RED SPAROWES  
17.05.2007 @ Szene

RED SPAROWES – rote Spatzen. Eine beiläufige Harmlosigkeit? Wer die kleinen, gefiedert herumhopsenden Gesellen wie ich schon seit einiger Zeit mit Argwohn betrachtet (ich fühle mich von ihren seelenlosen Augen immer an kleine Raubsaurier erinnert), hat schon richtig geahnt: Der Spatz hat’s in sich, wie uns die RED SPAROWES aus den Vereinigten Staaten mittels deftigem Post-Core glaubhaft machen konnten.

So ist das Tierchen Schuld an der größten Chinesischen Hungersnot von 1958 bis 1961 - 43 Millionen starben. Doch eigentlich war es vielmehr Mao, der große „Chairman“, der die Jagd auf die gefiederten Ernteräuber ausrief, um einen „great leap forward“ für das rote Volk zu erzielen. Folge: Heuschreckenplagen, da nun ohne natürlichen Feind.

Aber obwohl politische Querverweise auf der Video-Wall allgegenwärtig sind, soll es hier natürlich in erster Linie um die Musik gehen: Für diese sorgt zu Beginn der Österreichische Klang-Experimentator MANFRED HOFER, der uns zeigt, wie man Bassgitarre und Kontrabass sonst noch benutzen kann. Denn konventionelles Spiel findet sich in seinen elektronischen entfremdeten Geräusch-Landschaften kaum; bizarres Plektrum-Knirschen und hohle Hallwolken dominieren. MANFRED HOFER hat sich mit seinem Auftritt gewiss über den Status des unbedeutenden Opening-Herumprobierers katapultiert (was auch an der guten Publikumsresonanz bemerkbar war), für die ganz große Begeisterung war mir die Show jedoch zu beiläufig.

Ganz anders die RED SPAROWES: Vom ersten Takt an war klar, dass diejenige Musik, die auf Cd sehr, sehr ruhig und verhalten fließt, live ganz schön kracht. Trotzdem: Hypnotisierender Stillstand und drückende Melancholie lassen das inzwischen zahlreiche Publikum (allerdings bei halbierter Halle) eher zu Salzsäulen erstarren, als dass jemand eine allzu schnelle Bewegung wagen würde. Nur in den kurzen Pausen (aber auch erst nach andächtig-gespanntem Warten, ob denn nicht eine dieser ganz leisen Gitarrenmelodien folgt) brechen Begeisterungsstürme los, und die Band, die den ganzen Auftritt lang kein Wort sagt, nickt zufrieden.

Das Spiel der RED SPAROWES ist nicht zuletzt dank dem wieder mal exzellenten Szene-Sound mächtig druckvoll und kristallklar psychedelisch, die ruhigen Teile kommen gerade mit Slidegitarre wundervoll perlend und dabei nihilistisch wie aus Endzeiten; und wenn in den Ausbrüchen kurz mal der Pathos die Oberhand gewinnt, wird die Stimmung nur noch melancholischer. Ob Vergleiche mit den auch in der Bandbesatzung vorhandenen ISIS und NEUROSIS also gerechtfertigt sind? Jein, denn einerseits sind die RED SPAROWES ganz klar zurückgenommener und auch in den lauten Passagen zahmer als die ruhmreichen Kollegen – andererseits haben sie den Stil auch auf eine selbständige Art interpretiert, die sie zu einer unregelmäßigen, aber reizvollen Perle im Postcore-Meer macht. In dem Genre geht noch einiges.


FOTOS + E-CARDS
www.redsparowes.com/

marian
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Beitrag vom 23.05.2007
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