FESTIVAL INTERNACIONAL DI BENICASSIM 2003 - FREITAG - BLUR PLACEBO BADLY DRAWN BOY MOLOKO
08.08.2003 @ Benicassim, Spanien
Begonnen hatte es ja eigentlich schon früher, nicht zuletzt deswegen weil der Campingplatz schon ab 4. August seine Türen geöffnet hatte - Gelage natürlich inklusive. Abgesehen davon bildete aber das FIB Start am Vortag des ersten Festivaltages den eigentlichen Auftakt. Die zehn Euro Eintritt dafür sind jedoch nicht im Drei-Tages-Pass inbegriffen, was gegmeinsam mit der Tatsache, dass auch wirkliche Headliner fehlten dazu führte, dass der Andrang nicht gerade überwältigend und die Stimmung am Campingplatz entspannter war. Zu sehen und hören gab's auf jeden Fall sehr viele spanische Acts, EL COLUMPIO ASESINO beispielsweise, die lärmend-sphärisch sich präsentierten und trotz heftiger Verzerrungen einige Ohrwürmer bereithielten. Die gleich danach anschließenden SUNDAY DRIVERS boten dem durchaus begeisterten Publikum langsamen, emotionellen Pop der Marke Großbritannien. Eigentlich ist die Originalität dises Konzepts aber auch nicht wirklich überragend. Wie dem auch sei, die meisten bereits angereisten Besucher blieben auf den Campingplätzen, weshalb auch ich bald das Festivalgelände verließ.
Solchermaßen aufgewärmt ging es in den ersten Festivaltag - und wie könnte es auch anders sein, dieser wurde sehr heiß. Selbst um 17:00 Uhr, als die ersten Bands ihr Set begannen war es sicher noch angenehmer sich in einem klimatisierten Cafe in der Stadt aufzuhalten als sich ins heiße Konzertzelt zu zwängen. Da wundert es dann auch keinen, wenn die letzten DJs um 6:00 Uhr morgens aufzulegen beginnen - so auch beispielsweise auch KRUDER dieses Jahr.
Der erste wirklich interessante Act des Tages - THE DELGADOS - spielte dankenswerterweise erst später. Das Quartett bot gemeinsam mit Querflöte und Streicherensemble mal gefühlsdusligen Pop, mal recht folkig angehauchten, straighten Rock dar. Manchmal driftete das Ganze aber doch recht deftig in den Folk ab - Musikantenstadl Konnotation inklusive. Ein also eher inhomogenes Konzert, wobei die stark rockigen Songs auf Grund der viel softeren Albumversion positiv überraschten.
Auf der Hauptbühne war anschließend BADLY DRAWN BOY an der Reihe. Nicht nur wegen seiner allgegenwärtigen Strickmütze erinnerte er anfangs an HANS SÖLLNER, nein, auch musikalisch ging er kurz mal in diese Richtung, ebenso wie das karibische Reggae Feeling die Assoziation BOB MARLEY aufblitzen ließ. Dazu passte dann auch der hawaiihemdtragende Tourmanager, der scheinbar auch als Teilzeitpianist sein Brot verdienen muss. Ansonsten bot BADLY DRAWN BOY wie zu erwarten ruhigen, melancholischen Pop - ein Vergleich mit NEIL YOUNG liegt nahe. Beinahe fröhlich jedoch wurde es beim "Let The Sunshine In" Cover, das auch gut zum Festivalwetter passte. Auf jeden Fall eine beeindruckende One Man Show mit hoher Qualität, die nicht nur wegen der ruhigen und besonnen Performance des Damon Gough zum Chillen anregte.
ECHO AND THE BUNNYMEN, die erst kurz vor Beginn des Festivals zum Line-Up hinzukamen, sollten als nächstes für Stimmung sorgen. Die Begeisterung des Publikums hielt sich allerdings in Grenzen, vielleicht auch weil die meisten BesucherInnen die 80er Jahre nicht bewusst miterlebt haben. An ihrem Sound haben sich auf jeden Fall die frühen PRIMAL SCREAM orientiert, soviel wurde bei ihrem Konzert klar. Zuckersüße Melodien waren jedoch nicht genug mich von den parallel beginnenden MOLOKO abzuhalten.
Leider - es war auch schon von Weitem ersichtlich - war die Bühne inklusive Zelt für MOLOKO viel zu klein, die Hauptbühne wäre wohl der bessere Ort für dieses Konzert gewesen. So drängten sich aber die Massen bis weit vors Zelt hinaus. Der guten Stimmung tat das aber keinen Abbruch, ganz im Gegenteil, das Publikum kochte bereits beim gut gewählten Opener "Familiar Feelings". Roisin Murphy - die Disco Diva schlechthin - wirkte in ihrem wallend, orientalisch, esoterischem Kleid beinahe wie ein Guru der ausklingenden 90er.
