SUMMER BREEZE MIT NAPALM DEATH   SUBWAY TO SALLY   AMON AMARTH   PRIMAL FEAR   CHILDREN OF BODOM   AMORPHIS   IN EXTREMO   END OF GREEN   HOLLENTHON   PUNGENT STENCH   J.B.O.   IN FLAMES   U.V.A.  
21.08.2003 @ Abtsgmünd, Kochertalmetropole

Traditionsgemäß läutet das SUMMER BREEZE den Schluss der harten Festivalsaison ein, und auch heuer lässt sich feststellen: Es war ein würdiger Abschluss. Trotz des, im Vergleich zum letztjährigen, deutlichen schwächeren Billings zog das BREEZE annähernd 40 000 Leute, verteilt auf die drei Tage vom 21. bis 23. August, womit sich die Veranstalter (Silverdust Records) erneut steigern konnten, wenn auch nicht in dem Rekordausmaß vom letzten Jahr.

Was meine persönliche Vorfreude beträchtlich trübte waren die zahlreichen Absagen im Vorfeld: MESHUGGAH, VINTERSORG, DARKANE, KATATONIA, BORKNAGAR, SHADOW’S FALL, allesamt Delikatessen, die das etwas zweitklassige Billing hörbar aufgewertet hätten und teilweise noch nicht einmal (angemessen) ersetzt wurden. Weiterhin mysteriös bleibt das Entfernen von ANCIENT CEREMONY. Ab 26. Mai war auf der Rock Hard Homepage unter Aktuelles ein Link zu finden, der auf eine Info-Website verweist, auf welcher wiederum ein Begründungsschreiben zum Auftrittsverbot des Abtsgmünder Bürgermeisters Georg Ruf einem „Sehr geehrten Herrn O.(stertag, Achim; SUMMER BREEZE-Veranstalter – d. Verf.) „…in Ihrem ureigensten Interesse…“ nahe legt „…dass Sie die Band "ANCIENT CEREMONY" aus Ihrem Programm streichen…“. „Mitgliedern unserer Kirchengemeinde“ seien beim Surfen durch die Band-Links der BREEZE-Homepage auf „zutiefst blasphemische Aussagen“ seitens ANCIENT CEREMONY gestoßen, die „Für jeden Christen […] zutiefst verletzend [sind].“ Unmittelbar vor Festivalbeginn rumorten Gerüchte, es werde, provoziert durch das Auftrittsverbot, ein Anschlag auf die Dorfkirche nahe dem Gelände verübt, der allerdings, gottlob, ausblieb, aber immerhin dazu führte, dass am Mittwoch rechtzeitig zur Eröffnung der Camping-Side zwei Security-Leute ein Auge auf den Sakralbau hatten. Soweit die Fakten. Ob es sich bei dem Schreiben um authentisches Material handelt, lässt sich freilich nicht nachprüfen, womit die Sache im Auge des Betrachters liegt: Entweder spielen Kommunalpolitiker, wie so oft hierzulande, Verfassungsschutz oder eine mäßig bekannte Black Metal-Truppe giert wie so oft nach ein bisschen Publicity. Wie dem auch sei haben ANCIENT CEREMONY unlängst angekündigt ein Lied über die „skandalösen Vorgänge“ für die nächste Mini zu dichten…

Wie im vergangenen Jahr war ich leider der einzige EARSHOT-Abgesandte vor Ort, anders als im vergangenen Jahr, habe ich mich heuer jedoch dazu entschlossen mindestens 50% der Zeit zu Saufen, was natürlich meine Anwesenheit bei manch namhafter Truppe verhinderte, sorry!


Donnerstag, 21. August

Getränk des Tages: Absinth (mit braunem Zucker flambieren und kaltem Wasser löschen)

