MARDUK - Viktoria
Label: Cenutry Media Records
Für Kontroversen sind MARDUK immer zu haben. Daran hat sich in ihrer gesamten Schaffensphase – die Band rund um Morgan Håkansson an sich gibt es übrigens schon 28 Jahre – nichts geändert. Und wird es wohl auch in Zukunft nicht. Zumindest stellt die neue Veröffentlichung „Viktoria“ alle Weichen dafür. Das minimalistische Artwork ist an Propaganda-Plakate der 1940er Jahre angelegt (entworfen übrigens von Frontmann Mortuus persönlich – ein Mann vieler Talente, wie es scheint). Thematisch bewegt man sich in einem ähnlichen Geschichtsabschnitt. Genauer gesagt widmet MARDUK sich auf „Viktoria“ das dem Unternehmen Barbarossa folgenden Russland-Feldzuges (wie es die Nazi-Propagandamaschinerie nannte), oder dem Großen Vaterländischen Krieg (wie es die Sowjet-Propagandamaschinerie nannte). Je nach Blickwinkel.

Das Abarbeiten historischer Blutvergießen ist bei MARDUK natürlich nichts Neues. Die berüchtigte „Panzerdivision Marduk“ sollte gemeinhin bekannt sein, und auch die letzte Veröffentlichung „Frontschwein“ widmete sich diesem Thema. Nun kann man aber vorweg sagen, dass „Viktoria“ tatsächlich keinem der beiden Alben zu richtig ähnelt. Vielleicht noch eher der „Iron Dawn“-EP, aber auch hier hinkt der Vergleich. Das ist durchaus spannend. Am ehesten könnte man sagen, es liegt irgendwo in der Schnittmenge dieser Scheiben. Man würde aber immer noch ein bisschen daneben liegen. Das Brachiale in „Viktoria“ offenbart sich nicht in einer halbstündigen Blastbeat-Orgie. Die Vertonung zerstörerischer Schlachten, manischem Eifer, blindem Wahn oder schierer Verzweiflung wird mit verschiedenen Mitteln erreicht. „Werewolf“ eröffnet simpel, getragen von Mortuus‘ keifenden Schreien, der seine stimmlichen Bemühungen wesentlich höher (also auf die Tonlage bezogen) ansetzt als auf früheren Scheiben. Der Kinderchor (!), der den Songtitel so wunderschön beklemmend plärrt, sorgt für den nötigen Dreh in der Stimmung. „June 44“ enthält eine für MARDUK sehr untypische Mischung aus Gesang und harschen Vocals im Refrain. „Tiger I“ drosselt das Tempo, verdeutlicht die Schwerfälligkeit der Kriegsmaschinen zwischen Schnee und Schlamm im ungleichen Kampf mit der Infanterie samt Panzerfaust. Den blutigen Stellungskrieg um den Brückenkopf von Narva wird im gleichnamigen Song „Narva“ durch die manischen Schreie, die Angriffswelle um Angriffswelle nach vorne peitschen, eingefangen. Bei „Viktoria“ kommen noch am ehesten Reminiszenzen zur Panzerdivision auf. Schnelles Riffing, unerbittliche Blastbeats der Rhythmusfraktion namens Frederik Widigs, und wirklich grausliche Vocals. „Silent Night“ beschließt das Album in einem Anfall von musikalischem Minimalismus. Schwerfällig und stampfend wird Blut und Eisen beschworen, während Mortuus stimmlich noch einmal alle Register zieht und „Viktoria“ in einem langsamen Fade-Out sein Ende findet. Mit exakt 33 Minuten Spielzeit zwar ein eher kurzes, aber intensives Hörerlebnis.

Die Kontroverse ist wohl vorprogrammiert. Dafür dürften Thematik, Titel und Cover sorgen. Begründet wäre es aber trotzdem nicht. Ziel der Übung ist es eben einen Soundtrack zu historischen Ereignissen zu schaffen. Dabei muss keine Stellung bezogen werden. Oder, wie Morgan Håkansson es selber auf den Punkt bringt: „Viktoria“ ist kein Standpunkt. Es ist eine Reflektion. Auch die Abgründe und dunkelsten Stunden der Zivilisation sollen vertont werden. So viel Raum für künstlerische Auseinandersetzung muss sein. Umso besser, wenn MARDUK das mit so schaurig-schön derben Black Metal gelingt.

www.marduk.nu


6 von 7 Punkten

Tracklist:
1. Werewolf
2. June 44
3. Equestrian Bloodlust
4. Tiger I
5. Narva
6. The Last Falllen
7. Viktoria
8. The Devil’s Song
9. Silent Night
Gesamtspielzeit: 33:00

Asator
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Beitrag vom 25.06.2018
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