MELY - ...Reel Through My Wave
Label: Eigenproduktion
Was ist der Unterschied zwischen Traurigkeit und Melancholie? Traurigkeit steht für durch unvorhergesehene Geschehnisse erzeugtes seelisches Unbehagen. Melancholie ist provoziert - oder zumindest fühlt man sich nicht unbedingt unwohl in einer solchen. MELY aus dem Kärntner Drautal brauchen nicht so wie ich Haarspalterei und Begriffsfetischismus praktizieren, sondern beantworten diese Gretchenfrage mit zehn Liedern auf ihrem aktuellen Longplayer „…Reel Through My Wave“ - eine Ode an die Melancholie. Die Band malt bereits seit 1999 die Welt schwarz und beglückten schon einige Monate nach ihrer Geburtsstunde die Welt mit ihrer Debüt „There are Days…“.
Dem Schlagwort „Melancholie“ wird gleich „Gothic“ als Musikrichtung zugeordnet. So einfach ist es wohl nicht, aber ein gesundes Gothic-Fundament haben MELY durchaus in ihrem Musikmix vorzuweisen, wobei etliche Einflüsse aus dem Elektro- Rock- und Metalbereich zu einem sehr ausgewogenen Klangbild beitragen. Der Begriff „Gothic Rock“ trifft wohl den bespielten Stil am besten. So viel dazu.
Rein mit der CD. Doch was hör ich da? Clean Vocals (noch dazu mit glasklarer Aufnahme derselben) auf einer Demo-CD?! Na das kann ja heiter werden, zumal sich schon etliche „Spezialisten“ in diesem Genre Gesangstalent attestierten. Mit der Zeit staunte ich aber nicht schlecht, da sich all meine Befürchtungen nicht bewahrheitet haben, sondern eines Besseren belehrt wurden. Nicht nur, dass Gitarrist/Sänger/Mastermind Andreas Mataln die Töne trifft. Nein, er „singt“ auch wirklich und reüssiert mit einer fassettenreichen, charakteristischen Stimme! Er fühlt mit der Musik, integriert sich, rundet ab und bereichert zur gleichen Zeit. Töne treffen können viele, singen nur wenige, sag ich immer. Also Hut ab - und vor allem: danke! Unsere Freunde mit dem absoluten Gehör werden jetzt natürlich aufmucken und die ein oder andere Stelle finden, an der nicht 100%ig aufs Herz genau performt wurde, doch das ist mir, der Band und dem gemeinen Musikkonsumenten vollkommen egal.

Die gebotene Musik ist freilich kein Workshop für die Techniker in unseren Reihen, ihre Stärke liegt vielmehr in ihrer Eingängigkeit, den wunderschönen Melodien und Harmonien und dem fantastischen Zusammenspiel der Band. Bei solch einem Stil geht es bekanntlich um das gewisse Etwas: Plötzlich auftretende Akustikgitarren in einem Song können furchtbar lächerlich, deplatziert oder sonst was wirken. Das gewisse Etwas aber verschafft der banalsten Melodie und auch besagter Akustikgitarre nötige Glaubwürdigkeit und – ich möchte sagen – Autorität, sodass es bei dem einen gefällt, bei dem anderen missfällt, dem leider nicht Musengeküssten. MELY wurde eindeutig geküsst, dazu möchte ich gratulieren.
Das Artwork passt sich dem Stil perfekt an, verträumtes Weiss, eine impressionistisch gehaltene Zeichnung und die altbewährte spiegelverkehrte Schrift auf Hochglanzpapier (!) (nicht vergessen: Demo-Band) lassen das Cover zu einem Sujet für verträumte Seelen werden. Innen findet man obligatorische Bandfotos, Texte und Co.
Einziger Wermutstropfen stellt die für meine Begriffe unnötige Coverversion von URIAH HEEP’s „Lady In Black“ dar. Sie stört und durchbricht den roten Faden des Albums, auch die eigenwillige Interpretation dieses einzigartigen Songs weiß nicht zu überzeugen. Schwamm drüber …

Ich möchte hier von einem Konzeptalbum sprechen, hinter dem eine Menge Schweiß, Arbeit und womöglich auch Geld steckt. Außergewöhnliches braucht man nicht zu suchen, doch wer erwartet oder vielmehr möchte das schon beim salonfähigen Gothic Rock? Man möchte schöne, eingängige Musik zum Träumen und Augenschließen hören, und davon bekommt man ausgezeichnete und davon reichlich. Auch ohne Demoband-Bonus würde ich ohne Weiteres die 6 zücken, aber den Bonus haben sie sich beim URIAH HEEP-Cover verspielt, was mich schon fast ärgert! Also bleibt es bei der 6, zur Höchstnote reicht es vielleicht beim nächsten Mal.

www.mely.at

MP3 - FILES:
Dust (File liegt auf www.mely.at)
Lady in black (File liegt auf www.mely.at)

6 von 7 Punkten

Tracklist:
1. -
2. Dust
3. Shadows
4. To Be
5. Euphoria
6. Lady in Black
7. Wanna Flee
8. My Wave
9. -
10. 31st of April
Gesamtspielzeit: 50:02

Hansi
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Beitrag vom 09.10.2003
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