EVEREVE - Tried & Failed
Label: Massacre Records
Man kennt es ja: So manche Band erhält im CD-Schrank einen Ehrenplatz. Ihre Scheiben stehen zu vorderst, aufgestellt wie am Schnürchen reihen sie sich aneinander, das Cover des besten Albums erinnert einen täglich an jene großartige Combo. Kommt dann eine neue Scheibe raus, muss der Metalfan sie sofort haben. Er kann nicht anders, auch wenn das Taschengeld, egal von wem in die Geldbörse gelegt, nicht mehr mal für das Dosenbier vom Hofer reicht. Aber diese neue EVEREVE, diese geniale Scheibe „Tried & Failed“, muss her – und der erste Durchlauf mit einem guten Whiskey und einer noch besseren Havanna gewürdigt.
Wenn Deutschland eine Vorzeige-Band im Gothic Metal-Bereich hat, dann ist es EVEREVE. Diese Truppe bürgt für Beständigkeit, Professionalität und für hervorragende Musik. In den CD-Schrank geguckt, hat sich ihr 1999er-Release „Regret“ einen Logenplatz gesichert – ganz vorne in der 550 Silberlinge zählenden Sammlung. Dieser Output gehört eindeutig zu den Top10-Alben. Was EVEREVE damals vorlegten, war nur schwer zu übertreffen. Das erreichten sie mit „11 Orgies…“ und „E-Mania“ nicht. Obwohl beide Scheiben für sich gesehen ebenfalls Meisterwerke waren. Es war aber die Ausgewogenheit der Aggression und verspielten harmonischen Elemente, die „Regret“ ausmachten – damals ein krasser Schritt der Band. „Stormbirds“ (1998) ging eindeutig in die härtere nahezu schon Black-Richtung. Der Wandel mag mit einem einschneidenden Erlebnis zu tun gehabt haben. Sänger Tom Sedotschenko beging Selbstmord, die Band sah sich existenziellen Fragen konfrontiert. Sie hielt aber durch, fing sich. Zum Glück. Dem Metal wären herausragende Musiker verloren gegangen.
Auch wenn die beiden Vorgänger-Alben „11 Orgies…“ und „E-Mania“ nicht an „Regret“ anschlossen: „Tried & Failed“ tut es ohne Zweifel. Vorsichtig ausgedrückt, da erst Juli, darf dieser Silberling jetzt schon zu den besten Gothic Metal-Releases 2005 gezählt werden. EVEREVE haben es nämlich geschafft, wieder diese ausgewogene Mischung herzustellen, wie sie die vier Musiker schon 1999 konstruiert hatten. Die Band präsentiert sich 2005 zwar musikalisch erneut weicher, baut noch mehr auf die harmonisch eingängige Spielart. Das tut der Sache aber keinen Abruch. Das Grobgerüst Gothic Metal ist immer noch vorhanden. Es liegt eindeutig an Sänger Michael Zeissl. Er variiert mit seinem Organ dermaßen dynamisch, dass es eine Freude ist, diese Gratwanderung aus melodischer und bedrohlicher Intonation zu verfolgen. Er scheut sich auch nicht, mal die leiseren und gefühlvolleren Töne anzustimmen. Diese verteilten Komponenten in Strophen und Refrains bilden eine Symbiose aus eben der Aggression und Harmonie – untermalt mit zumeist sphärischen Keyboard-Klangteppichen, ebenfalls von Zeissl. Die Gitarren rücken da fast schon in die zweite Reihe.
Das ist quasi das Grobgerüst des musikalischen Schaffens EVEREVEs. Was hinzukommt macht diese Band erst aus: Nahezu kein anderes Ensemble versteht es so ausgeprägt, über ihren Liedern einen Sack voll weiterer stilistischer Elemente auszustreuen, die sich wie die fehlenden Stücke in ein Puzzle einfügen. Sind es technomäßig anmutende Töne, sind es von Frauenstimmen gesprochene Passagen oder Industrialklänge, keines dieser Schmankerl ist überflüssig und fehl am Platz. Man möge verzeihen, aber nicht nur in dieser Hinsicht erinnern die großen EVEREVE an die noch größeren DEPECHE MODE. Mit dem einen Unterschied: Dave Gahan und Co. wurden in ihrer Szene immer richtig bewertet. Die Süddeutschen EVEREVE hätten mehr verdient. Volle Punktzahl - wir ziehen den Hut.







www.evereve.net


7 von 7 Punkten

Tracklist:
1. Thighs Wide Shut – Overture
2. Tried & Failed
3. You’re Mine
4. A Scornful Love
5. Desire
6. Pine Oil Heaven
7. I’m Not Afraid (Of Losing You)
8. Anima Sola
9. On Thin Ice
10. Hide From Me
11. Thighs Wide Shut – Reprise
12. Forsaken
13. Before Sunrise
14. Epilogue 2005
Gesamtspielzeit: 51:43

Philipp
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Beitrag vom 19.07.2005
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