Interview mit ENID


Obwohl ich Interviews nicht sonderlich mag, habe ich mich auf Martin Wieses Anfrage hin (Mastermind von ENID) entschlossen, mich mal in neues Territorium zu wagen und ihm per Mail einige Fragen zu stellen.

Also fangen wir an. Ich habe ja dein neuestes Release "Abschiedsreigen" reviewt und kenne aber ehrlich gesagt keine anderen Alben, bloß "Nachtgedanken" nur vom Titel her. Erzähl doch mal ein bisschen was über die Bandhistory von ENID!

ENID wurde Anfang 1997 ins Leben gerufen und zwar aus der nachvollziehbaren Intention heraus, einfachen Fantasy-Metal zu machen, der auf dem Wechsel zwischen Metal-Klängen und verträumten, mittelalterlich instrumentierten, von einprägsamen Melodien getragenen Teilen basieren sollte. Ziel war, vor allem einen sehr monotonen Charakter herauszuarbeiten und einen “eigenen” Sound zu kreieren, der zur Monotonie der Arrangements passt. Vorläufer von ENID war, wenn man so will, das totgeborene Kind “AFFABRE”, ein Projekt auf Basis klassischer Klangwelt, und beeinflusste, so sehe ich das heute, die Entstehung ENID´s maßgeblich mit und bestärkte uns in der Absicht, etwas Einfacheres zu machen. Wir, Florian Dammasch und ich, suchten uns Textmaterial zusammen, das von der Sage um König Artus handelte und ich komponierte einige Songs nebst einem Cover des Songs “Passing of the grey company” von der österreichischen Band SUMMONING. Ich nahm das Ganze in meinem eigenen, kleinen Home-Recording-Studio auf und es entstand das Demo “Enid”, das im August 1997 erschien und, zu unserer eigenen Überraschung, ausgezeichnet reviewt wurde. Dieser Erfolg ermutigte uns, weiterzuarbeiten, allerdings unseren Stil ein klein wenig zu verfeinern. Resultat dieser Bemühungen war das als Promo-CD konzipierte Werk “Nachtgedanken”, das wir 1998 an einige Labels versandten. Wiederum zu unserem Erstaunen war unser erklärtes Wunschlabel CCP sofort interessiert und wir unterzeichneten den Vertrag. Im Februar 1999 erschien “Nachtgedanken” dann als Debut und fand allgemein sehr gute Resonanz. Seit September 2000 gibt es also das neueste und vielleicht andersartigste Werk ENIDs; “Abschiedsreigen”.


Ist deiner Meinung nach "Abschiedsreigen" eine Fortführung der anderen CDs oder gibt es Verschiedenheiten in punkto Musikstil?

Der Stil ist grundsätzlich derselbe geblieben. Aber in punkto Abwechslungsreichtum habe ich versucht, eine Menge zu bewegen. Ich denke, wer “Abschiedsreigen” hört und mit “Nachtgedanken” vergleicht, wird zuweilen sehr überrascht sein, so viele andersartige Ideen und Ansätze in einem einzigen Song zu finden. Außerdem gibt es von den Lyrics her eine Besonderheit. Die ganze CD ist eine in acht Kapiteln erzählte Geschichte eines alten Mannes, der, im Sterben liegend, sein Leben an sich vorüberziehen lässt...


Wie würdest du überhaupt den Stil beschreiben?

Hui, schwierig. Ich würde es der Einfachheit halber bei Fantasy-Metal belassen. Schlicht und ergreifend sagt das nämlich genauso wenig aus wie alle anderen kategorisierenden Wortschöpfungen, die es gibt, ist dabei aber immer noch leicht verständlich und für jedermann verständlich. Im Grunde gibt es in unserer Musik den starken Gegensatz zwischen den Metal-Klängen und den von Folk- und Klassik- Elementen beeinflussten, mittelalterlichen Strukturen. Ich habe in “Abschiedsreigen” versucht, diese Kontraste abwechslungsreicher ineinander zu verweben.


ENID haben ja bei dem neuen Album den Drumcomputer durch keinen geringeren als Moritz Neuner (DORNENREICH etc.) ersetzt. Was war der Grund, dem Drumcomputer ade zu sagen bzw. wieso hast du dich gerade für Moritz entschieden?