Nackenbrecher des Tages: PUNGENT STENCH

SLEEEPING DODS LIE, FINAL BREATH, die Belgier SINCERE sowie EDENBRIDGE und die BLOODFLOWERZ habe ich verschlafen, was soll’s. Als popotretender Weckruf kamen die Schweden PSYCHOPUNCH gerade recht. Schön dreckig und simpel klingt das neue „The Pleasure Kill“-Material, das gewohnt rotzig dargeboten wurde. Danach verdunkelte sich pünktlich zu NAPALM DEATH der Himmel – die Briten schienen ihr Wetter importiert zu haben, denn sie waren die einzige Band, die unter einem verregneten Gig zu leiden hatte. Abgesehen davon grindete das Quartett verdammt tight, trotz des dünnen Gitarrensounds. Beim abschließenden Klassiker „Nazi Punks Fuck Off“ konnten die ersten Crowdsurfer gesichtet werden, übrigens deutlich weniger als 2002, was auch an der nicht ganz so souveränen Security gelegen haben könnte. SYMPHORCE, die Zweitband des BRAINSTORM-Fronters Andy Franck, waren ganz O.K. Hymnischer, Spötter würden sagen gemächlicher, Power Metal ohne allzu viel störende Originalität. RAGE hingegen haben sowohl auf Album, als auch live einiges an Härte wieder gewonnen. Schon fantastisch was für massive Soundwände das Trio zu mauern im Stande ist. Wirkte die Pappmache-Burg des letzten BREEZE-Gigs vor zwei Jahren noch kultig bis peinlich, gab man sich 2003 aufs Wesentliche konzentriert und fuhr eine eher nüchterne Lightshow auf.

Das Konzept mit den zwo Bühnen (der Main- und der Painstage) auf denen die Bands abwechselnd und überschneidungsfrei lärmen konnten, gestaltete sich dieses Mal wesentlich entspannter, da ein gutes Dutzend Gruppen weniger zugegen war, was wiederum die Zeitpläne flexibler gestaltete.

PUNGENT STENCH mussten kurzfristig MESHUGGAH ersetzen, was ihnen allerdings niemand übel nahm, denn STENCH waren wohl der einzige würdige Ersatz für eine der vielen gecancelten Truppen. Dem blasphemischen Grundtenor des BREEZE-Publikums mutig trotzend betrat man die Painstage in den, seit der Comeback-Scheibe obligatorischen, Priestergewandungen, die nach dem Intro rasch abgelegt wurden, um dem SM-Outfit zu weichen. Auffallend, dass während des Auftritts, zunehmend Weibsvolk sich der Pain näherte… Was vielleicht auch an der Metal-Version von La Bamba gelegen haben könnte, die STENCH als Zugabe springen ließen, rotzecool! Von KROKUS habe ich zugegebenermaßen nur rudimentäre Erinnerungen. Der Sound war, und das stellte leider eine Ausnahme dar, glasklar und richtig proportioniert, Mark Storace, für sein biblisches Alter, gut bei Stimme und die Instrumentalfraktion, nach Jahrhunderten des gemeinsamen Spiels, erwartungsgemäß tight wie Strumpfhosen. PYOGENESIS interessieren mich ehrlich gesagt einen Scheiß, weshalb wir übergangslos zu SUBWAY TO SALLY schreiten, die ihr beachtliches Following zwar wie gehabt absolut unter Kontrolle hatten, sonst jedoch nur gewohnte Routine boten. Inzwischen dürfte wohl jeder Metaller zwischen Wien und Hamburg SALLY schon mehrmals gesehen haben, also müsst ihr lediglich euer Gedächtnis bemühen, um einen Eindruck von der Show zu bekommen. Wer auf THE KOVENANT steht, und das sind dieser Tage nicht wenige, hätte auch an dem Gig gefallen gefunden, da selbiger sich nicht großartig von den Alben unterschied. Natürlich kamen zwangsweise sämtliche Elektro-Elemente des THE KOVENANT-Sounds vom Band, was allerdings nur die Kritiker der Norweger gejuckt haben dürfte. In Sachen Originalität und Abwechslung aber allemal ein geeigneter Rausschmeißer, um den ersten Festivaltag zu beenden.


Freitag, der 22. August

Motto des Tages: Je suis le saboteur!

