CANNIBAL CORPSE - Gore Obsessed
Label: Metal Blade
Die Latte für "Gore obsessed" lag nach "Bloodthirst" ziemlich hoch und die vorab am Antichristmas Festival präsentierten Songs sowie "Hatchet to the head", das schon seit einigen Wochen über die Metal Blade Homepage zum Downloaden zur Verfügung stand, versprachen ja ein zumindest ebenbürtiges Album - schnell, technisch versiert und brachial-brutal. Leider kann aber nicht das ganze Album mit der Qualität dieser Songs mithalten, zudem sich der Großteil des Albums erst nach einigen Durchläufen im Gehirn festfrisst, während man bei "Bloodthirst" eigentlich schon nach dem ersten Durchlauf wusste, wo der Fleischerhaken hängt... Entgegen der Lobeshymmnen aus dem Legacy, Rock Hard oder anderen Fachzeitschriften sind hier also sehr wohl einige Schwachstellen aufzuzeigen beziehungsweise Kritik anzubringen.

Eröffnet wird "Gore obsessed" mit der kurzen, dafür aber äußerst schnellen und prägnanten Nummer "Savage butchery", die vor allem durch den Mitgröhl-Refrain überzeugen kann. Die Songstruktur ist sehr simpel gehalten (Vers A - Chorus - Vers A - Solo - Chorus) und auf großartige Tempowechsel wird hier verzichtet, somit könnte dieses Stück auch leicht auf "Bloodthirst" zu finden sein, sowie auf älteren Alben wie "Butchered at birth". Erst durch das messerscharfe Solo kurz vor Ende des Songs, das sich durch brachiales Drumming hindurchsägt, wird der Song etwas aufgelockert, ohne jedoch den rauhen Charme des Songs zu mindern.
Das bereits bekannte "Hatchet to the head" schlägt ebenfalls in die Richtung der Songs auf "Bloodthirst", erinnert vom Aufbau her vor allem an "Dead human collection". Hier gehts nicht ganz so schnell wie beim Opener zu Sache, dafür kann der Song mit grandiosen Breaks und Fills aufweisen, während sich George die Seele aus dem Leib schreit (Oder ist es nur das Blut, das er hervorwürgt?). "Hatchet to the head" dürfte sich jedenfalls zu einer der beliebtesten Livenummern der Kannibalen entwickeln, da bin ich mir sicher...

Gnadenlos geht es mit "Pit of zombies" weiter, das vom Anfang her stark an einen der besten Tracks von "Vile", "Devoured by vermin", erinnert. Im großen und ganzen ist hier überhaupt der Songaufbau, die Geschwindigkeit und die technische Komplexität ähnlich der Songs auf "Vile", den vom Legacy angeführten Vergleich mit "Hammer smashed face" kann ich aber nicht ganz nachvollziehen - es gibt hierbei weder lyrische Ähnlichkeiten (ok, ok, alles is Gore...) noch vom musikalischen Aspekt her. Trotz alledem ein sehr guter Song und auf jeden Fall eines der Highlights auf "Gore obsessed".

"Dormant bodies bursting" schlägt nun leicht in Richtung brasilianischem Todmetall aus, allerdings mischen CANNIBAL CORPSE hier die schnellen Parts (die sogar "Bloodthirst" schlagen) gekonnt mit den langsamen Parts des Titeltracks von "Gallery of suicide". Somit kann man Track Nummero vier kurz mit drei Begriffen beschreiben: killer Riffing, gutturale Growls, fanatisches Geschrei. Leider ist auch der Song wie die drei vorherigen nur sehr kurz, ziemlich genau zwei Minuten dauert das Vergnügen bis die Anzeige zu Track fünf hüpft.
Mit "Compelled to lacerate" wird nun die "Gallery of suicide"-Phase eingeleitet, was sich auch in der Songlänge zum Ausdruck bringt. Das Stück erinnert leicht an "Stabbed into the throat" - kann aber etwa bei Minute 2.35 durch ein absolutes Mörderriff, das beinahe in Doom-Tiefen vorstößt, absolut überzeugen und weiß mich in gewisser Weise auch absolut zu begeistern. Obwohl hier der technische Aspekt doch etwas höher als bei den vorherigen Stücken angesetzt ist, verlieren sich hier die Kannibalen (noch) nicht in unnötigen Frickeleien - wenn das ganze restliche Album in der Tonlage gehalten wäre, gäbe es überhaupt nichts auszusetzen...

Hierauf folgt "Drowning in vicera", das ebenfalls auf "Gallery of suicide" passen würde und den etwas schnelleren Stücken wie "I will kill you" oder "Sentenced to burn" gehörig Konkurrenz macht. Eines der Soli erinnert stark an die Anfänge zu "Eaten from inside" / "Butchered at birth" Zeiten, das wiederum verleiht dem Song einen Touch an "Back to the roots"-Feeling, lockert das technische Gefrickel etwas auf.

