ABYDOS ist - aus mathematischer Sicht - so was wie der dritte Exponent von VANDEN PLAS und wohl auch für den Schwebezustand der deutschen Progster verantwortlich, denn Bandleader Andy Kuntz musste, angesichts der überragenden Qualität dieses Konzeptwerks, seine Stammformation in letzter Zeit sicherlich etwas stiefmütterlich behandeln – das letzte VP-Album erschien bereits 2001. Dritter Exponent deshalb, weil Kuntz „Abydos“ dem bombastischen Prog-Metal VANDEN PLAS’ unzählige Elemente zuaddiert. Kleinere elektronische Synthesizer-Zäsuren, Breitwand-Chöre, typische Piano-Passagen wie sie in jede anständige Rockoper gehören, ein bisschen “Symphonik“, Effekte en masse und aller Art. Daraus entsteht ein mit AVANTASIA vergleichbares Phänomen: Auch wenn man persönlich nicht das Genre mag, in denen sich die jeweiligen Werke bewegen, muss man sich objektiv geradezu zwingend eingestehen, dass hier einige fantastische Songs am Start sind, bei ABYDOS noch mehr als beim EDGUY-Ableger. Inhaltlich basiert vorliegende Großtat auf Kuntz’ gleichnamigem Theaterstück, das sich wiederum teilweise ägyptischer Mystik bedient; musikalisch ordnet sich das Projekt irgendwo zwischen SAVATAGE und DREAM THEATER ein und ist zudem in sehr experimenteller Laune. Dem kompositorischen Genie Kuntz ist in erster Linie für die unglaubliche Homogenität und den Hookline-Reichtum des wortwörtlichen Longplayers zu danken, die gemeinsam ein mysteriöses Interesse am Geschehen generieren – man möchte einfach wissen, wie es weitergeht. Auch weil alle Songs stets auf große Gefühle setzen, schreit das Ganze eigentlich nach einer Bühnenbearbeitung, wie sie bisher einzig der Atridensage von VIRGIN STEELE in Memmingen zuteil wurde. Anspieltipps könnt ihr aus dargelegten Gründen vergessen, allerdings sind „You Broke The Sun“, „Silence“, „Hyperion Sunset“, „Radio Earth“, der Titeltrack und „Wildflowersky“ schon verdammt gigantische Songs!