OBSCENITY - Retaliation
Label: Kolony Records
Ach ja... an die ersten zaghaften Schritte in die extremeren Metal-Gefilde kann sich vermutlich jeder noch halbwegs gut erinnern. Knapp vor der Jahrtausendwende durfte ich jedenfalls einem Grillfest beiwohnen, bei der der damalige Nachwuchs mit einer Breitwand-Beschallung versorgt wurde, die es in sich hatte: CEPHALIC CARNAGE, EXHUMED und eben „Human Barbecue“, dem irgendwo zwischen den letzten Zuckungen des Grunge und dem Frühling des vielerorts verachteten Nu Metals völlig untergegangenen Meistwerk deutscher Saitenprügelei. Was als amüsante und mit einem ironischen Unterton nebenbei laufende Unterhaltung gedacht war, nahm der Autor dieser Zeilen sodann zum Anlass, tiefer in der Materie zu graben und so Perlen wie unter anderem auch FLESHCRAWL schätzen zu lernen. Deutscher Death Metal alter Schule mag zwar keine musikalischen Revolutionen vom Zaun brechen; aber wer braucht die schon, wenn es sich in solch schlammigen Erdreich tausendfach besser bangen lässt?

„Retaliation“ kommt da gerade Recht, schließlich hat der unmittelbare Vorgänger bei den Kollegen sowie der loyalen Gefolgschaft für zahlreich wohlwollendes Nicken (oder eben Bangen) gesorgt. Und auch wenn seitdem vier Jahre verstrichen sind, merkt man dies Album Nummer Neun nur im Detailbereich an: Nach wie vor rüpelstampft das Quintett (mitsamt neuem Frontmann) ungehalten durch die Botanik, traut sich im Vergleich zu damaligen Langläufern öfter an Vollgas-Passagen („Embracing The Plague“), schafft jedoch bei aller Normalität den Spagat zwischen ungeschönt simpler Brutalität sowie mitreißendem Mid-Tempo, das die vielleicht bis dahin schon etwas gesättigte Masse in der kommenden Festival-Saison ordentlich durchschütteln wird. Die differenzierte Produktion, in der vor allem dem Bass zu mehr Prominenz als bei den meisten vergleichbaren Projekten verholfen wurde, tut ihr Übriges, um Abrissbirnen wie `Abandon All Hope` zu ihrer wahren Größe erstarken zu lassen.

Wie gesagt, bahnbrechend Neues sucht man woanders. Ebenso biedern sich OBSCENITY selbst nach über zwei Jahrzehnten niemanden an oder verbiegen sich bewusst, um sich der falschen Versprechung eines größeren Publikums hinzugeben. Stattdessen wütet man im zurechtgeschnitzten Sound-Eck mit derselben Begeisterung wie zu Anfangszeiten und hält die Stammgemeinde bei guter Laune, zu der ich mich ab sofort auch dazuzählen werde.

www.facebook.com/Obscenity.Official


6 von 7 Punkten

Tracklist:
1. Claustrophobic Hell
2. Embracing The Plague
3. Whore Of Secret
4. Abandon All Hope
5. Ghastly Presence Haunting
6. The Day Of Wrath
7. Deracination
8. Innate Depravity
9. Soul Eater
10. Ominous Determination
Gesamtspielzeit: 42:37

Amikkus
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Beitrag vom 20.05.2016
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