FORESTGLADE TAG 1 MIT PLACEBO   SPORTFREUNDE STILLER   THE (INTERNATIONAL) NOISE CONSPIRACY   MOTHER TONGUE...  
09.07.2004 @ Festivalgelände, Wiesen

Tag eins vom Forestglade Festival sollte für mich leider mit etwas Verspätung erst mit dem Konzert von TIGERBEAT beginnen. Davor zu sehen waren die österreichischen Alternative Rocker LITTERBOX, COLOUR OF FIRE und FIREBALL MINISTRY (angeblich Stoner Rock).

TIGERBEAT kommen zwar aus Deutschland eine größere Fanschar scheinen sie sich hierzulande aber noch nicht erspielt zu haben, ein derartiges Bild vermittelte zumindest das nur spärlich vorhandene und statische Publikum. Musikalisch reihen sie sich nahtlos in die Reihe der unzähligen „The“-Bands ein. Gemeinsam mit zaghaftem Keyboard Einsatz und ein bisschen Retro ergibt das keine umwerfende Mischung, als Hintergrundmusik zum kollektiven „Auf-der-Wiese-Liegen“ reichte es. TIGERBEAT waren zwar bemüht, wirklich geholfen hat das aber nicht, Mittelmaß bleibt eben Mittelmaß.

Ihre Landsmänner TERRORGRUPPE legten im Gegenteil dazu eine wirklich gelungene und sehr kommunikative Show hin. Erstmal galt es abzuklären wer den die Schuldigen am Unheil der Welt sind. Da bekamen einmal Marilyn Manson, später die Gesellschaft ganz im Allgemeinen und schlussendlich Ernst August ihr Fett weg. Nebenbei werden Kathedralen zu Mitfickzentralen und Islamisten zu Pornostatisten („Kathedralen“).
Höhepunkt ihres Auftritts war zweifellos die Arschrakete (kurz davor gab es auch sowas wie eine Kopfrakete zu sehen) - das nennt man Einsatz im Dienste der Spassgesellschaft und der Fans. Was man sich unter einer Arschrakete vorzustellen hat ist hoffentlich klar, ansonsten empfiehlt sich ein kurzer Blick ins Fotoalbum. Da durfte dann auch das allseits beliebte „Wir-legen-uns-jetzt-alle-auf-den-Boden-Spiel“ natürlich nicht fehlen. Kein Wunder dass bei derartigen Aktionen dann im sehr zahlreichen Publikum der Blutpogo regierte - Punk at it‘s best.

Anschließend waren die legendären MOTHER TONGUE an der Reihe um den ZuschauerInnen einzuheizen. Dies war nicht ganz so einfach schließlich verzog sich ein Großteil des Publikums nach dem Konzert der TERRORGRUPPE wieder in seine Winkel rund um die Bierausschankbuden. Dabei hätten MOTHER TONGUE wirklich besseres verdient. Wer relativ weit vorne stand freute sich aber trotzdem über den vielen Platz zum Abfeiern dieser genialen Band.
Die Querverbindungen zu RAGE AGAINST THE MACHINE wurden bei diesem Auftritt wieder mal sehr deutlich. Was in der Zeit der Nichtexistenz der Band (1996-1999) sich abgespielt hatte wurde klar als Sänger David Gould die zwei Jungs, die sich schon länger auf der Bühne zwanglos herumtrieben, als seine Söhne vorstellte. Vor allem Gould ist die extreme orgiastische Stimmung während des Konzerts zu verdanken.
Seine Ansagen (à la dreht auch um und seht euch mal die ZuseherInnen an) aber auch die gesamte Performance der Band waren eigentlich unbeschreiblich mitreißend. Die Laut-Leise Dynamik ihrer Songs trug noch das ihre zu einer - im wahrsten Sinne des Wortes - irren Stimmung bei. Wirklich schade dass sich das Interesse an MOTHER TONGUE derart in Grenzen hielt.

