Von NOCTE OBDUCTA habe ich bisher nur Gutes gehört, aber noch keine Musik. Dementsprechend gespannt schob ich deren neueste Mini in den Player und wurde auf's Angenehmste enttäuscht: Erwartet habe ich irgendwas zwischen AGATHODAIMON, die eng mit NOCTE OBDUCTA verbunden sind – beide Bands kommen aus Mainz – und DARKTHRONE, bekommen habe ich ein schön melancholisches, auf gängige Genrevorgaben scheißendes Black Metal-Werk mit lesenswerten Texten und fantastischen Arrangements. Ausgesprochen Doom-lastige Passagen mit cleanem Flüstergesang treffen immer wieder sehr harmonisch auf epische, melodiöse Riffs, unterlegt von raumfüllenden Keyboards, wie sie einst von DISSECTION geprägt wurden. Atmosphärisch erinnern die fünf Tracks der CD-Version (die limitierte Vinylausgabe enthält als Bonus noch „Ascheregen“) an SADISTs „Above The Light“, das musikalisch konträre Stile ähnlich homogen miteinander verwob wie „Stille“. Beeindruckend gleichfalls zu welcher Fragilität NOCTE OBDUCTA im Stande sind, sowohl lyrisch, als auch kompositorisch: „Die Schwäne im Moor“, der Opener, ist im Tempo sehr gemäßigt und lebt von nur wenigen Riffs, die Vocals sind komplett clean, erinnert sehr an MY DYING BRIDE. Noch eine Stufe entspannter beginnt „Töchter des Mondes“, das jedoch im ständigen Wechselspiel mit krassen Black Metal-Parts steht, was dem Song ungemeinen Abwechslungsreichtum verleiht, trotz der - im positiven Sinne - zähflüssigen Riffs. Bei „Der Regen“ steigert sich das Tempo erstmals, woraus in Verbindung mit einigen absolut fiesen Death Metal-Riffs ein Referenz-Song melodischen Black Metals resultiert. „Tage, die welkten“ besticht durch schöne Metaphern und gewichtige Gitarren im Stil sehr alter PARADISE LOST, wie auf der gesamten Mini halten sich die Keyboards hier bedeckt und agieren stets songdienlich. „Vorbei“ ist, wenn man so will, die einzig reinrassige Black Metal-Komposition, obwohl auch hier - in Form eines Piano-Outros - experimentiert wird.