Der Sound, der sowieso um Längen besser ist als auf “Nachtgedanken”, wird einfach wesentlich dynamischer und die Musik bekommt mehr Leben durch Moritz´ echtes Drumming. Außerdem war der Drumcomputer sowieso eher eine Notlösung, bzw. ein Anfang, aber niemals ein unantastbarer Bestandteil. Im Gegenteil, der synthetische Klang der Computer-Drums überzeugt einfach irgendwann nicht mehr... Warum ausgerechnet Moritz? Tja, Florian ist mit ihm in Kontakt gekommen. Er hat ihm das neue Material geschickt und Moritz hat es sich angesehen. Er war interessiert, wir haben uns getroffen und das nächste, an was ich mich erinnern kann, ist ein Moritz, der in Linz im CCP-Studio “Abschiedsreigen”-Drums einhämmert. Tja, so einfach ist das im Leben...


Den besonderen Pluspunkt von "Abschiedsreigen" stellen die variablen Kompositionen, die echt tollen cleanen Vocals und das poetische Konzept dar, wie ich finde. Wie kam es zur Idee, einen alten Mann auf sein Leben zurückblicken zu lassen und dessen Gedanken lyrisch und musikalisch umzusetzen?

Ich weiß es nicht mehr genau. Ich habe nach einem Thema gesucht, was mich faszinierte. Irgendwann dachte ich darüber nach, wie ich das, was ich heute, in diesem Moment tue, an meinem Lebensende sehen würde. Ich entwickelte eine Fantasy-Story aus dieser Idee und setzte sie in Prosatexte und Gedichte um. Und seltsamerweise ließ mich dieser gesamte Themenkomplex während der ganzen Arbeit am Album nicht mehr los. Ich denke, dass das ein großer Glücksfall war, der dem Werk sehr gut getan hat...


Bezüglich Sound sind mir die strangen Gitarren aufgefallen, die irgendwie nach E-Cello oder E-Viola klingen?

Richtig. Die Gitarren sind in Wirklichkeit synthetische Distortion-Gitarren. Noch nicht mal E-Cellos oder E-Violinen, sondern plumpe Synth-Gitarren. Ich mochte diesen Sound aber, wenn man ihn durch Gitarrenverstärker jagt. Gut, die Gitarren klingen zwar nicht sehr authentisch, sollen sie aber überhaupt nicht. Allerdings werden echte Gitarren langsam aber sicher notwendig, weil auch auf “Abschiedsreigen” einige Riffs vorkommen, die mit authentischen Saiten einfach besser klingen würden.


In anderen Interviews habe ich gelesen, dass es Bestrebungen gibt, ENID livefähig zu machen. Wann wird es so weit sein, wieviele Musiker hast du schon für die Band gewinnen können?

Schon wieder richtig. Wir haben inzwischen schon ein paar Musiker zusammentrommeln können, die in ferner Zukunft einmal das neue Gesicht ENIDs werden könnten. Wir haben bereits einen sehr engagierten Bassisten, einen fähigen Lead-Gitarristen und einen ebenfalls sehr engagierten Rhythmus-Gitarristen in persona Florian Dammaschs persönlich. Lediglich ein Drummer fehlt noch um die Formation, die ich als Clean-Vocalist und Keyboarder ergänzen würde. Wann es so weit wird? Nur so viel: Keine Ahnung... bis jetzt steht noch zu viel in den Sternen.


Wie schauen sonst deine weiteren Pläne aus? Hast du schon konkrete Vorstellungen für den Nachfolger von "Abschiedsreigen" oder möchtest du vorerst ENID eine kleine Pause gönnen, um später mit frischer kompositorischer Energie an neue Taten heranzuschreiten?

Sehr bald wird eine Platte mit altem Material von ENID erscheinen. Bereits vor drei Jahren hätte das Werk namens “Der Tag zur Nacht sich senkt” schon erscheinen sollen, was allerdings an frappierender Unfähigkeit eines Zeitgenossen scheiterte. Was einen Nachfolger von “Abschiedsreigen” angeht, gibt es noch keine konkreten Pläne. Erst mal abwarten, wie es so läuft mit der aktuellen Scheibe und wie die Möglichkeiten danach stehen werden, einen angemessenen Nachfolger erarbeiten zu können...


Ok, dann danke für das Interview und alles Gute für die Zukunft!

Dir auch alles Beste. Vielen Dank für die netten Fragen und für dein Engagement. Lass dich nicht vom Satan auf die Schippe nehmen und falle nicht dem allgemeinen Wahnsinn anheim... für weiteres, bitte schaut mal auf unserer Website www.enid.tsx.org vorbei. Wir freuen uns über jeden Gästebucheintrag!



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Beitrag vom 31.01.2001
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