WACKEN OPEN AIR 2005 SAMSTAG MIT ACCEPT   KREATOR   DISSECTION   MARDUK   UVM.  
06.08.2005 @ Festivalgelände Wacken

Der Samstag sollte es gefinkelter anlegen als der regenfrohe Freitag. Wer sagt, dass man nur von dezentem Dauergepiesel nass wird - ein netter Zwei-Minuten-Platzregen tut´s doch auch!? Unter dem Motto spielte sich der Samstag ab. Das gesamte Festivalgelände, inklusive Fressbereich davor, sowie alle Hauptzeltplatzwege waren einer gigantischen Schlammlandschaft gewichen, ein wenig Stroh auf den frequentiertesten Plätzen vor den Bühnen schaffte ein wenig Abhilfe. Fünf oder sechs fabelhaft über den Tag verteilte Platzregen taten dasselbe für die trockene Kleidung. Mit Regenschutz bewaffnet und vom Wetter höchst unbeeindruckt versammelten wir uns also vor der Bühne - nicht umsonst! [Gore]

ZYKLON eröffneten die samstagliche Black Stage-Show mit apokalyptischem Death Metal. Samoth, Trym, Destructhor und Secthdamon fabrizieren einen Sound, der zwar dem Neuen gegenüber aufgeschlossenen ist, aber auch die Black Metal-Wurzeln nicht leugnet, was die Düsterkeit der Stimmung angeht. Etwas mehr Konsequenz würde ich mir als alter Blastbeat-Freak teilweise wünschen, beharrt die Band über weite Strecken doch etwas stur auf gedrosselten Tempobereichen, aber ZYKLON sind auch so ein Ohr wert. [Marian]

COUNT RAVEN sind eine Band, die mir in einer meiner ersten Metalzeitschriften untergekommen ist. Den Namen kenne ich daher schon ewig, konnte aber außer einem Samplerbeitrag nicht viel mit der Band verbinden - Grund genug, die schwedischen Doomster aus der Nähe zu betrachten. Die Band selber bewegte sich im Vergleich zu anderen Bands des Festivals in einer etwas gehobeneren Alterschicht, ebenso war kaum zu übersehen, dass das Durchschnittsalter vor der Party Stage erstaunlich hoch schien. Der ordentlich SABBATH-lastige Doom Sound von COUNT RAVEN, deren Fronter übrigens über eine ähnlich markant helle Stimme verfügt wie Mr. Osbourne, ist wahrlich nicht das, womit man heute die (Metal)Charts erobern kann - und liegt wohl auch nicht gerade am Puls der Zeit. Verwunderlich, dass gerade das der Band eine unglaubliche Sympathie verlieh? Nicht wirklich, denn im Gegensatz zu den verschiedensten Trends der letzten Jahre und einigen mit ihnen kommenden und gehenden (oder noch schlimmer sich wandelnden) Bands standen hier drei Herren, die allesamt geschätzte Mitte vierzig waren auf der Bühne und spielten trendfrei genau die Musik, die sie seit Beginn der Bandkarriere spielen und die genau das ist, was sie spielen wollen - unbeirrt von Verkaufszahlen und Co. Wer die Band nicht kennt und stilistisch Gefallen finden könnte, sollte sich COUNT RAVEN zu Gemüte führen. [Gore]

Mit SUFFOCATION zog ein regelrechter Dampfhammer über Wacken: Junge, die Mannen um Frank Mullen prügelten, dass es eine helle Freude war! Mal hemmungslos brutal und blastverliebt, dann wieder gnadenlos groovend, dabei immer wieder mit technischen Kabinettstückchen verziert – das können andere Bands vielleicht auch, aber SUFFOCATION klingen dabei zusätzlich völlig eigenständig und unverwechselbar. Schade, dass der Wind den anspruchsvollen Sound teilweise etwas zerriss, aber sonst: Hammer-Show! [Marian]

Nach dem Absage auf dem Earthshaker Festival standen OVERKILL zu guter letzt doch noch auf einer deutschen Festivalbühne diesen Sommer. Indem die Band live eine Wucht ist und für nichts anderes als Qualität mit brachialer Durchschalgskraft steht, ist kein langes Gefackel notwendig. Mit einem geilen Soudn augestattet stürmten die New Yorker amüsanter Weise mit einem Cover die Bühne - ok, was ist naheliegender als MOTÖRHEADs "Overkill". Sie sagten uns "Hello from The Gutter", ließen Menge das Feuer spüren und bewiesen schlicht und einfach wieder einmal, dass sie zu den besten live Acts gehören. [Gore]

