BIO´ROT - Live Und Schlecht
Label: Eigenproduktion
Es gibt einen Ort namens Donaueschingen. Der liegt in Deutschland, im Süden, der Landstrich nennt sich Baar. Abgesehen davon, dass diese Stadt von manchen in ihrer Wichtigkeit chronisch überbewertet wird, geht dort einmal im Jahr das wichtigste Festival für Neue Musik über die Bühne: Die Donaueschinger Musiktage. Menschen aus der ganzen Welt, großteils mental jenseits dieser Welt, strömen in die 20000-Seelen-Gemeinde, um sich die wirrsten Klangbilder anzuhören. Durcheinander spielende Violinen jagen das Schlagzeug in dessen musikalischer Schlacht mit den Triangeln und Bratschen. Oder anders herum: „Beyond The Boundary Of Silence“ eines russischen Komponisten demonstriert drei Musiker, die ihre Instrumente in äußerstem Zeitlupentempo dem Publikum demonstrieren. Das ist Neue Musik, der Geschmack ist hierbei aufs Extremste gefragt. Soviel dazu - hurz. Dass die Bremer Formation BIO’ROT dort noch nicht aufgetreten ist, da bleibt nur Kopfschütteln übrig. Sie wären die perfekten Kandidaten für ein halbstündiges Konzert. Das liefern die Jungs mit ihrem Silberling „live und schlecht ’02“ ab. Ein Wahnsinn, was diese Grindecorler da abliefern, aufgenommen in irgend einer Spelunke vor ihren treuesten Fans: Rolf, Fred und Schorsch. Ein geniales Feuerwerk aus ausgefeilten Riffs und Harmonien, das die Musiker aus Bremen – mit dem besten Fußballverein Deutschlands – inszenierten. Das Auge zwinkert, die Ironie kommt zum Zug.
Sie nehmen auf der einen Seite ihre musikalischen Fertigkeiten selbst nicht sonderlich ernst. Gut so, denn sonst hätten sie ein Problem. Auf der anderen Seite schlecht. So werden sie nie in Donaueschingen auftreten. Denn im Gegensatz zu BIO’ROT ist der dort organisierte Krach jenseits aller Rhythmik bei den Vertretern der Neuen Musik ernst gemeint. Die Bremer auf jeden Fall schaffen es nicht einmal, drei Akkorde gerade aus zu spielen. Gib einem Affen drei Zwickel und eine Gitarre, fertig ist eine Grindecoreband. Das Schlagzeug kann ja dann ein nüchterner Affe übernehmen. Denn die Drums sind noch das Beste an BIO’ROT. Die Band ist aber witzig. Gerade eben, weil sie es nicht ernst mit ihrem Krach meint. Der Gipfel sind Gesang und Texte. Da widmen sich die Norddeutschen sozialkritischen Komponenten und der ethnokulturellen Frage des Kriegs. Der Titel: „Hallo Krieg, Teil 1: Panzer, Panzer, jaaaaah Panzer!“ Der einzige gerade Satz darin neben den Wortfetzen Krieg, Panzer, Aaaaaah und Bier lautet „70 Jahre Krieg“. Okay, auch kein wirklicher Satz. Wie die Truppe auf 70 Jahre Krieg kommt, wir wissen es nicht. Mathe scheint auch nicht ihre Stärk zu sein. Ähnlich wie TURBONEGRO mit ihrem Lied „Turbonegro Must Die“ schlägt „Die, Die, BIO’ROT“ in die ähnliche Kerbe. Wenn beide Bands musikalisch auch nicht in der gleichen Liga spielen. TURBONEGRO würde es nie schaffen, die Massen so zu polarisieren. Weiter geht es auf der Scheibe mit den lyrischen Ergüssen wie „Der Wolf im Fuzzipelz“, „Die Mine Maja“ und „Frösche auf der Autobahn“. Ein Textblatt im Booklett wäre nicht schlecht gewesen. Denn der Sänger interpretiert die dichterisch anmutenden Worte in verzerrt-geschrienen „Aaaaahs“ – Grindecore eben. Eine Ode an MANOWAR leisten sich BIO’ROT (biologische Verwesung?) mit dem letzten Lied „Other Bands Kill, Bio’Rot Kills“. Es ist das Sahnestück der mit permanenten Hirnblähungen unterlegten Scheibe: PowerGrindcore par exellence. Hier ziehen die Bremer alle Register und beweisen, dass sie es doch auf zwei Akkorde schaffen – Kompliment. Und Hut ab vor dem Sänger. Der Unterschied zum großen Meister von MANOWAR ist fast nicht hörbar. Wieder zwinkert das Auge. BIO’ROT – live und schlecht. Eine Scheibe, die niemand braucht. Außer die Bandmitglieder selbst.


www.biorot.de


1.5 von 7 Punkten

Tracklist:
1. Nukular Noisecore
2. Die, Die, Bio’rot
3. Aaarrrgh!!!
4. Hallo Krieg, Teil ! Panzer, Panzer, Jaaaah Panzer!
5. I Cum Beer
6. A Tribute To Axcx
7. Der Wolf Im Fuzzipelz
8. Moshe Qabab
9. Die Mine Maja
10. Hacking With Steelscreamer
11. Fröscher Auf Der Autobahn
12. Other Bands Kill, Bio’rot Kills
Gesamtspielzeit: 29:01

Philipp
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Beitrag vom 16.01.2004
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