AUSTRIAN NEWCOMER AWARD: KAISER FRANZ JOSEF   PARASOL CARAVAN   JFT-TRIO   SANDRA MAIR   WHITE LOCUSTS  
27.02.2014 @ Musiktheater, Linz

Das neue Musiktheater in Linz bot am Donnerstag, den 27. Februar für den Newcomer Award, der mit € 5.000,-- dotiert ist, eine Plattform für ein etwas anders Programm, als das man dort gewohnt ist.
Ab 19 Uhr pilgerten schon jede Menge Leute in den Linzer Volksgarten und beim Eingang wurde man schon mit bunten Bändern behängt für Eintritt und Jugendschutz. Gleich nach dem Eingang konnte man schon seine Stimme abgeben, ohne sich die Protagonisten anhören zu müssen. Da steht irgendwie der Sieger schon fest, nämlich der, der die meisten Fans aktivieren konnte, aber das ist man von solchen Votings ja eigentlich gewohnt. Etwas eigenartig kam mir dann aber die Frage einer der Zuständigen bei den Wahlurnen an meine Frau vor, die lautete: „Zeig her was gewählt hast, vielleicht bekommst einen neuen Stimmzettel“. Mit einem freundlichen: „Das geht dich eigentlich nix an“, wanderte der Stimmzettel in die Urne und wir wollten uns auf den Weg ins Foyer machen. Ging leider nicht, da man seine Jacke abgeben musste. „Aha“, dachte ich mir - so viel zum freien Eintritt - aber auch das Abgeben der Oberbekleidung war gratis und es stellte sich die Frage, warum muss ich sie dann überhaupt abgeben, aber wahrscheinlich steht das in der Hausordnung. Und Ordnung muss sein. Wieder entkleidet retour, mussten wir uns der Frage stellen, ob wir Bänder für den Eintritt hätten? Ja natürlich, weil sonst wären wir ja nicht ins Haus gekommen. Übrigens waren die Bänder abgezählt und nach kürzester Zeit wurde keiner mehr rein gelassen, obwohl eigentlich im Foyer noch genügend Platz war! Erst nach Abgeben eines Bandes wurde einem wartenden Gast wieder Einlass gewährt. Auch nicht schlecht für ein offenes Voting. Aber na ja, die Veranstalter werden es schon wissen, wie es geht und was sie beim 18. Newcomer Award machen. Sollte man sich denken. Der Eröffnungsact beweist mir schlagartig das Gegenteil:





Zwei DJs lassen ihre Technobeats auf das Publikum niederprasseln, die nicht wissen wie sie sich verhalten sollen, da sie eigentlich eher zu Bands gekommen sind, die die Richtungen Rock bedienen.
Einige verlassen fluchtartig das Musiktheater und ich bin mir sicher, dass sich die Rocky Mountains in den letzten 3000 Jahren mehr bewegt haben, als das anwesende Publikum. Nach ca. 20 endlos erscheinenden Minuten hat die Kakophonie ein Ende, aber jetzt öffnet die Hölle seine Pforten und lässt ihre Untertanen in Gestalt von zwei Moderatoren (in weitere Folge von mir als Vollpfosten kurz VP bezeichnet) auf die Bühne und es bietet sich den Besuchern ein Spektakel, dass man so noch nicht gesehen und gehört hat. Die beiden stellen sich gegenseitig vor und lobbehudeln sich vom Zettel abgelesen in die Höhe, als Sänger, Komponisten, Schauspieler, Kabarettistin und VIPs, die keiner kennt, dass sofort die ganze Bepflanzung im Theater eingeht und der Wein an der Bar schlecht wird (sofern es das Tröpfchen um 3,10- für den kleinen G’spritzten, überhaupt noch schafft schlechter zu werden). Aber dann kommt endlich der erste Auftritt, für den die Leute eigentlich gekommen sind:





Die Singer/Songwriterin erklimmt die Bühne und begleitet sich bei ihrem ersten Lied mit der Gitarre selber und das Ganze kommt ganz OK rüber. Dann macht sie aber einen Fehler und wird von einem jungen E-Gitarristen begleitet, der gleich mal ganz beachtlich „Eruption“ von Van Halen intoniert. Leider macht er dies die nächsten drei Lieder auch und SANDRA MAIR geht mit ihrer Stimme im Griffbrettgedudel leider unter. Entweder ist sie zu langsam oder er zu schnell oder er erschlägt sie mit einem Gitarrensolo. Vielleicht hätte man den Auftritt vorher gemeinsam einmal proben sollen. Aber es geht ja nur um 5.000,-- €, da muss man ja nicht alles dafür machen.

Der Auftritt geht zu Ende und die beiden VP betreten wiederum die Bühne, geben mit zwei anderen unbekannten VIPs die bereits gewonnenen Preise an Fr. MAIR weiter, labern Scheiße (Frage an SANDRA: „Wie kommt man als junge Frau dazu, Musik zu machen?“) was das Zeug hält und der Kopfsockenträger der beiden VPs sagt dann mit den Worten “Ich hab schon seit über fünf Minuten von der Technik den Daumen hoch für die nächste Band“ denkt sich aber, ich erzähl noch ein paar atmosphärisch dichte Schnurren aus meinem Leben, weil das Publikum ist ja wegen mir da und nicht wegen den Bands. Als er sich dann doch aufrafft um das JFT-TRIO anzusagen und Applaus aufkommt, verlässt er die Bühne mit den Worten: „Na, das JFT-TRIO hat scheinbar einige Fans im Publikum. Wundert mich nicht, weil die BEIDEN sind ja ziemlich fesch.“

Das FJT-TRIO, drei Jungs der Marke SUNRISE AVENUE oder ONE REPUBLIC machen Musik, die jetzt technisch nicht schlecht ist, aber eher sehr seicht daher kommt. Nicht wirklich mein Fall.

