vorstellungen und Wünschen von neun Leuten klarzukommen? Habt ihr eine spezielle Band-Demokratie?

Paul: Naja, weißt du, es ist ganz unterschiedlich. Mal ist es so, dass Joey, Clown und Chris einfach Drumbeats machen und wir die Musik dazu schreiben, dann kommt wieder wer mit einem Gitarrenriff und sagt, checkt das mal aus. Bei uns spielt fast jeder Gitarre, also kommt mal der, dann wieder der andere mit `nem Riff daher. Es gibt bei uns so viele verschiedene Möglichkeiten, wie ein Song entsteht (aber wie mit unterschiedlichen Vorstellungen umgegangen wird, wissen wir jetzt trotzdem nicht, Anm. d. V.).

Runder Tisch: Was macht ihr eigentlich so privat? Wie ist euer Familienleben?

Joey: Musik ist alles, was ich mache und tue.
Paul: Ja, es geht eigentlich immer um die Musik. Wir kommen von der Arbeit und machen oder hören Musik. Bevor wir gesignt wurden haben wir uns immer getroffen, haben geübt, dann gingen wir dorthin, wo Joey arbeitete und haben darüber geredet, was mit der Band ansteht. Das ist so wie’s immer war. Ernsthaft. Es ging immer nur um die Musik (lacht).


2000/2001 habt ihr mit "Scissors" eure Shows immer psychedelisch beendet. Habt ihr wieder vor, etwas in diese Richtung zu machen? „Virus OF Life“ würde sich gut für so etwas eignen.

Paul: Ja klar, der Song und andere würden schon gut in dieses Konzept passen und schließlich werden wir das auch irgendwann performen. Ich kann dir zwar nicht sagen wann, aber das wurde schon beredet. Wenn wir wieder Gigs haben, wo wir zeitlich nicht so eingeschränkt sind, könnte da schon was rausschaun. Vielleicht mit „Scissors“ oder „Virus Of Life“ oder so. Wer weiß …

Runder Tisch: Haben die Masken spezielle Bedeutungen für jedes Member oder gilt das Ganze hauptsächlich dem Schock-Effekt?

Joey: Ende `95, als wir damit anfingen, waren die Masken immer schon eine Reflexion dessen, wie die Musik uns fühlen lässt und das wird auch immer so sein. Du wirst SLIPKNOT nicht ohne Masken sehen.

Runder Tisch: Wer hatte damals die Idee dazu?

Joey: Shawn kam damals zu einer Probe und brachte seine Clown-Maske mit für den Song „Tattered & Torn“, danach kam ich mit meiner Maske, die ich immer noch trage. Die anderen folgten danach und nahmen ihre Masken zur Probe mit.

Ich habe gelesen, dass ihr um die 30 Songs bei euerem letzten Studioaufenthalt aufgenommen habt. Was habt ihr mit dem Material vor?

Joey: Jetzt haben wir das neue Album gerade ein paar Wochen draußen. Ist schwer zu sagen. Wir haben sicher jetzt Material für Soundtracks oder so, einiges an dem Material wird auch aufs nächste Album kommen und so weiter.
Paul: Beim letzten Album, als wir nach Soundtrack-Material gefragt wurden, hatten wir nichts, also mussten wir immer etwas vom Album nehmen. Diesmal hatten wir eben allerdings die Zeit, auch so etwas extra aufzunehmen. Das ist schon cool so.


Runder Tisch: Ihr nennt eure Fans „Maggots“. Wie kommt es zu dieser etwas komischen Bezeichnung

Joey: Wir haben das nicht ausgesucht, weil es ein böser Ausdruck ist oder so. Es kam dazu, als wir die Hallen langsam ausverkauften. Wir beobachteten die Fans im Moshpit und wie chaotisch sie sich verhielten. Das Ganze sah dann schließlich wie ein Haufen Maden aus, der auf uns losgelassen wurde. Aber die Fans wissen, was wir meinen und ihnen ist diese Bezeichnung willkommen.

Runder Tisch: Sicherlich habt ihr Demo-Tapes oder unveröffentlichtes Zeug von vorgestern. Was denkt ihr euch, wenn ihr euch solche alten Tracks anhört?

Joey: Es ist cool, wenn man zurückblickt und sieht, woher ein Song kam und wie er dann als Endprodukt auf CD ist. Es erinnert dich an eine bestimmte Zeit und alles, was da abging.
Paul: Ja, wenn ich mir alte Sachen auf Demos anhöre, erinnere ich mich zum Beispiel, wie wir im kack Studio wegen eines Schneesturms fest saßen. Da kam in Iowa 10 Fuß Schnee auf uns runter und wir konnten nicht weg. Weißt du, so was ist so `ne Art Tagebuch, das Erinnerungen weckt.





Und schon kam das Time-out-Zeichen des Promoters und die zwei (unmaskierten) Mannen verschwanden ebenso plötzlich wieder Richtung Backstage, wie sie aufgetaucht waren.



Autor: Hansi

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Beitrag vom 23.07.2004
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