SAMSAS TRAUM, der Name wie ein Tor zu einer wirren, seltsamen oder sagen wir - sehr eigenen - Welt. Vor Jahren stolperte ich mal über "Die Liebe Gottes", mit dem Untertitel "Eine märchenhafte Black Metal-Operette" und seit damals hat sich eigentlich bei dem theatralischen Projekt von Alexander Kaschte nichts verändert: Ein Album wie ein Buch zu lesen und hören, mit Charakteren und wohl einer geteilten Hörerschar, die einen verehren SAMSAS TRAUM als Kult, die anderen versehen die Band mit dem Prädikat "lächerlich-lachhaft". Bei dem neuen Werk "Tineoidea oder: Die Folgen einer Nacht - Eine Gothic-Oper in Blut-Moll" konnten zahlreiche Künstler für ihr Mitwirken gewonnen werden, während Alexander Kaschte die meisten Charaktere übernimmt, kommt es zu Gastauftritten von Susanne Stierle (OPHELIA'S DREAM), Chris Pohl und Constance (BLUTENGEL), Thorsten Schneyer und Susanne Stitz (ADVERSUS), Celine C. Angel (SANGUIS ET CINIS) oder Johannes Berthold (ILLUMINATE). Meine CD umfasst 12 Songs, doch bei Amazon gibt es auch die Deluxeversion - eine Doppel-CD. Soviel als Vorabinformation, nun zum Album an sich: ...

Soviel dazu? Nein. Aber die komplexe Dichte, das Theater, die Fülle, die einem geboten wird, ist nur schwer in Worte zu fassen. SAMSAS TRAUM - sprich Alexander - verlässt die Grenzen der Musik, inszeniert konzeptmäßige Texte samt Coverartwork und Bookletillustrationen zu einem großen Ganzen, die Einzelkomponenten verschwimmen, sie werden zu einem Film oder, da die Musik ja eine wichtige Rolle spielt, zu einem Muscial. In einer skurilen, surrealen bis makaberen Welt begleitet man Lilith, Samuel, begegnet dem grandiosen Chor der toten Namen, dem Skelettballett, die Geschichte zu erzählen, würde zu weit führen, man muss dieses Theaterstück erleben! Durch die Priorität des Konzepts, der Texte, geht die Musik oft unter, die Gitarren sind eher in den Hintergrund gemischt und das Drumming (wahrscheinlich Drumcomputer) wirkt sehr maschinell und glattgeschliefen, vermisst Verspieltheit, aber diese Punkte sind für das Gesamtwerk nicht so wichtig, auch wenn man musikalisch einiges mehr rausholen könnte. Bläser, Keys, Stimmen, alles passt sich der jeweiligen Thematik des Songs an, mal sogar relativ hymnisch, dann wieder gruselig, düster, Erzählstimme, Gesang, Chor, Gekrächze, Doublebass, Darkwave-Drums, Elektroelemente, alles wird vermengt, vermischt, aufgetischt. Lyrik und Musik werden zu einem Film gesponnen, einem Musical, wenn man sich damit beschäftigt, beginnen die Bilder im Kopf sich zu bewegen, dieses Album in einem Theater als Musical aufgeführt wäre ein Spektakel sondergleichen! Mythologische Elemente werden gekonnt in die Moderne geführt, samt TV und Pumpgun und Drogen a la Speed.

Als ich zum ersten Mal so nebenbei reinhörte, fand ich die CD ziemlich belanglos, da die Musik, insbesondere Gitarren und Drumming, nicht besonders weltbewegend sind, aber SAMSAS TRAUM ist wohl anders gedacht: Man nehme das Booklet, höre das Album von vorne bis hinten, lese sich die Texte während des Hörens, sehe sich die Bilder an und lasse seine Phantasie fliegen...Text nimmt Gestalt an, Charakteren wird Leben eingehaucht, willkommen in der Welt von Alexander Kaschte. Für Metaller, die nur harte Musik wollen und mit Konzepten, Lyrik, Theatralik nichts anfangen können, ein nichtiges Werk, aber für Theaterliebhaber und Kunstfreunde ein Kleinod!