Thrash Metal lebt! Und wie er lebt, nämlich hocherhobenen Hauptes und stets bereit, jedem und jeder den Stinkefinger zu zeigen, merkt man, wenn eine nette Demo-CD der Darmstädter Jungs von ABANDONED im Discman landet. Die Ambitionen dieser Band reichen bis ins Jahr '99 zurück, 2000 erschien das erste in Eigenregie aufgenommene Album „Forcefed“, das mit sehr positiven Rezensionen trumpfen kann, und nun liegt das zweite Opus namens „Misanthrope“ vor.
Der Titel kommt nicht von ungefähr, wie gesagt, der Mittelfinger mit Dreck unterm Nagel ist ein zentrales Thema im Riffing. Zusätzlich stelle man sich ein kleines Kind vor, das mit Legosteinen ein kleines Kunstwerk nur deshalb schafft, um es nachher genüsslich zu zerstören, und zwar möglichst laut und mit viel Aufmerksamkeit der Umgebung. Ja, ABANDONED dürften diese destruktive Ader aus der Kindheit mitgenommen haben und integrieren es als Relikt derselben in ihrer Musik. Im Großen und Ganzen spielen die Deutschen klassischen Bay Area-Thrash à la alte TESTAMENT oder DESTRUCTION und haben sich somit für den absolut geraden Weg im Metal entschieden, doch im Unterschied zu den Stilkollegen höre ich besagte Zerstörungswut und das Kragenplatzen eines cholerischen Postbeamten deutlich heraus, was zu in diesem Stil nicht gerade leicht zu erreichender Eigenständigkeit beiträgt. Es kann aber durchaus sein, dass nicht das Was, sondern das Wie respektive das wie Gespielte diesen Eindruck vermittelt, zumal man sich doch etliche Freiräume und Möglichkeiten im instrumentell technischen Bereich einräumt. Gitarrensoli der oberen Klasse oder präzises, treibendes Drumming stellen absolut keine Probleme dar, sodass diese technische Komponente den gewissen Riffs zusätzliche Akzente verleiht. Beides, das Wie und das Was, spräche für die Band, also möchte ich mir hier keinen Kopf machen.
Der Gesang erinnert teilweise an Evan Seinfeld, auch die für BIOHAZARD typischen Group Shouts finden hie und da ihren Platz und kommen in den langsameren Groove Parts von „Misanthrope“ optimal zur Geltung.
Geboten werden sechs Songs plus (ich zitiere) einem „Bonus Dreck“, der wohl unter viel Alkohol und daraus resultierendem Klogang samt Hose Auf- und Zumachen entstanden ist – kauft das Album, dann wisst ihr, was ich meine, mich haben sie auf jeden Fall zum Lachen gebracht. Die Produktion ist überdurchschnittlich gut, von Demo-Standards kann wohl kaum mehr die Rede sein. Alle Instrumente sind klar definiert, aufeinander abgestimmt und ergeben somit ein homogenes Klangbild. Gut gemacht. Auch finden wir ein äußerst attraktives Booklet samt gepresster CD vor, was nochmals zu Punkteerhöhungen meinerseits führt. Die Spielzeit ist mit 24:33 etwas knapp, doch dass ein Studioaufenthalt ohne Label im Nacken nun mal kein Rumlümmeln am Tennisplatz ist, wird einleuchten und für Verständnis sorgen.

Wenn man weiterhin derart ambitioniert und musikalisch topfit den Pfad des Musikbusiness beschreitet, ist der Plattenvertrag wohl nur noch eine Frage der Zeit.
Zu haben gibt’s das gute Stück bei Holger Ziegler abandoned@gebolze.de um 6 € plus Porto. Dieser Preis ist mehr als gerechtfertigt, buy or die!