ORPHANAGE - Driven
Label: Nuclear Blast
Manchmal ist es schon seltsam. Da hat man das Erstlingswerk einer Band gekauft, findet das ausgesprochen gut, verliert die Truppe aber aus den Augen. Aus welchen Gründen auch immer. Überrascht ist man, wenn acht Jahre später wieder mal eine Scheibe der besagten Musiker vorliegt. So nun geschehen mit ORPHANAGE. Eben acht Jahre ist es her, dass die Niederländer ihr Debüt „By Time Alone“ heraus brachten. Eine ausgesprochen gute Scheibe im Gothic Genre. Für damals aber wahrscheinlich zu innovativ, denn die Band blieb immer unterbewertet. Ansonsten wäre sie höher gen Himmel empor gehoben worden. Wie das so ist, manche Musiker sind eben zu wenig geschätzt, weil sie nur einen bestimmten Hörerkreis ansprechen. ORPHANAGE sind da keine Ausnahme. Das neueste Werk „Driven“ ist wieder ein einzigartiges Konglomerat Musik geworden, das durch seine Vielschichtigkeit nicht jedem Metalfan den Zugang gönnt.
Vielschichtigkeit dahingehend, dass die Band es zu verstehen weiß, Brachialität mit harmonischen Melodielinien zu vereinen. Knallen einem da die harten Riffs und bedrohlichen Growls von Sänger George Oosthoek in die Ohren, ertönt wie aus dem Off die markant-liebliche Stimme Rosan van der Aas. Nun darf vor allem das Wort lieblich nicht in die Ecke nach Maßstäben wie Liv Christine Espenaes (ex-THEATRE OF TRAGEDY) oder Cathrine Paulsen (TRAIL OF TEARS) verstanden werden. Die Sängerin ORPHANAGEs besticht durch ihr dominantes Organ. Eine weiche Stimme würde der Musik der Niederländer nicht stehen – was auch für die männlichen Kollegen, sowohl klarer als auch grölender Natur gilt. Genau da sind wir wieder zurück beim Thema Vielschichtigkeit. Der Liedaufbau ist konsequent so angelegt, dass er in einem musikalischen Feuerwerk mündet. Das Wechselspiel zwischen Rosan und George sowie choraler Ansätze unterstreicht den Weg zum Finale. Schon der Opener „The Sign“ ist der beste Beweis dafür. Melodisch führt die Sängerin mit ihrer „Arie“ in „Driven“ ein, bevor die restlichen Musiker samt Sänger sich ihrer Härte entledigen. Und plötzlich, ja plötzlich ist Rosan wieder da und holt den Zuhörer runter vom aggressiven Trip durch die Gedankenwelt ORPHANAGEs. Ein Konzept, das sich wie ein roter Faden durch das Album zieht – immer mit einem Schuss schräger Töne, die dem Fan mit Vorzug Harmonie aber nie die Nackenhaare aufstehen lässt. Dafür sorgen auch die orchestralen Keyboardklänge, die eine beruhigende Note in das Album hereinbringen. Wer eine gänzliche Verschnaufpause nach einigen Liedern Brachialität braucht, wird durch ein Instrumental runtergefahren - oder durch „Beyond The Fall“, dabei hat nur Rosan, mit männlicher Chorunterstützung, das "Sagen", die Riffs sind ausgeglichener.
Es ist als Gesamtwerk gesehen ein weiterer genialer Opus, den die Niederländer mit „Driven“ geschaffen haben. Aber eben wieder nur für eine spezielle Hörerschicht, die ja innerhalb des weit definierbaren Gothic-Genres wiederum unterteilt ist. Einzig die Gitarren dürften bei ORPHANAGE irgendwann mal geballter aus den Boxen kommen. Ansonsten: Volle Punktzahl, Probehören ist Pflicht – ihr müsst ja die Scheibe nicht gleich kaufen. Fürs Geld gibt’s was, nämlich fast 67 Minuten einzigartige Musik. Andere Bands schaffen nicht mal die Hälfte der Spielzeit, oder Herr Glenn Benton (DEICIDE)?



www.orphanage.net


7 von 7 Punkten

Tracklist:
1. The Sign
2. Black Magic Mirror
3. Cold
4. Prophecies Of Fame
5. Dead Ground
6. My Master’s Master
7. Back Gate
8. In Slavery
9. Truth Or Lies
10. Driven
11. Infinity
12. Addiction
13. Beyond The Fall
14. Ender’s Game
Gesamtspielzeit: 66:58

Philipp
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Beitrag vom 21.04.2004
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