Mal ehrlich: wenn man sich das Cover von "Reich & Sexy II" so anschaut, wer kann da noch behaupten, er möchte kein Rockstar sein? Zehn Jahre ist es mittlerweile schon wieder her, dass DIE TOTEN HOSEN mit "Kauf MICH!" endgültig (und vor allem langfristig) zu deutschen Superstars aufgestiegen sind und ihr erstes Best Of "Reich & Sexy" veröffentlicht haben. In diesen zehn Jahren ist viel passiert: Kracheralben wie "Opium fürs Volk" oder die Single "Pushed Again" erschienen ebenso wie eher lasche Machwerke wie "Unsterblich".

So findet sich auf der ersten CD dann auch ein interessanter Querschnitt durch die Bandtätigkeit der letzten Dekade. Mittlerweile auch schon wieder zu Klassikern gewordenen Songs wie "Bonnie & Clyde" stehen neuere Lieder wie "Was zählt" gegenüber. Während die später erschienenen Alben oft den Eindruck hinterließen, DIE TOTEN HOSEN seien ausgebrannt und würden nur mehr krampfhaft versuchen, ihre früheren Erfolgsstorys zu kopieren, so schneiden die damaligen Singleauskopplungen im neuen Umfeld und unter anderem Licht weitaus besser ab als auf den Originalalben. Diese haben zumindest für mich den Gesamteindruck zu sehr gedämpft – der Mix aus verschiedenen HOSEN-Epochen gewährleistet wohl die nötige Abwechslung, ohne die auch die besten Lieder nicht zur Geltung kommen. Auch die vier neuen Lieder hinterlassen ein zwiespältiges Gefühl: Während mir "Frauen dieser Welt" ehrlich gesagt gestohlen bleiben kann, liefert "Zur Hölle und zurück" eine weitaus bessere Vorstellung, auch wenn keiner der Songs an frühere Klassiker heranreicht.

Noch interessanter ist dann die zweite CD "Perlen vor die Säue". Neben B-Seiten, Coverversionen, unveröffentlichten oder sonst irgendwie versprengten Stücken aus den letzten Jahren gibt es auch einige ältere unbekannte Perlen wie das geniale "In Gottes Namen" von 1987. Auch hier ist ein leichtes Qualitätsgefälle von früher bis heute erkennbar, allerdings wirken hier die meisten neueren Lieder sowohl textlich als auch musikalisch interessanter, lockerer und weit weniger gezwungen als die auf den regulären Alben erschienenen. Man merkt den Songs oft an, dass die HOSEN ihrer Spielfreude freien Lauf ließen und einfach nur Spaß am Spielen hatten. Ein Höhepunkt ist sicher das THE CLASH-Cover "Police On My Back", das bei der äußerst fruchtbaren Rio-Session mit Ronald Biggs entstand. Auch einige unfreiwillige Komik findet sich, wenn gerade DIE TOTEN HOSEN einen Anti-Alk-Song ("Alkohol") trällern.

Egal, ob man HOSEN-Fan ist und seine Sammlung komplettieren möchte oder nur eine kleine Sammlung der besten HOSEN-Lieder der letzten Jahre sucht, "Reich & Sexy II" ist (zusammen mit der ersten "Reich & Sexy") einfach ein beachtlicher Ausschnitt deutscher Punkgeschichte, der in jedes CD-Regal gehört.