WOLFENMOND - Wintersturm
Label: Trisol
Walther von der Vogelweide hätte seine Freude daran gehabt, welche Renaissance doch die Musik aus seiner Zeit erlebt. Immerhin ist er der bedeutendste Lyriker des deutschen Mittelalters und Dichter am Hof der Staufer. Der gute Walther (1170 bis 1230) gab dem Minnelied durch seine Texte erst den Gefühlsgehalt, den es verdient hatte. Klar, es ging neben Politik in erster Linie um die Liebe. Damals, also vor rund 800 Jahren, war es eigentlich üblich, nur über die Beziehungen der Ritter zu höher gestellten „Frouwe“ zu schreiben. Bis von der Vogelweide und noch einige andere Lyriker sich auch der bäuerlichen Damen annahmen, ihre Gefühlswelt darlegten. Der Minnesang wurde aufgeweicht.
WOLFENMOND haben sich des Mittelalters verschrieben, lassen die Musik dieser rustikalen Epoche aufleben – wie so viele Bands heutiger Zeit, wenn auch mit modernen Instrumenten untermalt. Mit den früheren IN EXTREMO, den früheren SUBWAY TO SALLY und TANZWUT seien die charttauglichen Gruppen erwähnt. Fundamentaler, und deshalb nur auf spezielle Hörerschaft ausgerichtet, sind da eher SCHANDMAUL, die ADARO und eben WOLFENMOND. Sie bleiben ihrem Stil treu, auch mit ihrem neuesten und dritten Album „Wintersturm“. Es bedarf wirklichem Hang zu quintessenzieller Mittelaltermusik, denn WOLFENMOND versteifen sich auf die herkömmlichen Instrumente Drehleier, Flöte, Sackpfeife, Schalmeien, Schellenkranz und Trumscheit. Ihre Interpretationen der traditionellen Stücke des Mittelalters lassen in einem visuell das Bild entstehen, wie es damals zugegangen sein mag; wie der Markt morgenschwanger von den Klängen der Spielleut beschallt wird. Wenn dann noch einer dazu seine Zeilen singt, mag das schon romantisch anmuten. Es ist aber durchaus anstrengend, wenn die Spielleut sich nur auf ihre Instrumente konzentrieren. Das ist bei WOLFENMOND der Fall. Von den 13 Liedern auf „Wintersturm“ sind nur drei mit Gesang. Zuwenig, um Abwechslung zu schaffen. Zwei davon lehnen sich an Originalzeilen aus dem 14. und 15. Jahrhundert an, für ein Stück hat die Band auf das eigene literarische Können zurückgegriffen. Ganz gelingt es ihnen nicht, nach Art Walther von der Vogelweide zu dichten. Die Kunst der mittelalterlichen Lyriker bestand darin, ihre Worte in Metaphern zu packen. Beispiel: Anstatt Zehen kamen des Fußes Zweige heraus. Diese Kreationen kamen nicht nur der schriftstellerischen Schönheit nach, sie hoben auch das eigene Ansehen des niederen Fußvolkes, wenn es solche literarischen Umschreibungen zu deuten wusste. „Wir sind doch nicht ganz ungebildet“, mag es sich damals gedacht haben. Was WOLFENMOND gut getan hätte: Auf diesem Album nicht nur auf traditionelle Musik zurückzugreifen, sondern auch auf solche Texte. Dass sie neben den guten musikalischen Fähigkeiten auch singen können, stellen die fünf Bandmitglieder ja in den drei genannten, besungenen Liedern unter Beweis. Wieso also nicht mehr davon? Ein gelungenes Beispiel sind ADARO, die diese Komponenten gut vereinen – wenn auch mit E-Gitarre und Schlagzeug.


www.wolfenmond.de


5.5 von 7 Punkten

Tracklist:
1. Wintersturm
2. Skudrinka
3. Rabenfänger
4. Ahi Amours
5. Pase El Agua
6. O Virgo Splendens
7. Guranaj
8. Douce Dame Joliet
9. Now Springes The Spray
10. Lamento Di Tristano
11. La Rotta
12. Quant (le Retour)
13. Janus
14. Der Weidenkranz
Gesamtspielzeit: 51:57

Philipp
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Beitrag vom 04.07.2003
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