Ich und das Publikum freuen sich aber auf das Erscheinen der VP und es geht munter weiter mit der teuflischen Scharade und der Frage an das JFT-TRIO; „Habt ihr eigentlich auch schon Mal einen Dreier gemacht?“. Jetzt wird ein 400,-- € Preis vergeben für einen Komponisten der den Spark7-Jingle geschrieben hat. Dieser Jingle wird immer wieder gespielt und immer lauter, die VP und die Preisübergeber der Sparkasse bekommen sich gar nicht mehr ein, springen, schreien und freuen sich, als ob der Welthunger für immer bekämpft worden wäre und es obendrein keine Kriege mehr gäben würde. Und ich sag euch: Auch wenn ihr ihn noch hundert Mal abgespielt hättet, er wäre nicht besser geworden, aber ich verstehe schon eure Euphorie. Man muss sich, was man sich selber ausgesucht hat auch schönloben, auch wenn es uninteressant und erotisch ist, wie ein Hundstrümmerl im Kühlschrank!





Dann das erste Highlight des Abends: Die Linzer Stoner/Heavy Rocker PARASOL CARAVAN legen mächtig los und das Publikum tanzt, springt und klatscht zum ersten Mal so richtig mit. Echt toller Auftritt und nach ca. 20 Minuten muss PARASOL CARAVAN unter Zugaberufen leider aufhören und den Teufels-VP die Bühne überlassen. Es kommen wieder uninteressante Interviews, Eigenlob und Dummgeschwafel und ich denk mir, ich habe schon alles gesehen und gehört an Peinlichkeiten an diesem heutigen Abend. Da hab ich aber nicht mit der List des Teufels gerechnet und dieser öffnet seinen Sack und es kommt ein schauspielerischer Leckerbissen ans Tageslicht (oder besser gesagt in’s Scheinwerferlicht), der aus einem Kreis der Hölle entschlüpft sein muss und mir werden schlagartig die Bedeutung der Worte "Lasst, die ihr eintretet, alle Hoffnung fahren!" klar. Die beiden VP setzen sich Perücke und Bart auf und geben im elendigsten Wiener Dialekt eine Franz & Sissi-Parodie zum Besten, die die Welt noch nicht gesehen hat, aber scheinbar die Hölle. Das Publikum ist peinlichst berührt und denkt sich "Reden wir nicht über sie, schau und geh deinen Weg." und mit den Worten “Ja, die nächste Band (ausgesprochen wie geschrieben und nicht „Bend“ – sollte wohl wienerisch klingen, aber war wohl, wie die ganze Moderation ein Griff in den selbigen) heißt so wie Du!“ „Wie ich?“. Mein Aufschrei „Na, weil da müssten sie Volltrottel heißen“ wird von meinem Umfeld mit Applaus bedacht und dann kommen die für mich eigentlich schon feststehenden Gewinner des Abends auf die Bühne.





Das Wiener Trio von KAISER FRANZ JOSEF hat es wirklich drauf und reißt das Publikum mit ihrem 70er Retro Rock von der ersten Minute so richtig mit. Perfekt gespielt und gesungen (überhaupt die zweite Nummer „Why Does It Take So Long“) fegt das Trio über die Bühne und bestätigen mir, dass ich für die Richtigen gestimmt habe. Das Trio hat einen hohen Wiedererkennungswert und man denkt sich bei jeder Nummer, dass man sie schon Jahre lang kennt! Auch hier werden wieder die Schreie nach Zugabe, von den VP ignoriert, da man doch bedacht ist sich in’s rechte Licht zu rücken. „Das wird aber in diesem, eurigen Leben, nichts mehr“, nicht Mal im Kasperltheater. Mir ist schon klar, dass jede Band nur dieselbe Zeit zur Verfügung gestellt bekommt, aber die Zeit für den Eröffnungsact und die an Körperverletzung grenzende Moderation in den Pausen, aufgeteilt auf die Bands, hätte allen Beteiligten mehr gebracht!

Die letzte Band und die Preisübergabe hab ich mir gespart, da ich die beiden VP echt nicht länger durchgedrückt hätte. Aber scheinbar war der Sieger auch den Veranstaltern nicht besonders wichtig, da man weder auf der Facebook-Seite noch irgendwo im Netz am nächsten Tag etwas über den Ausgang der Abstimmung finden konnte.





Ich würde es KAISER FRANZ JOSEF gönnen, aber auch PARASOL CARAVAN, da ich mir sicher bin, mit KAISER FRANZ JOSEF die österreichischen WOLFMOTHER, RIVAL SONS, THE ANSWER & Co gesehen zu haben und auch ohne Sieg bei diesem Award ihren Weg bestreiten werden! Trotz allem kann man sagen, dass das Musiktheater auch solche Musik verträgt und auf die Frage, ob man auch in Zukunft etwas Härteres hier hören wird, kann ich auf die gegebene Antwort “Da müssen wir aber auch wen finden, der es bezahlt“, nur sagen: „Wenn ihr die richtigen Bands einladet, dann bezahlen sich diese auch mit den Einnahmen durch den Verkauf der Eintrittskarten und man wird es nicht glauben, für das Musiktheater schaut womöglich auch noch ein Gewinn raus“. Zeigt einfach etwas Mut und traut dem Linzer Publikum auch mal was anderes als Oper und Operetten zu!
www.newcomeraward.at

MadMax
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Beitrag vom 28.02.2014
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