Todeskommando des Tages : NAGLFAR

Meinen rigorosen Schlafgewohnheiten fielen AGE OF IGNORANCE, FALLEN2PIECES (Ohrenzeugen zu Folge Hammergig!), DARKWELL, THUNDERSTORM und JUSTICE zum Opfer. HYPNOS gingen, wie übrigens viele Kollegen der extremen Fraktion ebenfalls, in ihrem eigenen Lärm unter – zu undifferenziert abgemischt waren die eigentlich gut kickenden Riffs der Deather, schade drum. Bei HEAVEN SHALL BURN wurde erst mal backstage ein Bierchen gefrühstückt, was bis zu GRAVEWORM dauerte, die im Anschluss hervorragend frequentiert wurden. Nicht das erste Mal auf dem SUMMER BREEZE zu Gast, konnten die tourfreudigen Südtiroler auf jede Menge Stammpublikum zurückgreifen, die zu ihren Lieblingen bei gutem Sound größtenteils im Takt die Matten schüttelten. Erfreulicherweise frönten die Veranstalter 2003 nicht zu sehr der eigenen Gothic-Vorliebe und fuhren nur den guten Genre-Durchschnitt auf. Danach die FARMER BOYS: Das erste livehaftige Lebenszeichen seit ein halben Ewigkeit und dann das! Matze - so wie so nicht perfekt bei Stimme - und die unverzichtbaren 80er Keyboards wurden akustisch von den viel zu tiefen Klampfen förmlich überrollt, die Drums erledigten die restlichen Feinheiten der wohl kalkulierten FARMER BOYS-Trademarks. Da konnte das Stageacting noch so ambitioniert sein. Ach ja, warum zur Hölle müssen die Chartbreaker schon um 16:15 Uhr auf die Main? DISBELIEF wurden für die verletzten VINTERSORG eingewechselt und wiederholten im Wesentlichen ihre letztjährige Show; und die war, man erinnere sich, überzeugend. Dito AMON AMARTH, wie immer mit wuchtigem Sound direkt in die Magengrube. Nur war die Crowd deutlich zurückhaltender als letztes Jahr. Was man von NAGLFAR nun wirklich nicht behaupten kann, nannten die Schweden doch einen der seltenen Moshpits ihr Eigen. Und gottverdammt waren die laut! Obwohl schon einiges gewohnt, verzog ich mich nach hinten Richtung Mischpult, von wo aus sich NAGLFAR richtig genießen lässt. Natürlich nicht ganz so filigran wie auf Album, aber mit beachtlicher Geschwindigkeit und Präzision blasteten sich die Blackies durch ihre Dreiviertelstunde. PRIMAL FEAR und DIE APOKALYPTISCHEN REITER habe ich verpasst, siehe Einleitungsabsatz.

Die 400 Milliliter Pils haben sich auf dem Gelände bei 2,50 € eingependelt, was schon ganz schön ins Geld geht. Die Auswahl an Verpflegung deckt die Grundbedürfnisse zwar gut ab, kommt allerdings noch teurer, so kostet der Mini-Döner 4 €, die halbe Mini-Alberto-Pizza 3,50 €. Des Weiteren sind die gängigen Labels selbstverständlich mit Ständen vertreten, am eklig grünen Hammer-Bus konnte man sich CDs signieren lassen, Klamottenzelte gab’s en masse und trotz der Hitze am Freitag und Samstag hatte das DRK vergleichsweise wenig zu tun. Shuttle-Busse verkehrten im Gegensatz zum letzten Jahr nicht mehr zwischen Camping- und Festivalgelände (Randnotiz: 2002 wurde ein Busfahrer zusammengeschlagen – anscheinend jedoch nicht von Festivalbesuchern).

Alexi Laiho war sauer, stinksauer. Irgendwelche technischen Probleme verzögerten den COB-Gig nun bereits 15 Minuten lang und die locker über zehntausend Leute vor der Mainstage stimmten ein kaum zu überhörendes Pfeifkonzert an, das dann relativ abrupt vom harschen Opener „Needled 24/7“ weggeblasen wurde. Doch die Soundprobleme hielten lange an und das Gelände war – zum ersten Mal – deutlich überfüllt. Teilweise standen die Leute so komprimiert beieinander, dass gar headbangen unmöglich wurde. Zu AMORPHIS endlich beruhigte sich die Lage, man konnte sogar wieder ein paar Schritte gehen und Versuche, sich zum nächsten Bierstand durchzuschlagen schienen wieder realistisch. Auch der Mann am Mischpult war inzwischen aufgewacht, so dass AMORPHIS die Chance nutzen konnten ihre Vorstellung von vor zwei Jahren zu toppen, was dank massig alter Songs auch gelang. Für IN EXTREMO gilt im Grunde das gleiche wie für SUBWAY TO SALLY: Durch das exzessive Touren der letzten Jahre hat sich unvermeidlicherweise Routine in die Shows der Marktführer eingeschlichen, die allenfalls noch von gnädigen DieHard-Fans verziehen wird, welche jedoch die Majorität vor der Mainstage ausmachte.


