SCOFF   STONE CIRCUS  
16.11.2003 @ Chelsea

Hätte man jenen neblig-tristen Abend, an dem sich SCOFF und STONE CIRCUS im Wiener Chelsea ein Stelldichein gaben, musikalisch untermalen müssen, ihm einen Soundtrack geben sollen, man wäre wohl mit einer Nocturne von Chopin in Ebenholz-Schwarz-Moll oder zumindest einer Gothic-Band auf Antidepressiva-Entzug am besten beraten gewesen. Dass die beiden Bands, die es zu vernehmen galt, aber gänzlich andere Saiten aufziehen, mag ein Grund gewesen sein, warum die Besucherzahl die Uhrzeit kaum übertraf. Und sonntagabends ist ja prinzipiell nicht so ein toller Termin...

Den ersten Versuch, das Publikum aus der Tristesse des Wiener Herbstes in eine Welt aus staubigen Highways und glühender Wüstensonne zu versetzen, starteten die Niederösterreicher STONE CIRCUS. Wer KYUSS covert, sieht seine Musik sowieso als am durch die Hitze flimmernden Horizont auftauchendes Muscle Car, das mit einem tiefen Brummen auf einen zukommt und kümmert sich nicht allzu sehr um Kleinigkeiten wie die Bestandteile seines Sounds. BLACK SABBATH und alles in deren Tradition entstandene (ich denke da in diesem Fall an so Sachen wie KYUSS oder C.O.C. aber auch LIFE OF AGONY) ist sowieso immer dabei und eine gewisse individuelle Komponente auch. Die wird im Falle von STONE CIRCLE schätze ich von modernen Rockbands wie SYSTEM OF A DOWN ausgemacht, die ich bei einigen Teilen durchzuhören geglaubt habe, ebenso wie ein bisschen Seattle. Aber wie gesagt: solche Erbsenzählereien sind hier nicht angebracht.
LIFE OF AGONY wurden auch bereits erwähnt, und das zu Recht wie ich meine, denn der Einfluss von „Other Side of the River“ war einfach nicht zu leugnen bei einer der besten Nummern, die die vier Korneuburger darboten. Fragt mich jetzt bitte nicht, wie denn diese Nummer geheißen hat, der einzige Titel, den ich mir gemerkt habe, war „One Inch Man“, die bereits angesprochene KYUSS-Nummer. Vielleicht hätte ich den Fehler nicht begehen sollen, mir keine CD zu kaufen...
STONE CIRCUS konnte das Publikum bereits einigermaßen aufheizen, auch wenn eine zwischenzeitlich von mir durchgeführte Publikumszählung genau 21 Zuschauer ergab. Zu Quantität und Qualität des Wiener Publikums später noch etwas mehr.
Die vom Sänger getätigte und an einen Unentschlossenen an der Tür gerichtete Aufforderung „Kummts eina, göö…“ mit der anschließenden, etwas resignierend anmutenden Hinzufügung „…na dann hoid ned“ sollte erst später, als bei SCOFF mehr Leute da waren, Wirkung zeigen.
STONE CIRCUS wussten aber auch mit der kleinen Zuhörerschaft gut umzugehen und hinterließen einen durch und durch guten Eindruck.


Vor und nach den Auftritten der beiden Bands hatte ich die Gelegenheit, mit SCOFF-Drummer Malte small zu talken und bei dieser Gelegenheit gab Malte sich sehr begeistert, was den bisherigen Verlauf der Tour angeht. Natürlich meinte auch er, dass die Anzahl der Anwesenden ein wenig niedrig war, aber was die Wiener an Quantität dem Rest der betourten Städte nachstanden, konnten sie an Qualität wieder wettmachen. Denn auch wenn während des Auftrittes das Chelsea nicht gerade kochte, wussten einige sich doch recht ausgelassen zu der Musik zu bewegen und der Aufforderung, doch ein wenig näher zur Bühne zu kommen, wurde gerne Folge geleistet, was ja bei Konzerten dieser Größenordnung nicht selbstverständlich ist, und man denke nur an Bands, die diese Aufforderung der Verzweiflung nahe öfters wiederholen müssen.
Aber der Reihe nach.
SCOFF also. Da denkt man in Österreich an ein Tennis-Sternchen, das nie so richtig aufgeleuchtet hat und in der Musik an einen NIRVANA-Song, vielleicht aber auch bald an ein Trio aus München, das auf der Bühne explodieren kann und neben einer Detonation, die meinem Musikgeschmack sehr entgegenkommt, auch noch ein Feuerwerk der guten Laune freisetzt. So kann mir niemand, der auch nur ein wenig Rock’n’Roll im Blut und Seele im Leib hat, erklären, dass Basser Michi mit seinem extrovertierten Stageacting ihn nicht mit guter Laune ansteckt und als mindestes Symptom ein Lächeln auf die Lippen zaubert. Mit dem Thema „Stageacting“ beziehungsweise „Posing“ findet man dann auch die perfekte Überleitung zu Drummer Malte. Dessen Bühnenpräsenz zeichnet sich neben Posen mit allen Füssen, Händen und deren Verlängerungen (sprich Sticks) auch noch durch ein hervorragendes Beherrschen seines Instrumentes sowie kräftigster Verprügelung des selbigen aus. Die Bezeichnung Felleverdrescher trifft hier den Nagel so gut wie bei nur wenigen anderen Kollegen der trommelnden Zunft auf den Kopf. Aber nicht nur für sein Set stellt er eine Bedrohung dar sondern auch für’s Publikum, auf das er schon einmal mit Sticks schießt. „Schießt“ wohlgemerkt, nicht bewirft...
Bliebe noch Gitarrist und Sänger Zacki, der seiner Les Paul (was sonst?) den Dreck entlockt, aus dem zumindest meine Träume sind. Bei dieser Tätigkeit gibt er sich nicht ganz so wild wie seine zwei Mitstreiter, macht aber mit seinem lässigen und teilweise etwas in sich selbst versunkenem Auftreten ebenfalls eine gute Figur.
Außerdem singt er ja auch noch und das mit einer absolut hörenswerten, den ganzen Mix perfekt ergänzenden Stimme.
Und wie klingt das alles zusammen jetzt? Man hat es ja bereits dem bisher geschriebenen zumindest ansatzweise entnehmen können: dreckig, spontan, wild, rau. Wobei allerdings auch die eingestreuten ruhigen Parts nicht vergessen werden dürfen. Soll man das ganze an namhaften Bands fest machen, so würde ich mal die MELVINS und NEBULA nennen, allerdings nicht wie sie auf Platte sind, sondern so, wie ich sie mir live vorstelle.

Bin mir ziemlich sicher, dass mit diesem Auftritt das Wien-Kapitel für diese Band gerade erst begonnen hat, sie also nicht zum letzten Mal hier gespielt haben. Und fast genauso sicher bin ich mir, dass beim nächsten Auftritt dann auch die Menge an Zusehern da sein wird, die nötig ist um einen Club wie das Chelsea zum Kochen zu bringen. Warum ich mir da so sicher sein kann? Ich verweise nur auf die Tour- und Airplay-Referenzen, die ihr hier finden könnt…


FOTOS + E-CARDS
www.scoff.de

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Beitrag vom 20.11.2003
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