NOVA ROCK TAG2: NIGHTWISH   DIE TOTEN HOSEN   IN FLAMES   PAPA ROACH   IN EXTREMO   BLUES PILLS   THE ANSWER   TURBOBIER  
13.06.2015 @ Pannonia Fields II

Bereits gegen acht Uhr morgens krochen 95% der Nova Rocker aus ihren Zelten, die sich zur frühen Morgestund Dank brennender Sonne bereits zur Sauna entwickelten. So musste der Vormittag trotz Schlafmangels irgendwie totgeschlagen werden. Leider muss ich hier auch große Kritik am Nova Rock bzw. eigentlich viel mehr dessen Besucher los werden, denn wirklich mit Rock oder Metal hat das nichts zu tun, was da meist am Zeltplatz abging. Das Publikum ist wie erwähnt ja verdammt jung im Durchschnitt, doch schnell merkte man, dass nette aber entbehrliche Boni wie ein Rummelplatz mehr Highlight waren als so manche Band. Zudem kommt die komplette Zumüllung des Zeltplatzes, die nicht aus Faulheit sondern vielmehr als Spaß daran entstand. Nervige Selbstdarsteller in allerlei Kostümen beim Scheiße bauen fand man auch dieses Mal leider wieder zu Hauf. Da war ich über das viel gesittetere Rock In Vienna dann wirklich froh. Aber dass der Rock am Nova zur Nebensache mutierte, ist wohl nicht mehr zu ändern.

Doch wir waren da um den echten Metalfans etwas berichten zu können und so pilgerten wir, wie bereits tausend andere zum Frühschoppen mit TURBOBIER. Die Jungs eroberten mal eben mit einem Youtube-Video zu einem HELENE FISCHER-Cover ("Arbeitslos"), sowie zahlreichen anderen Sauf-Punk Nummern das Internet und wurden mal eben über Nacht zur Sensation Wiens. Und so sollten TURBOBIER das bisher größte Highlight ihrer Karriere erleben. Ungeduldig warteten viele auf den viel zu späten Einlass, denn als die Wiener los starteten, waren bei weitem noch nicht alle durch die Kontrollen. Das störte das Quartett aus Simmering aber nicht und so legten sie gleich mit Vollgas los und feuerten ihre Punk-Hymnen vom kommenden Debüt „Irokesentango“ ab, doch zuvor war schon für Gelächter gesorgt, denn die abgewandelte Bundeshymne bei der man ganz Gendering-Konform auch die „Tschecherantinnen“ erwähnte, wusste man schon in welche Richtung es gehen sollte. Trotz dem Bandnamen und Nummern wie „Floschenpfand“ oder „Kontrollverlust“, geht es bei den Jungs nicht nur ums Saufen, denn dank „I Hoss Olle Leit“ oder „Die Bierpartei“, für die heftig geworben wurde („weil nix doa a wieder wos wert sei soi“ wie Fronter Marco Pogo feststellte), merkte man schnell, dass TURBOBIER auch den Punk leben und sozial-, sowie politkritisch vorgehen.

Setlist TURBOBIER:

Floschnpfand
Die Bierpartei
Hånd In Hånd
O.K.S.O.
I hoss Olle Leit
Pech
Fuaßboiplotz
Arbeitslos

Der Auftritt der Jungs wird uns allen noch lange in Erinnerung bleiben, egal ob Punk-Fan oder nicht – TURBOBIER haben es wirklich drauf und nicht umsonst wurde de halbstündige Autogrammstunde auf ganze 90 Minuten ausgedehnt und überall lagen Turbobier-Flaschen, Sticker und Flyer herum.

Weiter ging es zur Red Stage und den Retro Rock-Helden THE ANSWER. Ich habe schon einiges über die Jungs gehört, doch dass diese live so knallen, wusste ich bis zu diesem Zeitpunkt auch noch nicht. Mit vollem Elan, viel Bewegungsfreude und größtem Einsatz spielten sich die Nordiren trotz sengender Mittagshitze von mehr als 30°C schnell in die Herzen der Rocker, die sich ebenso tapfer vor der Bühne hielten. Die Songs hatten einfach einen so geilen Drive, dass man nicht ruhig stehen konnte, während Sänger stimmlich und körperlich alles gab. Zudem peppte er den Sound der Inselbewohner noch mit Tamburin und Mundharmonika auf. Songs wie „I Am What I Am“, „Red“ oder der Titeltrack von „Raise A Little Hell“ erzeugten super Stimmung und auch der rausschmeißende Hit „Under The Sky“ blieb lange im Ohr hängen. Wer auf fuzzigen Retro-Rock mit viel Drive und Power steht, der hat mit THE ANSWER die richtige Antwort.

Bevor ich in den Schatten flüchten konnte, standen noch die BLUES PILLS an. Als große Sensation angekündigt, fegten die Dame und Herren aus Schweden mit der EP „Devil Man“ erstmal alles weg, nur um dann mit dem Full-Length Album mit modernerem und fast schon poppigen Sound wieder an Boden zu verlieren. Dennoch, Elina Larsson und ihre Jungs zeigten am Nova Rock Einsatz und gaben eine verdammt starke, wenn auch auf die gesamte Distanz gesehen, etwas langatmige Show zum Besten. Highlight war aber natürlich immer Noch „Devil Man“ bei dem Eilin voller Inbrunst das Schlagwort rausschmetterte. Aber auch „High Class Woman“ oder „Little Sun“ hatten sowie das restliche Material ihre großen Momente.





Danach war wirklich erstmals die Flucht in den Schatten angesagt. Stärken konnte man sich wie gehabt bei überteuertem, wenn auch vielfältigem und leckeren Essen sowie Bier um 4,50. Immerhin eine Spur billiger als am Rock In Vienna. Zum ersten Mal war auch nahe der Bühne ein Schatten-spendendes Zelt zu finden, warum es nicht mehr davon und vielleicht auch ein paar Bierbänke im Schatten oder dergleichen gab, ist mir dennoch ein Rätsel. Bevor es wieder zurück zur Red Stage ging, erhaschte ich einen kurzen Eindruck von REA GARVEY, vielen vielleicht bekannt als der Fronter der 2010 aufgelösten Band REAMONN, die mit Hits wie „Supergirl“ berühmt wurden. Natürlich wurde dieses auch gespielt. Aber auch das Solo-Material klang durchaus interessant und vor allem gut inszeniert. Fans des Pop-Künstlers hatten offensichtlich ihren Spaß.





Auch wenn es schade um die Gothic Metaller EPICA war, während ich CALLEJON und ASKING ALEXANDRIA gerne ausgelssen habe, ging es erst zu IN EXTREMO wieder zurück zur Red Stage. Kühler wurde es nicht, doch das störte das deutsche Gespann nicht und so wurden dennoch Pyros neben dem bandeigenen Hitfeuerwerk gezündet. Auch wenn ich kein großer Fan der Band bin, muss man festhalten, dass sie doch einige Kracher haben und gerade bei abendlichen Gigs wirklich starke Shows abliefern. Im Sonnenschein wirkt das Ganze vielleicht nicht so gut, doch auch dieses Mal lieferten sie den Fans genau das was sie brauchten und Songs wie „Herr Mannelig“, „Erdbeermund“ oder das wirklich starke „Vollmond“ kann wohl so ziemlich jeder mitsingen, der die Band einmal live erlebt hat. Mir persönlich wurde es auf Dauer dann doch etwas zu langweilig, da man die meisten Hits bereits zu Beginn verschoss und die Flöten, Pauke, Drehleier und weitere mittelalterliche Instrumente etwas zu aufdringlich wurden. Wer drauf steht, der hatte mit IN EXTREMO aber durchgehend seinen Spaß und für Abwechslung sorgte dieser mehr als solide Gig sowieso.





Während auf der Blue Stage KRAFTKLUB ihre Mischung aus Indie Rock und Rap zum Besten gaben, warteten wir auf die Alternative Metaller PAPA ROACH. Die Herren aus den USA sind heute vielleicht nicht mehr die große Nummer wie um die Jahrtausendwende, doch auch das aktuelle Werk „F.E.A.R.“ hat durchaus seine Qualitäten. Doch schnell merkte man an der Stimmung, dass eben ihre paar Hits, die da „Borken Home“, „Getting Away With Murder“ und „Last Resort“ für viel mehr Stimmung sorgten als der Rest. Frontmann Jacoby Shaddix gab sich dennoch große Mühe die Leute bei Laune zu halten und da der Sound auch keine Wünsche übrig ließ, kann man auch PAPA ROACH nicht wirklich etwas Negatives vowerfen.





Setlist PAPA ROACH:

Face Everything And Rise
Between Angels And Insects
Where Did The Angels Go?
Blood Brothers
Broken Home
Broken As Me
Forever
Gravity
Getting Away With Murder
Falling Apart
Scars
Lifeline
Warriors
Last Resort
...To Be Loved

Als optische Unterstützung fungierte bei PAPA ROACH leider im Hintergrund bereits ein Gewitter inklusive dicken schwarzen Wolken und Blitze. Und zum Ende der Show drehte noch der Wind, so dass es die Pannonia Fields mit voller Wucht traf. Natürlich waren die Securities maßlos überfordert und die Meute flüchtete in alle Richtungen. Ein Gießer von ein paar Minuten sowie starker Wind sorgten für Chaos. Danach war aber alles schnell wieder vorbei und es herrschte Klima wie in Miami. Flott umgezogen und zurück zu IN FLAMES, die gerade mit der ersten Nummer „Only For The Weak“ die Leute bereits zum Hüpfen brachten.

Man mag IN FLAMES ja ankreiden, dass sie moderner, softer und verspielter wurden und auch fast keine alten Nummern mehr spielen – das kann ich auch so unterschreiben – doch live sind Anders Fridén und seine Mannen aus Schweden auch heute noch eine unumstrittene Macht. Das neue Material lässt vielleicht Härte und Konsequenz vermissen, doch Songs wie „Everythings Gone“, die Gänsehautballade „The Chosen Pessimist“ sowie „Where The Dead Ships Dwell“ überzeugen dafür mit Intensität und Emotionen. Anders war stimmlich bestens drauf, Peter, Björn und Niclas stürmten voller Elan über die Bühne und die Lichtshow tat ihr Übriges für einen perfkten Auftritt, der Fans alter Hits mit „Bullet Ride“, dem „Reroute To Remain“ Doppel „Cloud Connectet“ und „Drifter“ sowie dem Überhit „The Quiet Place“ vielleicht auch noch zufrieden stellte. Ebenso wie bereits im vergangen Jahr in Wien – kamen, spielten und siegten IN FLAMES auf allen Ebenen.






Setlist IN FLAMES:

Only For The Weak
Everythings Gone
Bullet Ride
Where The Dead Ships Dwell
Paralyzed
With Eyes Wide Open
Alias
Deliver Us
Cloud Connected
Drifter
The Chosen Pessimist
The Quiet Place
Delight And Angers
Rusted Nail
Take This Life
My Sweet Shadow

Der Headliner der Blue Stage waren DIE TOTEN HOSEN. Die deutschen Rock-Ikonen sind zugegeben absolut nicht mein Fall, doch als ich von der Ferne aus tausend Kehlen “hier kommt Alex” geschmettert vernahm, musste ich schon Respekt zollen. Campino gab wie von den Fans gewohnt alles und mit „Pushed Again“, „Zehn Kleine Jägermeister“ sowie „Tage Wie Dieser“ haben die Deutschen ja auch so manch MTV-Hit im Repertoir, der auch Nichtkenner der Hosen sicher etwas sagen sollte.

Setlist DIE TOTEN HOSEN:

Bonnie & Clyde
Liebeslied
Auswärtsspiel
Du Lebst Nur Einmal (Vorher)
Altes Fieber
Verschwende Deine Zeit
Willkommen In Deutschland
Das Ist Der Moment
Alles Was War
Ein Guter Tag Zum Fliegen
Pushed Again
Nur Zu Besuch
Helden Und Diebe
The Passenger (IGGY POP Cover)
Steh Auf, Wenn Du Am Boden Bist
All Die Ganzen Jahre
Hier Kommt Alex
Wünsch Dir Was
Zehn Kleine Jägermeister
Schönen Gruß, Auf Wiedersehn
-
Paradies
Niemals Einer Meinung
Tage Wie diese
-
Should I Stay Or Should I Go (THE CLASH Cover)
Alles aus Liebe
Freunde
You´ll Never Walk Alone (RICHARD RODGERS Cover)

Doch eine gute Spur metallischer ging es auf der Red Stage zur späten Stunde zu. Die finnischen Superstars NIGHTWISH zeigten mit neuem Album und neuem LineUp ihr Können. Zwar erlebte ich Floor Jansen als neue – und meiner Meinung nach beste – Sängerin der Nordmänner, doch mit „Endless Forms Most Beautiful“ und dem Neuzugang Troy Donockle, der für allerlei Flötenzeug zuständig ist, präsentierten sich Toumas Holopainens Mitstreiter noch kompakter und stärker als zuvor. Natürlich gab es neben allerlei schönen Pyros und Effekten bei bestem Sound bereits viel neues Material. Der Titeltrack, „Shudder Before The Beautiful“, „My Walden“ sowie das etwas lahme „Élan“ fügten sich wunderbar ins Set ein, während man mit älteren Hits wie „I Want My Tears Back“, „Ghost Love Score“ sowie dem starken Rausschmeißer „Last Ride Of The Day“ immer wieder für ausgelassene Stimmung sorgte. Erschreckend aber, dass zu diesem Zeitpunkt weit weniger Publikum als noch bei IN FLAMES oder IN EXTREMO zu finden war. Da hatten die Hosen wohl doch mehr Anziehungskraft. Das störte das finnische Gespann aber anscheinend nicht, denn die gaben bis zur letzten Minute alles. Marco zeigte sich am Bass und stimmlich in bester Verfassung und Floor konnte auch hier zeigen, dass sie die perfekte Sängerin für den Posten ist. Egal ob mit Gefühl oder Power, die Frau weiß was sie macht.





Setlist NIGHTWISH:

Roll Tide (Intro – HANS ZIMMER)
Shudder Before The Beautiful
Yours Is An Empty Hope
Amaranth
Endless Forms Most Beautiful
My Walden
Élan
Weak Fantasy
Storytime
I Want My Tears Back
Stargazers
Sleeping Sun
The Greatest Show On Earth
Ghost Love Score
Last Ride Of The Day

Auch wenn noch das Late-Night Special in Form der Austro-Pop Legende WOLFGANG AMBROS anstand, flüchtete ich ins Zelt um Schlaf nach zu holen. Das von der Ferne vernommene, doch recht depressive und zäh klingende Material, wollte einfach nicht zur guten Stimmung des Tages passen. Mag sein, dass der Mann ein paar wirkliche Hits zu bieten hat, doch ich wage zu behaupten, dass die Zeit der großen Austropop-Helden der 80er lange vorbei ist und auf dem Festival sowieso komplett deplatziert war.
novarock.at

maxomer
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Beitrag vom 23.06.2015
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