COMMERZOPHOBIA OPEN AIR  
30.07.2005 @ Das Boot, Kaisermühlen

Wiens erstes kleines Metal-Open-Air steht, getreu dem Namen COMMERZOPHOBIA, ganz im Zeichen des Undergrounds: Lokale Bands und wenig bekannte Aufsteiger statt teuren Promikapellen, billiger Eintritt, kompaktes Areal und nur ein Abend. Klein, aber fein, könnte man da sagen, und dass es an der Zeit war, das gemütliche Erholungsgebiet an der neuen Donau metalmäßig in Beschlag zu nehmen. Denn das erste und hoffentlich nicht letzte COMMERZOPHOBIA war außergewöhnlich und sehr entspannend, auch wenn es leider nicht völlig problemlos verlief.

Doch zunächst zur Musik: Der ersten Runde des legendären Escape-Luftgitarrencontests, moderiert von Willi „the Rock“, dessen Stimme mich sicher zu der Bühne lotste, und einem Bad in der mittelmäßig vertretbar sauberen Donau, folgten COLD COWSHED, PLENTY SUFFERING, ONANIZER und INZEST, um das Nachmittagsprogramm zu bestreiten. COLD COWSHED, tschechische Cold Core Metaller (? – wer denkt sich die Stilbezeichnungen aus?), lieferten einen Hybrid aus Grind- und Metalcore, also durchaus mit Gekreische und Gegrunze, aber auch mit strukturierteren, eingängigeren und fast schon atmosphärischen Parts. Das riss mich nicht wirklich vom Hocker, obwohl die Mannen spaßig drauf waren, dem Besitzer der Bühne genügte es aber als Anlass, wegen Dezibelüberschreitung zu meckern, mit Abbruch des Festivals zu drohen und die Kieberei heranzubestellen.

Weiter ging es, wenn auch etwas leiser – leider schon so leise, dass das Schlagzeug etwas stark in den Vordergrund trat. Aber egal, auch leiser Metal ist Metal, oder so. PLENTY SUFFERING gingen es mit ihrem Keyboardgestützten Melodic Death sehr gemütlich an, etwas zu gemütlich für meinen Geschmack. Da waren die zweiten Böhmen des COMMERZOPHOBIA, ONANIZER, schon interessanter. Ziemlich wütender Grind, „xtremely blasting & yet melodic". Ja, kann man gelten lassen!

INZEST aus Tirol (bei den Ansagen unüberhörbar) wagten dann einen ziemlichen Stilspagat zwischen Hardcore und Death – selbst nennen sie ihre Musik "Bulldozing-Deathcore" (klingt ja schon besser). Bezeichnenderweise coverten sie sowohl HATEBREED als auch KATAKLYSM, ihr eigenes Material bewegt sich recht variabel zwischen den Stilformen. Dabei wirkten die Jungens sehr motiviert und forderten das Publikum pausenlos auf, mehr Party zu machen. Dieses aber war bis zu diesem Zeitpunkt doch eher schnarchig – kein Wunder auch bei der Hitze.

Mit der einsetzenden Abenddämmerung und PARENTAL ADVISORY folgte die für mich interessantere zweite Hälfte. Die ärgste Hitze verflog, das wegen dieser massenhaft konsumierte Bier entfaltete seine volle Wirkung, und die Headfuck-Crew rockte laut (na ja, so laut, wie es eben erlaubt war), aber auf jeden Fall dreckig. Blastender, von tiefstem Gegrunze und bösem Gekreisch zu schönen Themen wie Sex, Satan, Mord und Totschlag begleiteter Death Metal. Und auch wenn manche „schneller!“ forderten muss ich sagen, dass gerade die neueren Kompositionen von PARENTAL ADVISORY bereits ein ansehnliches Maß an kompositorischer Dichte und Eigenständigkeit vorzuweisen haben. Nur mit dem geplanten Release der neuen Scheibe „Zombie Legion“ wurde leider nichts.

FESTERING FLESH gingen es dann reichlich technisch, aber auch sehr mitreißend an. Brutale Schredder-Parts, ausgiebige und einfallsreiche Soli, eingängige Refrains – alles da. Und Drummer Georg weiß nicht nur ordentlich Gas zu geben, sondern auch viel Feeling rüber zu bringen. FESTERING FLESH sollte man im Auge behalten, mit ihrer für die mittlere Zukunft anstehenden Scheibe ist etwas Feines im Anmarsch.

Dunkel ward`s, und CRUSADE, ihres Zeichens Veranstalter des COMMERZOPHOBIA, gaben sich und dem Publikum den Rest. Energisches Hardcore-Riffing, deathige Kompromisslosigkeit und eine sehr gute Stimme fügten sich zu einem überzeugenden Bild. CRUSADE – Eine Undergroundband, die mit hardcorelastigem Death Metal á la DYING FETUS und BRUJERIA ihren Weg macht und machen wird. Und natürlich Dank für die Organisation dieses Abends verdient!

Dann ging es auch schon zur letzten Band, DEVANIC, denn um 23:00 musste Schluss sein. Melodischer Death Metal steht auf ihrem Banner, und den gingen die mit voller Tatkraft und einem gehörigen Schuss Energie an. Eher moderner, gut gespielter Sound, melodisch, aber immer feste druff. Wenn man bedenkt, dass es die Band erst seit letztem Jahr gibt, nicht schlecht ... wobei ich anmerken muss, dass DEVANICS Musik auch nicht ganz die meine war.

Aber Schluss war noch lange nicht: Escape-Metalcorner Luftgitarrencontest, die Endrunde! Da wurde noch einmal lustvoll zu diversen Metal-Klassikern aus der Konserve gebangt, die Minigitarren verbogen und das Kinderschlagzeug zahllose Male auseinandergenommen. Und die abendliche Kühle ließ eine doch recht ansehnliche Publikumsrekrutierung zu. Ja, schön war`s! Wirklich eine gute Idee, das COMMERZOPHOBIA ist definitv eine Bereicherung für Wiens sommerliche Metalkultur und muss unbedingt wieder stattfinden!


FOTOS + E-CARDS
www.commerzophobia.com

marian
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Beitrag vom 31.07.2005
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