GEYERS - Und Dein Roter Mund
“Gewidmet Ritchie Blackmore in freundlicher Verbundenheit” steht da am Ende des Booklets und dahinter steckt eine Geschichte: Einige der Musiker, die unter dem Namen GEYERS operieren, spielen schon seit geraumer Zeit Musik der Renaissance, oder solche, die von dieser Epoche, dem Mittelalter oder auch verschiedenen Volksmusiken inspiriert ist, und das hat wiederum den Gitarrenhelden Blackmore dazu inspiriert sein Projekt BLACKMORE’S NIGHT ins Leben zu rufen. Als Dank ließ er GEYERS bei seinen Deutschlanddates als Vorgruppe spielen und es kam auch zu Kooperationen.

Die Klientel von BLACKMORE’S NIGHT dürfte sich mit der Musik der vier Deutschen anfreunden können und auch handwerklich kann man GEYERS nichts nachsagen, ich persönlich habe dann aber doch meine Schwierigkeiten mit “Und Dein Roter Mund”: All zu oft werden die Nummern mit anachronistischen Versatzstücken vergewaltigt, die zwar eindeutig in eine andere Epoche verweisen, aber das eigentlich gar nicht wollen. Das Resultat ist Renaissance-Easy Listening. Man höre nur das schreckliche Arrangement der Rhythmusinstrumente bei dem Instrumental “La Rotta” an. Da trifft ein Klassiker der Renaissance auf Rhythmen, die eindeutig wo anders hin verweisen, die aber hier nicht als avantgardistisches Experiment mit Renaissancemusik durchgehen, sondern für mich einfach nur ein Nicht-Verstehen der Musik darstellen.
Dieses Nicht-Verstehen beziehungsweise diese Musik so zu interpretieren wie ich es total unpassend finde trifft vor allem auf die Lieder mit Gesang zu. Da wird aus einer Nummer von Tilman Susato (16.Jahrhundert) ein Unplugged-Popsong. Aber Hauptsache man musiziert auf historischen Instrumenten und trägt Roben aus vergangenen Tagen...
Den Vogel abzuschießen gelingt allerdings der Interpretation von “Pastime With Good Company”, eines ursprünglich aus der Feder Henry VIII. stammenden Liedes, das zwar musikalisch im grünen Bereich, allerdings von der gesanglichen Leistung schlicht und einfach eine Frechheit ist. Da wird einmal nicht auf deutsch gesungen - was ja an und für sich eine gute Idee ist, hat ja gerade das alte Englisch einen wunderbaren, erhabenen Klang, siehe Shakespeare und die Renaissance haben in diesem Land tolle Musik hervorgebracht, siehe Dowland - und dann geschieht das mit dem übelsten deutschen Akzent, den man sich überhaupt nur vorstellen kann. Den Dichterkönig würde es genauso im Grab umdrehen, käme ihm das zu Ohren, wie es mir die Haare aufstellt.

Meiner Meinung nach etwas für hoffnungslose Nostalgiker, die zu alt für Katastrophenbands wie IN EXTREMO oder SUBWAY TO SALLY sind, aber zu jung um im Endstadium ihrer Senilität zu glauben - nein! - zu wissen, dass sie Don Quixote sind.

Mein Schlusswort:
Alte Musik: ja, bitte, aber wenn, dann wenigstens WIRKLICH originalgetreu oder als Versatzstück, bei dessen Verwendung man sich wirklich etwas gedacht hat und nicht als eine von verklärter Romantik beziehungsweise "Spielmänner lassen die Leute auftanzen"-Tollerei dominierte Angelegenheit.

www.geyers.info/


3 von 7 Punkten

Tracklist:
1. Im Maien
2. Branle De Bourgogne
3. Und Dein Roter Mund
4. Adieu Ce Bon Vin De Lannoys
5. Die Weiber Mit Den Flöhen
6. Bretonisch
7. Das Freie Wort
8. Tristans Klage
9. La Rotta
10. Pastime With Good Company
11. Abschied
12. Shepherd's Walk
Gesamtspielzeit: 60:53

Kronos
Weitere Beiträge von Kronos

Weitere Beiträge über GEYERS

CD-Bewertung
8 Stimme(n)
Durchschnitt: 5.5
[LESERCHARTS]
Deine Bewertung:
  



War diese Kritik hilfreich?
7 Stimme(n)
Durchschnitt: 5.29
Deine Bewertung:
  


Beitrag vom 24.08.2003
Zurück


Diesen Beitrag per E - Mail verschicken:
An:
Von:
Kommentar: