Mit ihrem selbstbetitelten Debüt und dem Nachfolger „Dial Hard“ haben die Schweizer in den frühen 90ern zwei absolut solide Hard Rock-Alben abgeliefert. Diese rotieren bei mir noch regelmäßig im CD-Player und erfreuen mich immer wieder. Tight wie ein Schweizer Uhrwerk, würzig wie ein Schweizer Käse und im Abgang zuckersüß wie Schweizer Schokolade.

Mit dem vierten Album „D-frosted“ legten sie dann ein würdiges Akustikalbum nach, aber ab dann ging es langsam den Bach runter. Die Songs wurden schnulziger, konnten nicht mehr wirklich zum Bangen auffordern und Langeweile machte sich breit. Das letzte Album „Human Zoo“ war dann ein letztes Aufflackern und eigentlich hatte ich die Band schon abgeschrieben. Aber man sollte ja jedem eine zweite Chance geben, so tat ich das auch, kaufte mir das Album „Lipservice“ und merkte schon nach dem ersten Durchgang, dass nicht nur ich den Jungs eine zweite Chance gegeben habe, sondern sie auch mir. Und zwar in der Form, dass ich wieder ordentlich zu einem bodenständigen AOR bangen kann.

14 Tracks umfasst „Lipservice“ und kein einziger davon ist ein so genannter Durchhänger. Neben den typischen Krachern sind natürlich auch wieder ein paar erstklassige Balladen vertreten. Sänger Steve Lee überzeugt mit einer Stimmgewalt, die sich gewaschen hat, die Gitarrenfraktion ist experimentierfreudig, findet aber immer wieder zu den Wurzeln zurück und das Rhythmus-Fundament lässt einen soliden Hard Rock auf sich aufbauen.

Irgendwie kommt es mir vor, als täte es den Jungs, oder soll ich eher „in die Jahre gekommenen Männern“ sagen, sichtlich gut, das Plattenlabel gewechselt zu haben und beim Produzieren sich von niemand anderem dazwischen funken zu lassen.
Anspieltipps sind mein persönlicher Fave „Stay For The Night“ und die Ballade „Everything I Want“.