INCANTATION - Blasphemy
Label: Necropolis / Candellight
Nach knapp zwei Jahren Wartepause seit dem grandiosen Vorgänger "The infernal storm" - die lediglich vom Livealbum "Blasphemy in Brazil" überbrückt wurde - liefern die old school-Veteranen der Ostküste Amerikas endlich ihren neuen Longplayer ab.
Was zu Beginn gleich auffällt, ist ein überraschend dilettantisches und kitschiges Coverartwork, das gegen jene von "The infernal storm" oder auch "Diabolical conquest" nicht im geringsten bestehen kann, zumal auch die Produktion diesmal nicht wirklich das Gelbe vom Ei ist. Besonders bei den langsamen, doomlastigen Parts merkt man, dass "Blasphemy" nicht mit der selben Mörderwucht wie der Vorgänger rüberkommt, sondern eher matschig und dünn, ja - beinahe zaghaft. Beide Minuspunkte wären wohl auf den Labelwechsel von Relapse zu Necropolis zurückzuführen, da der Band bei dem doch um einiges kleineren Label nicht ein derartiges Büdget zur Verfügung gestellt werden konnte, wie noch bei Relapse.
Neben dem Wechselspiel zwischen Blastparts und unglaublich schwerfälligen Passagen sind wohl auch permanente Line-Up-Wechsel eines der Markenzeichen von INCANTATION - nach kurzem Intermezzo der ehemaligen MALEVOLENT CREATION- / HATE PLOW- / SUFFOCATION-Prügelmaschine Dave Culross hat sich nun Altmeister Kyle Severn wieder hinter die Schießbude begeben, während Robert Yench (Bass - "The infernal storm") die Band aus Zeitgründen verlassen hat - seinen Posten hat nun Joe Lombard eingenommen, der bereits auf dem Livealbum zu hören war. Mike Saez ist nun mehr lediglich Session-Mitglied und ausschließlich für die Vocals auf "Blasphemy" zuständig, während er auf "The infernal storm" noch fix den Posten des Vokalisten und zweiten Gitarristen inne hatte. Uff... Etwas verwirrend ist das ganze zwar schon, aber wenigstens hat sich musikalisch nicht sonderlich viel verändert.
Beherrscht man einmal sein Instrument, verlernt man es auch nicht mehr - und dass INCANTATION diese meisterhaft unter Kontrolle haben, bewiesen zumindest schon beide direkten Vorgängeralben, obwohl ich auch dem älteren Material mehr als nur ein wenig abgewinnen kann. Sicher, anfangs war das Material noch nicht derart technisch ausgefeilt, die Songs noch nicht in den Ausmaßen verschachtelt und man begnügte sich hauptsächlich mit Blastpassagen, aber - ähnlich wie SUFFOCATION oder IMMOLATION - hoben sie sich schon zu ihren Anfängen über so manch andere Band hinweg und riefen in der Fachpresse reichtlich Verwirrung ob der neuen, chaotisch erscheinenden Musikform hervor.
Obwohl nun die etwas schlechtere - rauhere - Produktion doch einiges an Aggressivität und vor allem Intensivität nimmt, kann ich nach mehreren Durchläufen behaupten, dass das neue Material stark ist - nicht ganz das, was ich erwartet hätte, aber dennoch äußerst stark - Übersongs wie "Unto infinite twilight / Majesty of infernal damnation", "Desecration (of the heavenly graceful)" oder "Anoint the chosen" fehlen diesmal leider. Der Songaufbau scheint mir aber ähnlich effektiv wie auf "The infernal storm" gestaltet zu sein, genau so die Variation zwischen treibenden Passagen und lavamäßigen Teilstücken - wobei man diesmal vermehrt auf langsame Stücke baut, was mir einen Tick besser gefällt, als das Uptempo der Mini-CD "Forsaken mourning of angelic anguish". Allerdings vermisse ich nachwievor Sänger und Basser Daniel Corchado, der "Diabolical conquest" mit seinem hasserfüllten, blasphemischen, räudigen Gesang den letzten Schliff verpasst hat - keine Frage, Mike Saez ist großartig, aber dennoch ist Daniel (obwohl nicht Urvokalist) untoppbar und selbst schwer erreichbar.
Was mich bei INCANTATION bisher immer fasziniert hat, sind - neben der musikalischen Meisterleistung - die (oft überlangen) Songtitel, die beinahe schon für sich allein einen Songtext ausmachen könnten. Auf "Blashemy" fand ich diesmal mit dem grandiosen Instrumental "The sacrilegious apocalypse of righteousness and agonizing dementia (the final defilement of your lord)" einen Titel dieses Ausmaßes - und obwohl mich im großen und ganzen die tiefgründigen, ja - beinahe philosophischen Texte, die diesmal von John McEntee und Kyle Severn im Alleingang verfasst wurden, faszinieren, finde ich, dass sie doch ab und zu über die Stränge schlagen. Ganz ähnlich auch bei BAL SAGOTH: Sowas merkt sich doch keine Sau!
Summa summarum ein grandioses Album ohne großartigen Überraschungen, das allerdings erst nach einigen Durchläufen zu gefallen weiß - dennoch: Pflichtkauf!

www.incantation.com


6.5 von 7 Punkten
Macabre
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Beitrag vom 03.09.2002
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