GOREROTTED - Only Tools And Corpses
Label: Metal Blade Records
Während der typische Amerikaner oft - nicht ganz zu Unrecht - als räudige, unzivilisierte Lebensform angesehen wird, gilt sein britisches Pendant als ausgeglichener, gesitteter Mensch mit Kultur, Liebe zum Detail und Neigung zu - oftmals familiärer - Atmosphäre. Als wichtiger Bestandteil des Tages wird im Inselstaat - nebst dem Zwecke als Balsam für das körperliche und geistige Wohl auch ein wichtiger sozialer Faktor - die nachmittägliche Teezeit angesehen, und die Geschichte zeigt, mit alten Traditionen sollte man nicht brechen.
"Boys and girls, are you ready to Rock'n Roll?" fragt der gute alte, manische Cryptkeeper in der Introduktion und erklärt hiermit ohne weitere großartige Umschweife die etwas andere Teezeit für eröffnet; im Falle GOREROTTED herrscht statt Sitte, Ordnung und Harmonie jedoch - Chaos und Anarchie, die wohlig dampfende Tasse Tee (vorwiegend mit Milch abgeschmeckt und einem Stück Zucker versüßt) wich einem Napf gefüllt mit einem ebenso dampfenden Gemisch verschiedenster Sekretionen - auf die eine oder andere appettitliche Weise beschafft - und anstatt der liebevoll auf einem Teller platzierten Cookies und After Eight labt sich das tobsüchtige Sextett an allerlei Gehacktem, Rohem oder auch Geschnetzeltem, hauptsache deftig und "englisch".
Bereits das Vorwerk, nicht minder geschmackvoll mit "Mutilated In Minutes" betitelt und gleich in drei Auflagen - zwei davon beim Stammlabel Dead Again Records und einer auf Relapse Records - veröffentlicht, sorgte für Aufsehen und massig Gesprächsstoff. Ebenso verspricht der mir zur Rezension vorliegende Zweitling - diesmal über Metal Blade veröffentlicht - eine Unmenge an tiefschwarzem Humor, aber auch musikalischen - vielleicht nicht gerade beim ersten Durchlauf erkenntlichen - Qualitäten; skrupellos, ohne jegliche Hemmungen und frei von jeglichen Tabus präsentiert GOREROTTED nicht nur eine logische, sondern auch ausgereiftere Fortsetzung des Debüts. Klischeebetont schlachten die Briten im wahrsten Sinne des Wortes hierauf die genreüblichen Leitbilder aus, geifern mit ihrem typisch-morbiden Charakter und avantgardistischer Unbekümmertheit nach Polarisierung, präsentieren mit "Only Tools And Corpses" ein weiteres Mal ihre Exkretionen.
Einerseits völlig stumpfsinnig, auf der anderen Seite aber auch stets mit fiesen Wiederhaken versetzt, nisten sich auch die neuen Kreationen gnadenlos in das Langzeitgedächtnis ein, ja - krallen sich schon beinahe wortwörtlich in jeder nur erdenklichen Gehirnwindung fest, eine Fertigkeit, die in diesem extremen Genre nicht viele Kollegen derart spielerisch und zwanglos beherrschen. Insbesondere der Einsatz dreier völlig divergierender Sänger hebt GOREROTTED nachwievor über die Kollegschaft hinweg, sowohl musikalisch als auch stimmlich und lyrisch treiben es die Engländer wiederum an die Spitze (und noch ein gutes Stück darüber hinaus), fernab jeglicher geschmacklichen Regeln oder Konventionen - Grenzen sind (wenn auch nicht in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht realisierbar, dann zumindest aber in musikalischer) dazu da gesprengt zu werden.
In bizarrster Weise, dennoch gewitzt und gleichsam höchst präzise, interpretiert man die pathologisch exaltierten Texte mit einer musikalischen Variation und Vielfalt, dass es nur selbstverständlich scheint, dass selbst von den vorgewarnten Opfern kaum Widerworte, dafür aber umso perplexere Gesichter dargebracht werden. Mit der Geschwindigkeit und Abwechslung von EXHUMED, dem kindlich-verspielten Vergnügen von MACABRE und dem bereits von PUNGENT STENCH bekannten, ausgeprägt-beißenden Sinn fürs Überzeichnete beschränken sich die durchaus talentierten (aber offensichtlich psychotisch-exzentrischen) Musiker jedoch nicht nur auf das altbewährte - und mancherorts überbewertete - Hackebeil, vielmehr setzt man auch in musikalischer Hinsicht auf unberechenbare Kreativität und eine atemberaubende, verblüffende Dynamikturbulenz.
Hinzu kommt auch noch eine tadellose Produktion, welche zumindest vergleichbare Letztveröffentlichungen wie beispielsweise "Anatomy Is Destiny" (EXHUMED) oder auch "Mondo Medicale" (IMPALED) in den Schatten stellt, sowie eine an eine (dis-)harmonische Symbiose aus Leatherface und CARCASS erinnernde Aufmachung.
Definitiv ein Fall für alle Pantophagisten mit Geschmack, Sitte und Kultur - die "englische" Generation des Gore-Fetischisten, sozusagen.

www.gorerotted.com


6.5 von 7 Punkten

Tracklist:
1. Zombie Graveyard Rape Bonanza
2. Hacked In The Back And Dumped In A Sack
3. Fuck Your Ass With Broken Glass
4. Only Tools And Corpses
5. Her Gash I Did Slash
6. Can´t Fit Her Limbs In The Fridge
7. Village People Of The Damned
8. Masticated By The Spasticated
9. To Catch A Killer
Gesamtspielzeit: 29:13

Macabre
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Beitrag vom 17.11.2003
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