DISSECTION durften am diesjährigen Wacken natürlich nicht fehlen, hat die Band doch auch hier ihren legendären Live-Auftritt auf Platte verewigt [Die Live-Aufnahme ist ja erst Jahre nach dem Bootleg aufgetaucht. War jedenfalls recht interessant, das einst und jetzt vergleichen zu können. – Anm. Gore]. Und Ex-Knacki Jon und seine Mannen enttäuschten nicht – wie konnten sie auch, ist die einzigartige Mischung aus schönster Melodie und dunkelstem Annihilismus ein Garant für eisig über den Rücken laufende Schauer. Interessant war, dass mit „Starless Aeon“ und „Xeper I Set“ zwei neue Kompositionen vom kommenden Album (die auch auf der Homepage als Roughmix angeboten werden) erstmals vorgetragen wurden. Der einfache, fast schon rockige Charakter der Stücke mag zwar etwas befremdlich wirken, aber im großen und ganzen finde ich die beiden Tracks anständig – auch wenn ihnen ein wenig die filigrane Ausarbeitung, die die alten DISSECTION so auszeichnet, abgeht. [Marian]

MARDUK – die schwedische Panzerdivision, hat sich in letzter Zeit nicht nur beliebt gemacht, und das gilt auch für mich, war ich doch gerade nach ihrem letzten Auftritt im Planet ziemlich enttäuscht von der recht lustlosen Performance. Legion mochte zwar nicht der beste Sänger gewesen sein, aber er hatte wenigsten Party gemacht, doch in der neuen Besetzung ... Der Wacken-Auftritt konnte meine Einschätzung glücklicherweise stark relativieren, wirkten MARDUK an diesem Tag doch ordentlich angefressen und brutal. Und Vokalist Mortuus kam ganz schön aggressiv rüber, was dem Gesamteindruck von MARDUK gut tat. So durfte mit neuem wie älterem Material eigentlich uneingeschränkt der perversen Lust am Black Metal gefrönt werden. Und dazu, wie es sich für Liveauftritte von Schwarzwurzel-Kapellen gehört, lachte auch kurz die Sonne zwischen den Wolken hervor, was einen bildschönen Regenbogen bis fast direkt vor die Bühne ergab – herrlich (un)passend! [Marian]
[Hier wäre fast eine Plus/Minus-Kritik angebracht, du hast aber noch die Kurve gekriegt, Herr Kollege. MARDUK wirken seit dem Ausscheiden von Front-Kasperl Legion, ohne den sie ohne Zweifel nicht die Popularität erreicht hätten, die sie haben, endlich wieder wie eine Black Metal Band und nicht wie eine Unterhaltungstruppe. So dumm es war, mit Bogge (Bass) den letzten fähigen Musiker aus der Band zu befördern, so gut war die Entscheidung Mortuus an Bord zu nehmen, was auch dieser Auftritt erneut bewiesen hat. Wem das nicht gefällt, und wem der Entertainment-Faktor Legion fehlt, der ist wohl bei einer Black Metal-Band ohnehin falsch. Und eines ist echt wahr - der Anblick, der fest auf die Bühne grinsenden Sonne, der vereinzelten tiefschwarzen Wolken und des das Szenario umarmenden Regenbogens war in der Tat pervers… - Anm. Gore]

KREATOR haben in Wacken meist die sprichwörtliche gemähte Wiese. Nicht anders war es dieses Jahr. Zu einer etwas fanfreundlicheren Zeit als das letzte Mal, sprich diesmal nicht erst um halb drei Uhr morgens. Gespielt wurde was einst gut war und es heute noch ist, dazu ein paar neue Tracks. Von „People Of The Lie“ oder „Phobia“ über „Violent Revolution“ bis zur Pflichtnummer „Flag Of Hate“ war alles dabei, was die Menge hören wollte. Ok, in zwei Stunden könnte man sicher mehr unterbringen, wir sprechen aber schließlich von einem Festival... [Gore]

