GRAVE - Back from the grave
Label: Century Media Records
Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, als mir irgendwann im Jahre 1992 ein Freund die zweite Langrille von GRAVE vorgespielt hat - "You'll never see...heaven!". Er war damals schon etwas länger auf Metal, ich war mit METALLICA und GUNS N ROSES gerade bei meinen Anfängen - als jedoch der damalige Fronter Jorgen Sandström durch die Boxen das Album mit dem geröchelten "Take my hand and walk with me until the end - you will never see ... HEAVEN!" eröffnete, war es um mich geschehen, die Kinnlade kippte mir bis zum Boden hinunter und ich bekam sich während der darauffolgenden halben Stunde nicht mehr nach oben.
GRAVE. Ein simples englisches Wort, nicht einmal besonders lang oder mit einer auffallenden Syntax - allerdings ein Wort mit mehr als nur einer Bedeutung - der englischen Bezeichnung für "Grab"-, auch Wörter wie "gewichtig", "einschneidend", "Besorgnis erregend" und "schwerwiegend" finden sich unter anderem in der Fülle von Übersetzungsmöglichkeiten - und umschreiben damit auch bestens GRAVE, eine der ersten schwedischen Death Metal-Bands, welche über die Jahre hinweg zumindest drei absolute Klassiker abgeliefert hat (1990: "Into the grave"; 1992: "You'll never see...heaven!"; 1994: "Soulless") - vier, wenn ich den aktuellen Output "Back from the grave", welcher nach sechsjähriger Abstinenz eingetrümmert wurde, ebenfalls dazu zählen würde.
"Back from the grave" - GRAVE sind zurück, von den Toten auferstanden, sie haben sich aus ihren modrigen Gräbern erhoben, die zerfetzten Leichentücher abgestriffen und trotz verfaultem, von Maden zerfressenen Fleisch und penetrantem Verwesungsgeruch die Instrumente umgeschnallt und eine neue Langrille eingetrümmert - und ja: es ist etwas vernünftiges dabei rausgekommen. Ola umschrieb das neue Material im Vorfeld als eine "wuchtigere, bessere Version von "Soulless", noch rifforientierter als das alte Material und mit einem gewissen "old school"-Feeling" - Faktum ist, dass ich, nachdem ich mir die CD seitdem ich sie bekommen habe mittlerweile ein gutes Dutzend mal angehört habe und irgendwie überhaupt nicht aus meiner Anlage rausbekomme, sogar noch ein Stück weiter gehen würde. Allein die ersten Töne des Openers "Rise" machen klar, wo der Hase lang läuft - das ist "You'll never see...heaven!" mit einem gewissen Touch von "Soulless" in Reinkultur, vom Riffing und der Produktion mit einem guten Schuss (mittlere / neuere) BOLT THROWER gewürzt - welcher Death Metaller hier keine multiple Herzattacke bekommt, dem kann ich auch nicht helfen...
Allein wenn Ola durchs Mikro "Rise... rise from your tomb, into the night - back from the grrrrrrrave!" röchelt, fühle ich mich wieder in die gute alte Zeit zurückversetzt, als UNLEASHED noch vernünftige Musik machten, ENTOMBED noch nicht auf die schiefe Bahn geraten waren und DISMEMBER noch zackig Alben veröffentlichten. Als die T-Shirts noch geniale, thrashige Motive zierten, als die Bandlogos noch wirkliche Logos waren, als "dead" und "blood" noch die wichtigsten Wörter im Sprachgebrauch waren - und als CDs noch Platten waren.
GRAVE sind, wie es scheint, nicht tatsächlich "back from the grave", sondern haben uns lediglich zu sich ins Grab geholt - Fronter Ola Lindgren (Vocals / Guitar) und Jensa Paulsson (Drums) haben Urbasser Jonas Torndal (diesmal allerdings für die zweite Gitarre zuständig) und Neuzugang Fredda Isaksson (Bass - und wer sich mit dem guten, alten Schwedentod auskennt weiß, dass die Bezeichnung "Tieftöner" hier absolut angebracht ist) um sich gescharrt und liefern mit Stichtag 21. Oktober nicht nur zweifelsohne die beste Veröffentlichung des Jahres 2002 ab, sondern gleichzeitig auch jene, die am meisten unerwartet basisorientiert aus den Boxen wummert. Wer damals meine Kritik an UNLEASHED's "Hell's unleashed" nicht verstanden hat, versteht sie vielleicht jetzt; GRAVE haben im Gegensatz zu den Kollegen neun Hymnen aus der modrigen Erde gestampft, die an absolute Perfektion grenzen - wo jede Songstruktur an die andere passt, wo weder an der Instrumentalisierung noch an der Vokalisierung irgendetwas auszusetzen wäre, wo die Produktion gleichzeitig altmodisch und differenziert (obwohl wie gehabt im Gitarrenbereich leicht verwaschen - oh mein Gott, ich bekomme gleich meinen nächsten Anfall...) rüberkommt, wo das Cover trotz Computerzeitalter immer noch einen gewissen Charme versprüht - wo man einfach knapp 45 Minuten nur da sitzt und hofft, dass die Zeit stehen bleibt.
Ich habe keine Ahnung, WIESO gerade "Back from the grave" so geil klingt - was da genau mein Gehirn zum Rebellieren bringt, ich weiß nur, dass ich schon lange nicht mehr derart ausgezuckt bin! Die Gitarren sägen sich wie es sich gehört langsam (!) und genüsslich durch die Gegend, während das scheiße wuchtig produzierte Kit schön stampfend die Songs vorantreibt und der Bass in den untersten Ebenen dahin wummert - und darüber hinaus noch dieses Geröchel, das einfach nur die Schweden zustande bringen.
Obwohl sich auch gelegentlich einige schnellere Ausbrüche finden, ist "Back from the grave" durchwegs im stampfenden Midtempo-Takt gehalten, der stellenweise noch niedermähender als bei BOLT THROWER zu sein scheint - zumal durch die wuchtige Produktion sämtliche Instrumente (und vor allem in den tiefen Tonlagen) schön weit in den Vordergrund gesetzt werden...
Ich kann nur sagen, "Back from the grave" ist ein absoluter Pflichtkauf - wer schnell ist, ergattert sogar die limitierte Erstauflage als Doppel-CD mit zusätzlichen, altem Demomaterial (welches - hoffe ich einmal - nicht schon auf den Wiederveröffentlichungen von den ersten beiden CDs zu finden war?) und ich bin mir absolut sicher, dass jeder von euch genau so wie ich eine dicke, fette Sieben mit großem Plus unter dieses Review setzen würde, wenn er es verfasst hätte - trash din jäula dare, Ola! My world is turning black, and here I die - crucified, satisfied...

www.intothegrave.com


7 von 7 Punkten
Macabre
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Beitrag vom 20.10.2002
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