Die darauffolgende Band war dann auch schon THE (INTERNATIONAL) NOISE CONSPIRACY. Wie immer in schicker Banduniform starteten sie ihren Auftritt mit „Smash It Up“. Auch von ihrem neuen Album, das jedoch erst am 12. Juli veröffentlicht wurde, gabs Hörproben („Armed Love“, „A Small Demand“ und „Communist Moon“) und natürlich die Single „Black Mask“ samt praktischer Umsetzung. Durchwegs eingängige und melodische Songs mit relativ viel Pop-Appeal, Rick Rubin hat wieder mal ganze Arbeit geleistet.
Teilweise zweideutige Posen und Gesten von Sänger Dennis Lyxzen (trotz seiner Dürre ein enormes Energiebündel) gaben dem Ganzen schlussendlich auch noch eine erotische Dimension. Seine Mikrofon(ständer)-Akrobatik ist sowieso legendär und unübertroffen, zum Schellenkranz war er dann allerdings doch zu grob - so ein Musikinstrument ist ja auch kein Fußball. Für das jubelnde Publikum gabs zum Schluss als Zugabe noch „Capitalism Stole My Virginity“, dann waren die schwedischen Wirbelwinde auch schon wieder verschwunden.

Als nächste waren die SPORTFREUNDE STILLER am Programm. Sie überzeugten vor allem durch einen sehr routinierten Auftritt. Viel Energie und Dynamik hat es von ihrer Seite aber nicht gebraucht, die ZuschauerInnen waren eigentlich gar nicht mehr zu bremsen - auch als Nicht-Sportler konnte man sich dem wohl nur schwer zu entziehen.
Zu hören gabs das übliche - vom „Heimatlied“, „Siehst du das genauso?“ (von lustigen Campern umgedichtet zu: „Trinkst du denn genauso, in etwa so wie ich?“) über das „Kompliment“ bis zur neuen Single „Ich Roque“.
Über die österreichische Fußballnation wurde natürlich genauso gelästert bis schließlich ein Cerny Leiberl auf die Bühne flog. Sonst so geflogen kam dann noch ein Tanga und eine Zuschauerin im Bikini entblößte sich zu guter Letzt nach gutem Zureden und einem Tauschgeschäft durch die Bandmitglieder. Ein sehr energetisches Konzert also, der letzte Kick fehlte aber dennoch in einer gewissen Art und Weise.

Als Headliner durften am Freitag PLACEBO wieder mal ein Best-Of ihrer Diskografie abliefern (unter anderem „Without You I‘m Nothing“, „Every You, Every Me“, „Special K“, „Black-Eyed“, „Slave To The Wage“, „The Bitter End“ oder „I‘ll Be Yours“) der Schwerpunkt lag klarerweise auf dem neuesten Album „Sleeping With Ghosts“. Im Vorfeld dürfte Sänger Brian Molko (mit neuer „Afferl“frisur) angeblich nicht gerade am Besten gelaunt gewesen sein, während des Konzerts war davon nicht mehr viel zu bemerken, wortkarg waren sie ja schon immer. Für eine Ansage zu „Pure Morning“ reichte es dann allerdings doch: der Song an sich sei zwar schlecht aber trotzdem im Radio gespielt worden, so etwas könnt ihr locker auch, so der Sänger zum Publikum.
Der Anteil kreischender Mädchen war nicht zu unterschätzen, sowie insgesamt PLACEBO wohl die meisten Zuschauer gehabt haben dürfte, was sich in den vorderen Reihen eher unangenehm bemerkbar machte. Molko und Olsdal waren sexy wie immer, besonders letzterer wand sich um Gitarre und Verstärker, zu sehen gibts davon leider nichts da es ein Fotoverbot für Online Magazine gab. Als Zugabe gabs dann abschließend noch „Nancy Boy“, womit ein erfreuliches, aber nicht sonderlich hervorstechendes Konzert und ein sehr guter Festivaltag zu Ende ging.

Zurück beim Zelt am Campingplatz kam dann aber die große Enttäuschung: Es gibt doch tatsächlich Leute die einem die Zeltstange klauen! Zu dritt in einem Zwei Mann/Frau Zelt zu übernachten, das von Seilen notdürftig irgendwie aufrechtgehalten wird, ist alles andere als spaßig. Das war tatsächlich das negativste Erlebnis am Forestglade 2004, die Organisation funktionierte sehr gut, Verpflegung war gut und für das miese Wetter kann ja bekanntlich niemand etwas.


FOTOS + E-CARDS
www.wiesen.at

Doris
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Beitrag vom 18.07.2004
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