Die für meinen Geschmack größte Enttäuschung stellte der Abschiedsgig von SENTENCED dar. Im Falle eines Gigs wie diesen hätte man sich wohl eine Retrospektive erwarten dürfen, aber die Finnen ignorierten bis auf das übliche "Nepenthe" die Existenz ihrer ersten drei Alben vollständig. Dass sich die Band nicht zuletzt mit ihrem dritten Album "Amok" eine ansehnliche Fanbasis erspielt hat (die der Nachfolger von Taneli Jarva auf dessen Posten hinterm Mikrophon zum Teil rasch wieder davongejault haben dürfte) schien vollkommen egal. Es gab also ein klein wenig vom "Funeral Album", dazu von jedem der "neuen" Alben eine kleine Portion. Aus der Masse hob sich neben "Nepenthe" (ok, die Nummer ist von „Amok“, aber die gibt´s ja immer…) gerademal "Noose" heraus. Meine grenzenlose Enttäuschung wird bei den Fans der ersten Alben nur den Kommentar auslösen, dass die Band ohnehin längst tot sei und jüngere Fans werden sie kaum nachvollziehen können, daher noch eine delikatere Beobachtung: glaubt es, oder nicht, aber der Leadgitarrist der Finnen nähert sich in seinem Umfang bedenklich dem ehemaliger CROWBAR-Mitglieder an. Ob das der Grund für den Split ist oder wohl nur die Sackgasse in die sich die Suicider navigiert haben? [Gore]

Für ein paar Gigs diesen Sommer, die präventiv a priori als legendär erklärt wurden, zauberten vermutlich ansehnliche Gagen die deutsche Metal-Legende ACCEPT auf die Bühne. Alben wie „Restless And Wild“ waren für die Zeit, zu der sie erschienen sind, gnadenlos hart und ebenso stilprägend. Ich denke da beispielsweise an eine kommerziell sehr erfolgreiche, schwedische Band, deren musikalisches Schaffen ohne das von ACCEPT und HELLOWEEN nicht existent wäre…
Gassenhauer wie „Metal Heart“ oder „Fast As A Shark“, die Legionen von coverfreudigen Bands von DIMMU BORGIR über SODOM bis THERION beeinflusst haben, wurden also von Herrn Dirkschneider und seinen Mannen zum Besten gegeben. Die anwesenden bekamen zwei Stunden, die eher den Titel „Night To Remeber“ verdient hätten, als es der Abend mit NIGHTWISH getan hatte, da an dem Abend normaler Weise Kultacts aufgefahren werden, die Band dürfte einen Haufen Kohle kassiert haben und wird nun die Geschichte wieder Geschichte sein lassen, und die Plattenfirma hat hundert Pro bereits das Live-Album in petto – nett war´s trotzdem. [Gore]

ENDSTILLE hätten ursprünglich, weil es vom Namen her so schön passen würde, den Abschluss auf der Wet Stage geben sollen, letztlich spielten sie aber als Vorletzte. Auch egal, so kompromisslos und eigenständig wie ENDSTILLE schmieden heutzutage nur wenige ihren Schwarzstahl, und ich wollte die Jungens sehen. Also kurvte ich durch tiefsten Matsch auf das Wet-Zelt zu, doch was sahen meine entzündeten Augen? Dieses war gerammelt voll, und damit meine ich: wirklich gerammelt. Kein Durchkommen – die Popularität von ENDSTILLE scheint gewaltig gestiegen zu sein. Von Außerhalb erspähte ich eine energiegeladene Show, die aber unter massiven soundtechnischen Problemen litt – und dachte mir: blöd, aber die sehe ich wieder ... [Marian]

GODDESS OF DESIRE gaben dann den Wet-Stage Abschluss, und zelebrierten das Ende mit gnadenlosem Old School-Sound, der leicht glauben machen kann, die 80er wären nie vergangen. Kostümierung und Bühnenbild der Holländer sind sowieso über jeden Zweifel erhaben, und der einfache, eingängige und auf höchst sympathische Art pathetische Sound ermuntert auch den schwerst Partygeschädigten zum Rocken. Der Clou sind aber freilich die Showeinlagen mit schlimme Schüler-dominante Lehrerinnen-Nummer und viel nacktem Fleisch – wegen Zelt leider ohne Feuerspucken, aber dafür mit immerhin vier mehr oder minder holden Weiblein. Dass das Ganze so hausgemacht, spaßorientiert und poserhaft daherkommt, steigert die Sympathiewerte letztlich nur noch – da kann man all die Genrediskussionen und technischen Ansprüche getrost vergessen, und sich einfach nur denken: „Yeah, Metal!!!“ [Marian]
www.wacken.com/

Gore
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Beitrag vom 29.08.2005
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