MAGELLAN - Impossible Figures
Label: Inside Out / Spv
Von MAGELLAN war mir bisher wenig mehr als der Name bekannt – und selbst das in einem anderen Zusammenhang. Vielen dürfte es da ähnlich gehen, weswegen ohne viel Umschweife ein biographischer Absatz folgt:

Gegründet Mitte der Achtziger von den Gebrüdern Wayne und Trent Gardner in
Kalifornien; erst 1991 debutieren MAGELLAN und ihr Label Magna Carta (mittlerweile Progmarktführer in den USA dank SHADOW GALLERY, SYMPHONY X und nicht zuletzt MAGELLAN), indem man „Hour Of Restoration“ veröffentlichte – für beide Parteien ist es die erste Scheibe; drei weitere und unzählige Projekte (v.a. EXPLORER’S CLUB und LEONARDO) folgen, bevor man sich trennt; inzwischen sind die Gardners bei den deutschen Inside Out gelandet; bis auf die Drums und sporadisch auftretende Gastmusiker sind die Multiinstrumentalisten selbst für ihren breit gefächerten Sound verantwortlich, die MAGELLANs produzieren darüber hinaus generell alleine.

Grundsätzlich lässt sich das Duo grob zwischen 70er RUSH und 80er SAGA einordnen, expandiert allerdings auf „Impossible Figures“ über kanadische Einflüsse hinaus und lässt sich international inspirieren. Speziell „A World Groove“ demonstriert, wie World Music zu klingen hat: Ein “Dschungelrhythmus“, mit entsprechenden Samples unterlegt, eröffnet, wird kurz von fernöstlichen Flöten unterbrochen und mündet schließlich in einen fetten, brasilianischen Samba-Beat, woraus ein jazziger, sehr groovebetonter Rocker mutiert, der sich wiederum abwechselnd mit indianischen Gesängen, orientalischen Passagen und supereingängigen Gitarrensoli einlässt. Der Song sprengt mit einer geradezu unverschämten Unbekümmertheit kulturelle Grenzen und fasst frech vier Kontinente musikalisch in etwas über sechs Minuten zusammen. Kompositorisch scheinen sich die Brüder blind zu verstehen, andernfalls wäre die Stilvielfalt des Albums nicht möglich. Dabei beginnt man eher konventionell und genrebewusst mit viel Keyboard-Bombast in handelsüblicher Introform („Gorilla With A Pitchfork“). Doch bereits die ersten Töne von „Killer Of Hope” verdeutlichen, dass MAGELLAN stilistisch zurzeit recht lässig unterwegs sind, soll heißen, die Musiker ersticken nicht an ihrer Eitelkeit oder irgendwelchen Vorgaben ästhetischer Art, sondern experimentieren wie’s ihnen gerade in den Sinn kommt. Dabei arbeiten die beiden gern mit Widersprüchen. So wird der poppig-eingängige Refrain mit absolut vertrackten Rhythmusfiguren konfrontiert und die modernen Riffs antiquierten 80er Keys gegenübergestellt, was im Endeffekt in kurzweiligen zehn Minuten herrlich funktioniert. Im Anschluss überraschen die Amis mit der Goldberg-Variation Nr.8, einem heiteren, kurzen Piano-Stück, welches abrupt endet und von feierlichen Bläsern abgelöst wird, was anfangs doch etwas gewöhnungsbedürftig erscheint, fände das Bläserthema nicht im folgenden „Late For Church“ in epischerer Form erneut Verwendung. Schon merkwürdig, dass der an sich recht fröhlich-ausgelassene Progrocker dennoch so homogen mit den ernsten Bläserarrangements harmoniert, da Song und Bläser eigentlich völlig unterschiedliche Stimmungen transportieren. Es folgt ein weiteres rein instrumentales Lehrstück namens „Confessor’s Overture“, welches entfernt nach der „House Of Atreus“ von VIRGIN STEELE klingt, das ähnlich genial edle Pianoklänge mit profanen Keys verband. „Hymn For A Heathen” hingegen könnte auch eine Leihgabe von QUEEN sein, sehr einfallsreich arrangiert und mit Mercury-artigen Melodielinien endveredelt. „Counterpoints“ tendiert mit seiner großartigen Rhythmik gar Richtung Funk, womit MAGELLAN in Sachen Experimentierfreudigkeit ihr Pulver vollends verschossen haben und mit „Feel The Cross“ sehr gemächlich und sehr an SAGA erinnernd ins Ziel spazieren.

Bleibt noch zu erwähnen, dass das Cover-Artwork den Titel ziemlich perfekt wiedergibt, des Weiteren an den großen Hugh Syme erinnert, der in Progkreisen einen ausgezeichneten Leumund genießt und dass Inside Out, wie immer bemüht um Fans der ersten Stunde, zeitgleich eine Limited Edition veröffentlicht, die immerhin einen Bonustrack offeriert.


www.web.infinito.it/utenti/r/racioppa/magband.htm


6 von 7 Punkten

Tracklist:
1. Gorilla With A Pitchfork
2. Killer Of Hope
3. Bach 16
4. Late For Church
5. Confessor’s Overture
6. Hymn For A Heathen
7. A World Groove
8. Counterpoints
9. Feel The Cross
Gesamtspielzeit: 45:16

Tobias
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Beitrag vom 09.12.2003
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