Mit "Hung and bled" folgt quasi die "Erweiterung" des "Gallery of suicide"-Instrumentals "From skin to liquid" - das Basisriff wird hier zu einem vollständigem Song ausgebaut, der mich stellenweise auch an IMMOLATION's "Failures for Gods" erinnert. Im Großen und Ganzen ist auch dieser Song ein äußerst guter Track, der mit sowohl schnellen als auch langsamen - dem Basisriff von "From skin to liquid" - Parts aufweisen kann.
Nahtlos geht man mit einem "I will kill you"-ähnlichem Anfangspart in "Sanded faceless" über, das mich teilweise an einen Mix aus den letzten drei Stücken der "Gallery of suicide" erinnert - "Every bone broken", "Centuries of torment" und "Crushing the despised". "Sanded faceless" ist einer der Tracks, der zwar doch gewisse Qualitäten aufweist, aber vor allem durch das hier etwas unpassend in den Vordergrund gesetzte Bassspiel etwas gewöhnungsbedürftig ist.
Mit "Mutation of the cadaver" folgt ein Song, der mich aufgrund des etwas komischen und abgehackten Drummings nicht besonders mitreißen kann. Obwohl der Song meist im höheren Midtempo angesiedelt ist und nur fallweise durch "Gallery of suicide"-ähnliche Passagen aufgelockert wird, ist dies sicher der schwächste Track auf "Gore obsessed" (Wenn man hierbei von "schwach" reden kann.). Besonders die Platzierung des Solos ist meiner Ansicht nach etwas fehl am Platz, wobei aber das Solo an sich ein zwar äußerst simpel gehaltenes, dafür aber umso prägnanteres ist. Mal sehen, wie der Song live rüber kommt...
Mit "When death replaces life" gibt es kurz vor Schluss noch ein wahres Highlight auf "Gore obsessed" - auch seeeeeeeehr langsam, dafür aber schön wuchtiges Riffing gespickt mit Georges tiefe Growls. "When death replaces life" wird auf jeden Fall "Gallery of suicide" als Midtempo-Nummer bei Livegigs ablösen, da hier das Riffing, Songwriting und der Aufbau einfach viel dramatischer und depressiver (passend zum Songtitel) als eben bei "Gallery of suicide" sind. Durch den schnellen Mittelpart, der mit Grindcore-ähnlichen Schreien unterlegt ist, entsteht innerhalb des Songs eine Spannung, die sich allerdings äußerst gut macht. Gefällt mir!

Den Abschluss der "normalen" Version macht "Grotesque", ein Song der stark an "Headless" erinnert und mit dem man sich auch erst mit der Zeit anfreunden können wird. Obwohl der Song sich geschwindigkeitsmäßig schon größtenteils im Uptempobereich aufhält, unterbrechen einige langsame Parts wiederum die schnellen, gefällt mir hier allerdings nicht sooooo gut. Keineswegs ein schlechter Song, aber definitiv auch keiner, der von Anfang an zu begeistern weiß und erst mit der Zeit Qualitäten offenbart. Hervorheben möchte ich bei diesem Song wiederum die grandiosen Vocals von George, der mit seinem verrücktem "Attack, attack, attack!" Geschreie dem Song einen gehörigen Push an Aggressivität gibt.

Als Bonus gibt es auf den beiden limitierten Versionen (entweder als Din-A5 Pack ohne Booklet und mit zensiertem - besseren - Cover oder als Slipcase mit unzensiertem Cover innen) mit METALLICA's "No remorse" den besten Coversong, den CANNIBAL CORPSE je verbrochen haben. Das langsame, schwerfällige Riffing steht den Kannibalen äußerst gut und besonders die variierenden Vokals zwischen hoch und tiefe liegen sehr nah am Original - allerdings zweifelsohne in einer Death Metal Fassung! Wer den Song im Original kennt weiß, dass es sich hierbei um einen grandiosen Song handelt und somit können CANNIBAL CORPSE nicht viel falsch machen - obwohl sie mit "No remorse" eine nah am Original liegende Eigeninterpretation abliefern, fügt sich der Song äußerst gekonnt in das restliche Album ein und ist zweifelsohne auch einer der besten Tracks auf "Gore obsessed".

Abschließend sei noch festzustellen, dass als ein weiterer Minuspunkt die Produktion genannt werden sollte. Diesmal war Neil Kernon (unter anderem bereits für MACABRE und NEVERMORE tätig) der Verantwortliche hinter den Reglern, und hat sich im Gegensatz zu Colin Richardson einen kleinen Schnitzer in Hinsicht Gitarrenarbeit geleistet - im Gegensatz zu "Bloodthirst" oder "Gallery of suicide" (für die Jim Morris verantwortlich war) sind auf "Gore obsessed" die Gitarren nicht so wuchtig und brachial "in die Fresse", was bei CANNIBAL CORPSE in letzter Zeit doch ein Markenzeichen war.

Insgesamt ist "Gore obsessed" jedoch ein gelungener aber nicht ebenbürtiger Nachfolger zu "Bloodthirst", der möglicherweise beim ersten Durchlauf nicht so viel Zuspruch erhalten wird, wie nach einigen Durchläufen mehr. Obwohl ich in meinem Review einige Vergleiche gezogen habe, ist "Gore obsessed" dennoch ein eigenständiges Album, das nicht eine Kopie der besten Elemente von den beiden Vorgängern darstellen soll (das Livealbum mal außer Acht gelassen). Sicher, Ähnlichkeiten sind da, aber von einer bloßen Eigenkopie oder Abkupferung sollte nicht die Rede sein. Nach dem ersten Durchlauf war ich versucht, "Gore obsessed" lediglich fünf Punkte zu geben (Hälfte exzellent, Rest gut bis sehr gut), nach mehrmaligem Anhören bin ich dann doch zu (knappen) sechs Punkten umgeschwenkt.

www.cannibalcorpse.net

MP3 - FILES:
Hatchet To The Head (File liegt auf www.metalblade.de)
Hatchet to the dead (File liegt auf www.metalblade.de)

6 von 7 Punkten
Macabre
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Beitrag vom 21.03.2002
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