Längeres Verweilen war jedoch auch hier nicht möglich, denn 400 Meter weiter sollten PLACEBO gleichzeitig beginnen. Dies taten sie - wie auch beim Wiener Konzert im Mai - mit dem ersten Song des neuen Albums. Eigentlich ein passabler Opener, nur der Sound eierte furchtbar. Und auch der Rest des Konzerts sollte nicht gerade erfreulich verlaufen. Molko gab sich wie auch auf der Pressekonferenz wortkarg, bis auf "Muchas Gracias" entschlüpfte ihm keine Ansage. Das Konzert wirkte wie auswendig heruntergeleiert - was auch kein Wunder ist, schließlich sind sie bereits einige Zeit auf Tour und lassen in Europa scheinbar kein Festival aus. Der Schwerpunkt lag klar auf der neuen Platte, aber auch beinahe alle Hits spulten sie gekonnt ab. Der Sound war auch durchaus passabel, nur der Funke wollte wie gesagt nicht so recht überspringen, was wahrscheinlich auch an der dürftigen Bühnenshow lag. Schade darum, ihr Wiener Konzert war um Längen besser, bei MOLOKO zu bleiben wäre also doch die klügere Entscheidung gewesen.
Die darauffolgenden BLUR sollten für diese Enttäuschung aber mehr als nur entschädigen. Sänger Damon Albarn gab sich friedlich, entspannt und gut gelaunt, von der Arroganz, wie sie BLUR in letzter Zeit bei diversen Interviews zeigten, war auf der Bühne nichts zu spüren, angesichts der tausenden jubelnden Fans aber gar nicht so abwegig. Ansonsten galt für ihren Auftritt "Oldies But Goldies" - von dem unvermeidlichen "Song 2" (die Menge tobte - wahrscheinlich der größte "Moshpit" des Festivals) bis zu "Girls & Boys" war beinahe alles dabei, den Verlust von Graham Coxon scheinen sie schon recht gut verkraftet zu haben. Zwar waren auch sie nicht gerade gesprächig, die Interaktion mit dem Publikum gelang ihnen aber auf jeden Fall besser als PLACEBO. Alles in allem wirken sie zwar gereifter und ruhiger, die Rockexplosionen mit dem Punk-Touch ("Song 2", "Crazy Beat" vom neuen Album) stehen ihnen allerdings immer noch sehr gut und bleiben glaubwürdig. Schlussendlich waren sogar noch Zugaben drin - und das obwohl die Leute schon massenhaft das Areal verließen - und Damon Albarn nahm schlussendlich glückselig ein Bad in der Menge.
Nach kurzer Umbaupause waren BETH GIBBONS & RUSTIN MAN die letzten dieses Tages auf der Hauptbühne. Die Stimme der ehemaligen PORTISHEAD Sängerin steht innerhalb dieses Bandkonzepts klar im Vordergrund. Drumherum arrangiert RUSTIN MAN, alias Paul Webb die passend melancholisch-sphärisch intimen Melodien. Gepaart mit dem Weltschmerz, der sich gesammelt in BETH GIBBONS' Stimme und Gesichtsausdruck wiederfindet ergibt das ein sehr intensives Musikerlebnis - ob das allerdings das richtige für die Zeit um 4:00 Uhr morgens ist, sei dahingestellt. Störend war auf jeden Fall, dass bereits die Putzkolonnen ihren Dienst antraten und der Lärm vom Nachbarzelt die feinen Nuancen des Konzertes übertönte. Auf jeden Fall war mensch nach diesem Konzert richtig eingeschläfert, um den Heimweg anzutreten. Zum weitest entfernten Campingplatz kann dieser jedoch ganze 30 Minuten betragen. Shuttlebusse gibt es zwar, herauszufinden von wo sie losfahren ist aber schwierig - wir erfuhren es leider erst am letzten Tag. Dafür sind um diese Zeit zumindest die Duschen nicht vollkommen überfüllt und auch Warmwasser lässt sich mit ein bisschen Glück ergattern. Im Gegensatz dazu sehr erfreulich ist das Ticketsystem an den Bars am Festivalgelände, das Wartezeiten auf ein Minimum reduziert. Vielleicht lagen die kurzen Wartezeiten aber auch daran, dass THC auf diesem Festival scheinbar in größeren Mengen konsumiert wurde als Alkohol.
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Doris
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