NICKELBACK - The Long Road
Label: Roadrunner Records
Jesus samt Band ist wiederauferstanden – und wir haben nicht mal Ostern! Welch ungeheuerer Druck musste wohl auf den Schultern der amerikanischen Nordmannen gelastet haben, nachdem sie mit ihrem Vorgängeralbum „Silver Side Up“ einen kometenhaften Aufstieg durchlebt hatten? Was würde das neue Album bringen? Erfahrungsgemäß kann ein neuer Stern am Markt bei der Präsentation des Nachfolgers nur verlieren. Die Erwartungen sind zu groß, die gebotene Leistung zu angepasst oder stagnierend (je nachdem), der Vorgänger zu gut. Die viel zitierte und schon zum Gemeinplatz mutierte Jahrhundertaussage Albert Einsteins (ich weigere mich, sie auszusprechen) beschreibt das Szenario und mein Problem wohl am besten. Kann man überhaupt so eine Band mit ihrem Nachfolger gerecht bewerten, zumal doch der große Bruder unweigerlich eine Messlatte gesetzt hat?
Freut euch, die Antwort ist ja! Denn NICKELBACK haben mich nie sonderlich tangiert, weder fand ich je besonderen Gefallen an ihrer Musik, noch fand ich sie besonders schlecht - NICKELBACK halt. Stil beschreibend braucht man keine großen Worte zu verlieren: Die Kanadier aus Vancouver sind damals, als der Nu Metal noch in den Kinderschuhen steckte, nicht auf den Trend-Zug aufgesprungen, eine gute Entscheidung, befindet sich jener Zug doch mittlerweile schon auf dem Abstellgleis. Nu Metal ist OUT! Das ist die Kehrseite der Medaille des wahnwitzig erfolgreichen, aber kurzlebigen Musik-Business’: Je höher du steigst, desto tiefer kannst du auch fallen, eine logische Konsequenz dabei: Je schneller du den Gipfel erklimmst, desto schneller wirst du auch wieder unten sein. Bei NICKELBACK allerdings muss man kleine Ad-hoc-Hypothesen einwerfen, möchte man mit einer in sich griffigen Theorie aufwarten: Auch wenn von Seiten der Band oftmals betont wurde, dass man sich keinem Trend angeschlossen und den Nischenplatz „Rock“ im Business eingenommen habe, muss man doch bemerken, wie es denn wirklich aussieht in der kranken Welt der Pop Musik. Der Nischenplatz war Nu, der erdige Pop-Rock von den Silberrücken mehr Pop als Rock, also keine Nische! Punkt!
Also, der Platzhirsch neben 3 DOORS DOWN, CREED und Co. trachtet wiederum nach der Pop-Krone, und die scheint nicht weit entfernt. „The Long Road“ ist genau das, was man sich von Kroeger und Konsorten erwartet hat: Erdiger Pop-Rock mit einem gesunden Schuss Grunge. Fast nahtlos wird an den Vorgänger angeschlossen - und das überaus gut, denn wir wissen, worin ihre Stärke liegt: gut performte Rock-Ohrwürmer zu schreiben. Das Pop-Business erfordert hier radikale Strukturen; du nimmst eine Strophe, einen Refrain, ein Interludium und stückelst das Ganze zu einem leicht verdaulichen Pop-Rock-Ohrwurm zusammen, der dir auf Anhieb gefällt, dir aber spätestens nach zehnmaligem Anhören gewaltig den Silberbuckel runterrutscht (siehe H.I.M.). Macht nichts, schreibst halt den nächsten. So sei es, und das ist auch gut so!
„The Long Road“ lässt sich wunderbar in zwei Sparten unterteilen. Die erste Gattung schlägt in dieselbe Kerbe wie Rock-Schnulzen à la „How You Remind Me“. Die zweite setzt sich aus den etwas groovigeren Rock-Hymnen samt Tamburin-Refrains zusammen. Dazwischen gibt es wenig Spielraum, braucht aber auch keiner. Gesungen wird über die Querelen der Liebe, oder über liebe Querelen mit peripheren oder auch näheren Bekanntschaften.
Der abermals von Randy Staub kreierte Mix ist genau das, was sich so mancher vom neuen METALLICA-Album erwartet hätte: Ein dicker Koloss voller Transparenz – charttauglich eben.

Mit dem limitierten Digi-Pack bekommt man übrigens drei durchaus brauchbare Bonus Tracks dazu. Ich hör’s mir gern an, die Songs sind nett, solide und haben einen netten klassischen Rock-Touch, die Band will auch nicht mehr. Was soll ich sagen – NICKELBACK halt.

www.nickelback.com


4.5 von 7 Punkten

Tracklist:
1. Flat On The Floor
2. Do This Anymore
3. Someday
4. Believe It Or Not
5. Feelin' Way Too Damn Good
6. Because Of You
7. Figured You Out
8. Should've Listened
9. Throw Yourself Away
10. Another Hole In The Head
11. See You At The Show
12. Saturday Night's Alright (for Fighting) - Bonus Track
13. Yanking Out My ... - Bonus Track
14. Learn The Hard Way - Bonus Track
Gesamtspielzeit: 50:55

Hansi
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Beitrag vom 10.10.2003
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