HOKUM - No Escape
Label: Eigenproduktion
In Deutschland wird der Freistaat Bayern weithingehend - nicht nur aus geographischer Sicht - als das "österreichische Bundesland" bezeichnet, in Österreich hingegen winkt man gerne ab, ist man ja mit seinen eigenen neun Bundesländern ja schon hoffnungslos überfordert (also mir fielen da jetzt genügend Österreicher ein, die meinen "jo oiso de Piefke brauch ma ned, owa es Bayern gheats jo eh praktisch zu uns..." - Anm. Kronos). Zumindest ein kleiner Prozentsatz der österreichischen Bevölkerung könnte aber nun doch langsam dafür plädieren, Bayern als zehntes Glied in der Kette aufzunehmen - immerhin würden dann die Oberbayern HOKUM als österreichisches Produkt gelten, worauf man sich durchaus etwas einbilden könnte.

Ob nun deutsch oder österreichisch, bei HOKUM spricht das auf "No Escape" festgehaltene Produkt für sich, kaum eine andere Band macht es dem geneigten Hörer so leicht, zu gefallen; Obwohl erst seit einem halben Jahrzehnt existent, verfügt das Quartett bereits jetzt schon ein ausgefeiltes Gespür dafür, erstklassige Musik abzuliefern, die auf der einen Seite nicht überfordert, auf der anderen Seite auch nicht wie die x-te Kopie eines vielfach wiedergekäuten Erbrochenen wirkt. Selbst versucht man, sich zwischen den Stühlen der Genres Heavy, Death und Thrash zu platzieren - und man tut gut darin, nicht zu engstirnig zu agieren. Mit schneidenden, messerscharfen Riffs, welche sich mit stampfenden, treibenden Grooves vermengen und auf fallweise experimentelle, stets aber technisch versierte Bassläufe treffen, wirkt "No Escape" zu frisch, um als "thrashig" bezeichnet zu werden, zu klar und durchdacht, um auf den Zug der brachialsten Auswürfe der Death Metal-Szene aufzuspringen - und bei weitem zu ungestüm, um einem beliebigen Eunuchenchor Konkurrenz zu machen. Vielmehr sind sämtliche sechs Stücke ein Glanzbeispiel dafür, wie sich die Symbiose der besten Elemente jener Genres anhören könnte: Mit hohem Wiedererkennungswert, einer eigenen Note, Durchschlagskraft und einem ausgewogenen Wechselspiel zwischen Druck, technischem Anspruch und Melodie ergibt sich ein kurzweiliges Endprodukt, das wie aus einem Guss wirkt; Ohne sich zu verplanen, ohne um den sprichwörtlichen heißen Brei herumzuspielen: HOKUM sind dort straight, wo es der Song erfordert, erlauben sich auf der anderen Seite aber auch die eine oder andere bewusst gesetzte technische Raffinesse, eine kleine, präzise dargebotene Spielerei.
Passend dazu auch der Gesang, welcher mich stellenweise an ältere DISASTROUS MURMUR zu erinnern weiß - weitgehend heiseres Gekrächze, das trotz (oder vielleicht gerade?) wegen seines räudigen Charakters einen gewissen Charme versprüht. Aber auch hier weiß man, Variation einzubringen, so werden bei "The Loving Father" sogar cleane Stimmen beigesteuert, die sich erstaunlich gut in das Gesamtprodukt einfügen und den morbid-dreckigen Charakter des Openers zu "The Beloved Ones" treffend untermalen.

Einziges Manko - wenn man mir gestattet, pingelig zu sein - stellt vielleicht die Produktion dar, die für das zweite Album zwar durchwegs gut ausgefallen ist, aber doch scheint es, man hätte hier zu bewusst auf "old school" geschielt. Meiner Meinung nach klingt das Schlagzeug stellenweise einen Tick zu trocken, zu hölzern, während die Gitarren etwas mehr an Druck und - damit die Sache auch ganz perfekt ist - der Bass weit mehr Präsenz verdient hätten. Versteht mich nicht falsch, "No Escape" ist zweifelsohne klar und mit einem Wumms produziert worden, aber von "plattwalzen" kann noch keine Rede sein.

Freunde einer brachialen Mischung aus primär Death- und Thrashelementen sollten auf jeden Fall vom etwas eigenwilligen Covermotiv absehen, und HOKUM eine Chance geben; Zu Recht dürfen sie sich als eine der wichtigsten Bands ihrer Region nennen - auch wenn die Realisierung, sie als österreichisches Produkt titulieren zu wollen, wohl weiterhin in der Fantasie bestehen bleibt, aber man muss ja nicht stets danach streben, sich identifizieren zu wollen, sondern darf ab und an ja auch einfach nur genießen - und auch Deutschland was gönnen ;)

www.hokum.de


5.5 von 7 Punkten

Tracklist:
1. Manticore
2. Silent Assassin
3. Face The End
4. The God Within
5. The Loving Father
6. The Beloved Ones
Gesamtspielzeit: 27:38

macabre
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Beitrag vom 28.04.2006
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