THE GATHERING - Sleepy Buildings - A Semi Acoustic Evening
Label: Century Media (spv)
DIE ÄRZTE haben es getan. ALANIS MORISSETTE auch. Ebenso METALLICA samt Orchester. DIE HAPPY werden es demnächst tun. Die Rede ist von Unplugged-Konzerten, respektive -Alben. Es ist nicht jedermanns Sache. Muss es auch nicht. Aber eines wird deutlich durch die stromlose Musik: Sie offenbart ein Stück Können der Bands. Denn wie wichtig die Akzentuierung von Nuancen ist, beweist das Werk von THE GATHERING. Es ist keine reine Unplugged-Scheibe (live), die die Holländer geschaffen haben. Der Titel „Sleepy Buildings – A Semi Acoustic Evening“ trifft den Nagel auf den Kopf und ist die Begleit-CD zur Tour.
Eigentlich war diese musikalische Version des THE-GATHERING-Schaffens schon lange überfällig. Die Musik der Holländer ist prädestiniert dafür. Denn Anneke van Giersbergens Stimme wird dadurch noch weiter in den Vordergrund gerückt. Gut. Auf der anderen Seite muss man sagen, dass vor allem die neueren Werke der Musiker schon in diese Richtung gegangen sind. Der wirklich knallige E-Gitarren-Einsatz hatte von Scheibe zu Scheibe nachgelassen. Der Unterschied zwischen „Mandylion“ und „Souvenirs“ ist doch eklatant in dieser Hinsicht. Eklatant auch, dass sich die CD so anhört, als sei sie im Studio entstanden und der Applaus zwischenrein gepflanzt wurde. Naja.
Keyboard ist auf dem neuesten Album noch vertreten, ein E-Bass, wie es scheint, und eine Gitarre „mit Saft“. Nun nähern wir uns der kritischen Frage. Was soll dann dieses Album, wenn der Zustand „Unplugged“ fast zur Makulatur wird? Fassen wir es so zusammen, dass „Sleepy Buildings“ eine Retrospektive THE GATHERINGs darstellt mit abgespeckter Härte – nicht an Dynamik. Die ist es, die in all den bekannten Liedern aus den vergangenen Alben der Holländer vollständig erhalten bleibt und sogar noch gesteigert wird. Da sind wir wieder beim Ausgangspunkt, den Nuancen. Das Gerüst der Songs samt instrumentaler Umsetzung ist erhalten geblieben. Da aber bis auf Zwischenspiele die Musik weit in den Hintergrund rückt, hat Anneke genügend Spielraum, ihre Stimmgewalt zum Ausdruck zu bringen. Ihre verstärkte punktuelle Akzentuierung in den Strophen und Refrains gibt der Musik der Holländer eine noch gewaltigere Ausdrucksweise. Durch diesen geforderten Einsatz Annekes reicht sie in ihrer Arbeit wieder an alte Tage heran. Erinnern wir uns an das Erstlingswerk mit ihr, „Mandylion“. Die Wucht, die sie auf dieser Scheibe in ihrer Stimme hatte, erreichte sie auf den Folgealben immer weniger. Von daher hat dieses Werk seine volle Daseinsberechtigung. Heraus sticht auf „Sleepy Buildings“ gerade auch das auf der „Mandylion“ erschienene „In Motion Part II“. Meisterlich, welchen Tupfer Romantik diese abgespeckte und ruhigere Version erhalten hat. Okay, der für GATHERING-Fans sicherlich legendäre Refrain ähnelt sehr stark der bombastischen Originalversion – aber gerade die Symbiose aus Ruhe und Sturm macht dieses Lied anno 2004 zu einem Klangerlebnis. Wieso die Band aber nicht „In Motion Part I“ für dieses Semi-Akustik-Ereignis gewählt hat, bleibt ein Rätsel. Denn die erste Version (auch auf „Mandylion“) hat den einzigartigen Refrain mehrmals, nicht nur einmal wie in Part II.
Große Unterschiede gibt es auch nicht zwischen der Original-Version von „Shrink“ und der halb-akustischen auf „Sleepy Buildings“. Auf dieses Lied zu verzichten, wäre aber fatal gewesen. Das gilt auch für „Saturnine“ von „How To Measure A Planet“.
Zusammengefasst ist diese Scheibe unumgänglich, um die Sammlung von THE GATHERING zu komplettieren. Eine wirkliche Bereicherung sind aber nur die Stücke aus anfänglichen Alben mit Anneke (wie wir wissen, gab es zuvor weitere ohne Anneke). Denn gerade bei diesen Liedern stellt sich heraus, welche musikalischen Fähigkeiten die Band hat und es keiner harten Gangart bedarf, diese zu Krachern zu machen.


www.thegathering.nl


6 von 7 Punkten

Tracklist:
1. Locked Away
2. Saturnine
3. Amity
4. The Mirror Waters
5. Red Is A Slow Colour
6. Sleepy Buildings
7. Travel
8. Shrink
9. In Motion Part Ii
10. Stonegarden
11. My Electricity
12. Eleanor
13. Marooned
14. Like Fountains
Gesamtspielzeit: 72:41

Philipp
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Beitrag vom 17.02.2004
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