Samstag, der 23. August

Märtyrer des Tages: Ein Typ, der auf Grund 53 scharfer Gewehrpatronen an seinem Gürtel „einer Anzeige wegen Missachtung der Waffengesetze entgegensieht“.

Schädelspalter des Tages: J.B.O.

DEFENDING THE FAITH, THE ARMADA, KORODED, DARKSEED, DESASTER und leider auch DEW SCENTED sowie CALLENISH CRICLE konnten nicht inspiziert werden. Ein kleiner Kreis erlesener Bands hat die Ehre regelmäßig auf dem SUMMER BREEZE spielen zu können. Dazu gehören u.a. VADER, AMORPHIS & RAGE, die im Zweijahrestakt im Billing zirkulieren. Auch GOD DETHRONED gehören in diese Aufzählung und erneut hämmerten die Holländer 40 Minuten geballten Christenhass in die Menge; wo waren da, frage ich, die zutiefst verletzten Christenmenschen? Warum fing Bürgermeister Ruf Henri Sattler und Co. nicht schon am Flughafen ab, um sie umgehend Zwangstaufen zu lassen? Und ist kein Abtsgmünder Sittenwächter des Englischen mächtig oder fähig den Bandnamen durch eine Übersetzungsmaschine zu jagen? Wie dem auch sei, im Anschluss stiegen UNDERTOW auf die Bretter um ihre derben, hörbar von CROWBAR beeinflussten Songs einer gierigen und ansehnlichen Menge an Supportern um die Ohren zu schlagen. Aus dem Alter, in dem man noch SINNER hört bin ich inzwischen raus, wenden wir uns also END OF GREEN zu, neben UNDERTOW und den BLOODFLOWERZ das Zugpferd von Silverdust. Wie bei den meisten, akustisch eher gemäßigten Formationen, war der Sound O.K. und der Einstieg, der Opener des letzten Albums, perfekt gewählt. Vom Ville Vallo-Look des Fronters abgesehen eine gut kickende Show vor dankbarem Publikum, das den Stuttgarter förmlich aus der Hand fraß. Von WITHIN TEMPTATION sah ich lediglich die barocken Bühnendekorationen, da mir ihre Songs inzwischen viel zu seicht sind und ich das kaputt gesendete „Ice Queen“ echt nicht mehr hören kann. HOLLENTHON sind da bedeutend origineller. Von der erstklassigen PUNGENT STENCH-Show vom Donnerstag angefixt, lauschte man gar zahlreich dem rasanten Klassik-Death. Leider harmonierte die Band mehr schlecht als recht mit den massiven Samples, im Gesamteindruck allerdings mit das beste während der drei Tage in der Kochertalmetropole. Einige Miesepeter sind immer noch der Meinung J.B.O. gehörten nicht auf ein Metalfestival. Scheinbar waren diese Ignoranten nicht zugegen, als die Franken kurz nach neun die Mainstage bestiegen, um selbige gut 80 Minuten später als klarer Tagessieger zu verlassen. Keine andere Band auf dem BREEZE 2003 erntete vergleichbar frenetische Publikumsreaktion, Mitsingchöre oder schlichten Applaus wie das Orchester. Gut, hätten Vito und Hannes weniger gelabert, wäre vielleicht ein Song mehr drin gewesen, an Dynamik mangelte es freilich trotzdem nicht. Optisch as usual sehr bemüht brachten J.B.O., verstärkt um einen Aushilfsgitarristen (Vito war an der Pfote verletzt), alle bekannten Standards wie den Pavarotti, die aufblasbaren Lettern und die Riesendödelcollage. Mit THE CROWN im Hintergrund musste erst einmal der Alkoholpegel wieder gesteigert werden, schließlich waren IN FLAMES im Begriff das Festival abzuschließen. Vor der Hauptbühne wurde das Gedrängel erneut unerträglich, die Besuchermassen waren sogar in jenen Winkeln zur Main komprimiert, die eigentlich gar keine Sicht auf die Schweden boten, welche als Ausgleich massig Pyros auffuhren, um eine stilechte Metalshow zu zelebrieren. Quer durch die eigene Diskographie zockten IN FLAMES ausschließlich Hits. Von Anfang an war die Crowd kontinuierlich am Austicken - Fronter Anders Friden kam nicht mehr mit dem Bedanken nach…


FOTOS + E-CARDS
www.summer-breeze.de

Tobias
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Beitrag vom 14.09.2003
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