THE WHO  
14.09.2016 @ Stadthalle Wien

Und so begab es sich……
Es sei mir verziehen, dass ich bei diesem Konzertbericht etwas ausschweife und einige Anekdoten aus meiner Kindheit/Jugend erzähle, um so meine Freude auf diesem Konzertabend etwas mehr zu veranschaulichen und die Gefühle die ich beim Abschluss dieser „Amazing Journey“ empfand, besser widerspiegeln zu können.

Also, es begab sich, dass Ende der Siebziger ein Junge die Erlaubnis von seinem Vater bekam, unter der Woche spät aufzubleiben, um sich im damals noch FS 1 betitelten ORF 1, die Rockoper „Tommy“ von THE WHO anzuschauen. Und so fand an diesem Abend eine Initialzündung für eine neue Lieblingsband statt. Da der Junge, der auch damals schon ein ausgesprochener Flipper- und Videospiele-Fan (und auch heute noch ist) war, nach dem Ende des Filmes, in dem es um nach einem Schockerlebnis, taubes, blindes und stummes Kind geht, der nach diversen Heilungsversuchen zum Flipperkönig avanciert, glaubte bzw. wusste er den heiligen Gral mit diesem Stück Rockgeschichte entdeckt zu haben. Die QUEEN Alben wurden ins Regal geräumt und fortan wurde alles von dieser Band besorgt was das Taschengeld und das Einkommen der Eltern hergab und solange gespielt bis die Vinyls durchsichtig wurden.

Die Liebe flaute zwar in den kommenden Jahren etwas ab, aber erloschen ist sie nie. Nur das Liveerlebnis stellte sich nie ein. 2002 starb der Bassist John Entwistle und ich glaubte schon, meine Liveerfahrung mit THE WHO endgültig zu Grabe tragen können. 2006 erschien dann aber nach 23 Jahren ein neues Studioalbum „Endless Wire“ und THE WHO tourten durch Europa inklusive Österreich. Aber da war ich dann wieder nicht im Lande und konnte diesem Konzert nicht beiwohnen.

Doch dann begab es sich, dass Pete Townshend und Roger Daltrey doch noch Mal 2014 den Elan für einige Liveperformances aufbrachten und im Zuge einer ausgedehnten Abschiedstournee und dem 50jährigen Bestehen der Band, auch einen Abstecher nach Österreich einplanten, ich zum Zeitpunkt des Konzertes nichts anderes vorhatte und sich das Sprichwort „Die Hoffnung stirbt zu Letzt“ wieder einmal bewahrheiten sollte!

In der fast ausverkauften Wiener Stadthalle tummelten sich vorwiegend ältere Semester an Rockern und Mods, als um 20:30 Uhr, nach auf der Leinwand eingespielten Fakten und Geschichten rund um die Band, der Hinweis „Bitte Ruhe bewahren. Jetzt kommt THE WHO“ erschien und die Band mit „Who Are You“ Ihre Best of-how startete. Nach „The Kids Are Alright“ und „I Can See for Miles” folgte einer ihrer bekanntesten Nummern, das vom gleichnamigen Debütalbum stammende “My Generation”. Das Stottern (das wie ein britischer Jugendlicher auf Speed klingen soll) im Gesang war da und die Textzeile “I hope I die before I get old” wurde vom Publikum lauthals mitgesungen hatte doch der Großteil des Publikums die Jugend ohne Tod überstanden.
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Dann begab man sich musikalisch in die „Lifehouse-Project“-Ära (eine eher unbekannte Rockoper die nach „Tommy“ entstand) und man konnte hier wieder mal das Original von „Behind Blue Eyes“ genießen. Nach „Join Together“ (großartiger Live Song) und „You Better You Bet“ wurde der „Quadrophenia“–Teil mit „5:15“ eröffnet und nach „I’m One“ und dem Instrumentalstück „The Rock“, das aufgrund der eingespielten Bilder im Hintergrund (vom Vietnam-Krieg bis zu den Anschlägen in Paris) von einem Freund trefflich mit den Worten „Das waren jetzt 40 Jahre Scheiße in Kurzform“ umschrieben wurde, mit einer gewaltigen Version von „Love, Reign O’er Me“ abgeschlossen. Nach dem unbekannterem Stück „Eminence Front“ startete dann die „Amazing Journey“ und ich war schlagartig wieder der zwölfjährige Junge, der mit offenem Mund und Ohren vorm Fernseher saß und nicht glauben konnte, was sich ihm da jetzt im Moment offenbarte. Nur war es diesmal live und ich war mittendrin statt nur dabei. Meine Freude drückte sich in Tränen aus und ich sang den „Pinball Wizard“ so wie „See Me, Feel Me (Listen to you)“ mit sämtlichen aufgestellten Haaren meines Körpers (auch die Haare am Kopf ;-) ) so laut und mit größtmöglicher Euphorie mit, im Wissen, dass sich jetzt der Kreis schließt, der vor fast 35 Jahren begonnen hatte. Mit „Baba O’Riley“ und „Won’t Get Fooled Again“ fand eine perfekter Abend dann noch einen Abschluss!

Fazit dieses Konzertes: Natürlich muss man da und dort Abstriche machen, sei es in der nicht mehr so frischen Stimme Roger Daltreys oder den fehlenden Sprüngen Townshends. Aber die guten Männer sind beide über 70, da ist der eine oder andere schon ein Pflegefall und erklimmt höchstens die Hebebühne eines Rollstuhlliftes und sin(g)kt eher tiefer in die Grube in diesem Alter. Auch kann man sich über das Fehlen des Zerlegens der Instrumente und der Bühneneinrichtung mokieren, aber das haben die Bad Boys of Rock´n´Roll schon lange ad acta gelegt (weil es zu viele Nachahmer gibt laut Herrn Townshend). Die Daltrische Salatschleuder und der Gitarrenventilator waren aber immer noch zu bewundern und man fragt sich wie oft Daltrey seine Mitmusiker mit dem Mikro in 50 Jahren getroffen hat. Auch hätte man sich die eine oder andere Nummer sparen können und dafür Klassiker wie „Magic Bus“, „The Real Me“ oder „I‘m Free“ ins Programm aufnehmen können, aber es war ja ein Best of und nicht ein Wunschkonzert und mit einem Backkatalog im Nacken wie jener von THE WHO tut man sich natürlich schwer, alles zu spielen was mal ein Hit war. Und wie sagten sie schon selber: „It’s Hard“.

Ich für meinen Teil wurde zwei Stunden perfekt unterhalten und konnte eine immer noch großartige Live-Band abhaken, die alles und noch mehr erfüllt hat, als ich mir erwartet hatte. Mit den Gedanken an das vergangene Konzert bekomme ich schon wieder eine Gänsehaut und eine Träne steigt „Behind Blue Eyes“ auf. Werde mich in den „Magic Bus“ setzten und mir im heimischen Kino, in voller Lautstärke „Tommy“, „Quadrophenia“, „The Kids Are Alright“ sowie diverse Livemitschnitte reinziehen, um das Gefühl der „Amazing Journey“ noch so lange wie möglich aufrecht zu erhalten!

Setlist:

Who Are You
The Kids Are Alright
I Can See for Miles
My Generation
Relay
Behind Blue Eyes
Bargain
Join Together
You Better You Bet
5:15
I’m One
The Rock
Love, Reign O’er Me
Eminence Front
Amazing Journey
Sparks
The Acid Queen
Pinball Wizard
See Me, Feel Me (Listen to you)
Baba O’Riley
Won’t Get Fooled Again
www.thewho.com

MadMax
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Beitrag vom 23.09.2016
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