BESEECH - Drama
Label: Napalm Records
Vom ersten Eindruck soll man sich nie täuschen lassen. Weder, wenn es um die Begegnung mit einem bisherigen Fremden geht. Noch, wenn es sich um die neue Scheibe einer Band handelt. Okay, ist der Musikstil total konträr zum eigenen Geschmack, dann ist der Rauswurf der CD aus dem Spieler verständlich. Aber selbst in diesem Fall gibt es immer wieder Überraschungen. Doch oft benötigt man eben einen zweiten, dritten und vielleicht sogar vierten „Hörgang“, um letztendlich hinter die Qualitäten eines Albums zu kommen. Das neue Werk der Schweden BESEECH, „Drama“, ist da keine Ausnahme. Erst mit jeder weiteren Rotation des Silberlings entpuppt sich das Werk als ein kleiner Diamant. Nachdem sich BESEECH vor Jahren vom Doom/Death Metal entfernt haben, ist das Sextett nun beim Gothic Metal angekommen und hat seine Passion gefunden. Denn dieser Stil steht der Band sehr gut zu Gesicht, das ist genau das Ding, was ihr liegt.
„Drama“ besticht vor allem durch eine hervorragende Gesangsleistung, die sich gerade bei den ersten Hörproben nicht gleich zu erkennen gibt. Nun muss man eines festhalten: Sängerin Lotta Höglins Organ klingt fast tupfengleich wie das von Anneke van Giersbergen (THE GATHERING). Vor allem das halb-balladeske Lied "Friend Emptiness", auf dem nur Lotta das Mikrofon bestimmt, könnte sofort in eine Scheibe der großen Holländer eingegliedert werden. Die Sängerin entfaltet ihre ganze Stimmgewalt mit einer bombastischen Fülle. Nicht nur was die Stimme betrifft, auch die Musik dieses Liedes geht vollkommen in die Ecke von THE GATHERING – theatralisch, druckvoll, aber doch melancholisch. Nun gut, versteifen wir uns nicht nur auf einen Song, denn die Scheibe hat einiges mehr zu bieten. Zum Beispiel das männliche Pendant Lotta Höglins: Erik Molarin. Er ersetzte Jorgen Sjöberg, der kurz nach der Tour mit THEATRE OF TRAGEDY und LACUNA COIL aus der Band ausgestiegen war. In seiner Stimme schwebt eine absolute Melancholie mit, erinnernd an SUNDOWN, TYPE O NEGATIVE und NICK CAVE. Beide ergänzen sich hervorragend. Auf der einen Seite das druckvolle weibliche Organ, auf der anderen Seite das tragende männliche. Als Höhepunkt der Scheibe kristallisiert sich "Bitch" heraus. Ein solch gelungenes Lied als Zwiegespräch beider Sänger ist nur schwer im Gothic-Genre zu finden. Das Interessante daran ist, dass Höglin und Molarin bis auf wenige Worte im Refrain nicht parallel den gleichen Text singen, sondern miteinander kommunizieren. Und das untermalt durch mitreißende Harmonien der restlichen Musiker im Kontrast akustischer und treibender Parts. Dieser Song könnte von seiner Dynamik her nicht besser gelungen sein. Die Schweden wissen zu variieren, auch mit weiteren Elementen wie gesprochenen Passagen. Das schiebt sie in die gleiche Ecke wie EVEREVE, die in dieser Hinsicht ungeschlagen sind.
BESEECH täte gut daran, sich zukünftig auf diese Art des Songwritings zu versteifen, den hervorragenden Opener "Drama" eingeschlossen. Denn: „Drama“ glänzt nicht durchgängig mit solchen Krachern. Die weiteren Lieder stellen zwar die Arbeit mancher Gothic-Kollegen in den Schatten, sind aber nicht alle auf einem gleichen qualitativen Level. Dafür einen halben Punkt Abzug von der Höchstnote.

www.beseech.net


6.5 von 7 Punkten

Tracklist:
1. Drama
2. Higher Level
3. Voices
4. Forever Falling
5. Bitch
6. Addicted
7. Come On In
8. Friend Emptiness
Gesamtspielzeit: 48:56

Philipp
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Beitrag vom 07.03.2004
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