KURT OSTBAHN & DIE KOMBO - Vuabei Is
Label: Amadeo (universal)
Die Besprechung des mit diesem Album zusammenhängenden "Wann die Musik" ist auch als Rezension zu diesem zweiten Teil des Ostbahn-Meisterwerk und -abschied gedacht. Alles was für den ersten Teil gesagt wurde, behält seine Bedeutung auch für den zweiten beziehungsweise ist schon auf diesen bezogen (siehe Liveversion von "Wann die Musik vuabei is"), da ich diese zwei CDs als Doppelalbum sehe.

Deswegen hier noch einmal das Review:

Ich kenn’ den Herrn Ostbahn nicht, ich mein’ ich hab’ ihn nie getroffen, ihn nicht einmal gesehen außer im Fernsehen, trotzdem kommt es mir sobald ich ihn höre so vor, als wäre er ein alter Bekannter, der früher im Sommer öfters auf einen Spritzer bei uns im Schrebergarten in Floridsdorf vorbeigeschaut hat. Sowas wie ein früher Mentor, der mir die Augen für sämtliche musikalische Amerikanismen geöffnet hat, mir in seinem sonntäglichen “Trost & Rat” den einen oder anderen Schatz vorgestellt hat, den ich sonst nie gekannt hätte.
Insofern ist es schon ein wenig tragisch, dass der Ostbahn Kurti sich jetzt verabschiedet. Denn er ist eben nicht nur ein Lieferant von unsterblichen Klassikern. Er ist ein Phänomen und das sowohl auf musikalischer als auch auf persönlicher Ebene. Musikalisch das wohl beste, was der sogenannte Austro-Pop je ausgespieen hat aus seinem stark nach Grünem Veltliner und Fernet Branca riechendem Maul und das ohne den unsympathischen Touch den die meisten österreichischen Popularmusiker für mich haben. Dabei ist die Bezeichnung Austro-Pop eigentlich eine Zumutung. Denn wie bereits erwähnt, ist der Kurt Ostbahn mit seinen wechselnden Mitmusikern in allen möglichen Musikstilen sattelfester als so ziemlich jede österreichische Austropopkatastrophe in dem ihr eigenen und hat vor allem die von ihm nachgespielte Musik auch wirklich verstanden.
Was wohl die eigentliche Qualität der Platten von Ostbahn ausmacht, ist wohl die unglaubliche Gratwanderung, die die Theorie dieser Kunstfigur vorgibt und die Willi Resetarits und Band musikalisch und der vor drei Jahren verstorbene “Trainer” Günter Brödl textlich in der Praxis bewältigen konnten: den gesamten Popularmusikdiskurs der ‘50er, ‘60er und teilweise ‘70er glaubwürdig und mit ungekünstelt wirkendem Wiener Schmäh zu verarbeiten, der aus jeder Textzeile die Beisln, Schrebergärten, Heurigen und die sonstigen der Wiener Peripherie eigenen Erscheinungen sprechen lässt, dabei aber nie in ihre unangenehm-proletoide Mentalität verfällt. Kurt Ostbahn ist zwar Teil dieser Kultur, nimmt an ihr aber als am Rande stehender Outlaw Teil und wird dadurch ungemein sympathisch.
Hier geht die musikalische Ausnahmestellung Kurt Ostbahns in die persönliche des Menschen hinter ihm, Willi Resetarits, über. Der mittlerweile über 50-jährige ist zwar durch und durch Kind Wiens und schämt sich auch niemals dafür, stellt aber immer klar, dass er nicht mit dem typischen Herrn Karl in einen Topf geworfen werden kann und wenn wir mit diesem Gleichnis schon bei einem anderen großen Wiener, den mit Resetarits verbindet, dass er wie nur wenige seine Heimatstadt verstanden hat, angelangt sind -nämlich Helmut Qualtinger- so kann man, am Grabe des Ostbahn Kurtis stehend, die zwei Kunstfiguren der beiden Ausnahmewiener Resetarits und Qualtinger auf einen gemeinsamen Sockel heben, wo sie nebeneinander schon fast so klassisch wirken wie die biblischen Goliath und David: den Herrn Karl als den lange nach seiner Erschaffung noch immer aktuellen Wiener Prototypen des Unsympathlers und den Herrn Ostbahn als sein angenehmes Gegenstück, der mein Verhältnis zu meiner Heimatstadt zu dem einer Haßliebe lassen wird.

Wie schaut’s jetzt aber mit dem Vermächtnis des soeben beweinten Kurt Ostbahns aus?
“Wann de Musik” “Vuabei is” sind zwei CDs die einen perfekten Schwanengesang darstellen.
Mehr bräuchte man eigentlich nicht sagen und man könnte die Stimmungen, die die von einer perfekt harmonierenden Band eingespielten Songs verbreiten mit den Worten des “Trainers” so zusammenfassen:
“Wann de Musik vuabei is wü i de Engaln singa hean, wü i vua Freid so richtig rean, wü i tanzen ois wia bled, wü i schrein so laut wia’s geht, wü i gspian, dass i mi gspia, wü i des ois zsamm nua mit dia”.
Das gesamte Gefühlsspektrum wird abgedeckt. Gecovert wird dabei wieder fleißig und zwischen Rhythm’n’Blues, Rock’n’Roll, Country, Blues, Zydeco, Cajun und jazzigen Anklängen gibt’s alles zu hören und man macht auch vor experimentellen Klängen nicht halt. Paradebeispiele dafür: “Oide Freind” (“fast schon eine Avantgarde-Nummer” Zitat Resetarits) oder die leicht orientalisch angehauchte, ein wenig düstere und an Tom Waits erinnernde Komposition von Gitarrist Karl Ritter “Da Anfang von End” und natürlich die Live-Version von “Wann de Musik vuabei is” mit kurdischen Gastmusikern.
Ansonsten Ostbahn nicht nur "as usual" sondern auch "at his best".

Die im vorhin bereits gebrachten Zitat aus dem Titelstück vom Ostbahn Kurti ausgesprochene Bitte geht somit in Erfüllung und ich weiß nicht, ob mir das den Abschied versüßt oder noch bitterer macht.



www.ostbahn.at


7 von 7 Punkten

Tracklist:
1. Heit Wirds Dauern
2. I Kriag Nie Gnua Von Dia
3. Wann I Di Ned Hätt
4. 6 X Fia Nix
5. Koid, Koid, Koid
6. Rostschutz Boogie
7. Derf Des Woah Sei?
8. Carmelita
9. Tornado
10. Chevrolet
11. Gö, Jetzt Bist Stad
12. Tee Mit Rum
13. Wann De Musik Vuabei Is
Gesamtspielzeit: 65:46

Kronos
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Beitrag vom 19.06.2003
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