MARILYN MANSON   HIM   TURBONEGRO   SUCH A SURGE   JESUS CHRIST SMOKES HOLY GASOLINE    FU MANCHU   CORE     
20.06.2003 @ Wiesen

Saisonstart in Wiesen - und das mit einem teils hochkarätigen, teils aber auch optisch schockierenden Programm vor rund 8000 zahlenden Gästen, welche auch aus unseren Nachbarländern angereist kamen.

Eröffnet wurde das Kick Off, der alljährliche Startschuss zum längsten Festivalreigen des Sommers, von der kurzfristig eingesprungenen Hoffnung der heimischen Szene, CORE, welche als Ersatz für die krankheitsbedingt ausgefallenen THE SOUNDS fungierten. Leider konnte ich aufgrund eines gerichtlichen Termins zu diesem Zeitpunkt noch nicht in Wiesen anwesend sein, und somit waren die Wiener Neustädter JESUS CHRIST SMOKES HOLY GASOLINE für mich die erste Bands des Abends.
Die Band mit dem wohl längsten - Namen - der Szene hat kürzlich in der Virtuosin Nazide "Nasi" Gönenli Zuwachs gefunden, was sich durchaus positiv auf den Sound des Sextetts auswirkte - noch vielfältiger, abwechslungsreicher und innovativer als bisher, wussten sie mich mit ihrem politisch angehauchten Skapunk mit Reggae- und Emo-Einflüsse durchaus zu begeistern, und auch das bereits zahlreich anwesende Publikum honorierte die überaus tadellose Liveperformance der Band. Ihr Set gestaltete sich ob der breiten stilistischen Vielfalt äußerst kurzweilig, und auch wenn man nicht unbedingt mit den Hauptacts harmonierte, so schienen JCSHG - zu recht - bereits eine beachtenswerte Fangemeinde um sich geschart zu haben. Live zählt die Truppe rund um Fronter, Gitarrist und Vokalist Gerold Haubner definitiv zu einer der besten Acts in Österreich, und das haben sie zumindest mir schon mehrmals eindeutig bewiesen.
Hierauf hatten zwei bekannte deutsche Acts die Ehre, das heimische Publikum zu unterhalten - SUCH A SURGE und PYOGENESIS. Erstere konnten neben altem Material auch ihr aktuelles Werk "Rotlicht" präsentieren, mich jedoch konnte die Mischung aus HipHop- und Punkrock-Elementen nicht sonderlich überzeugen, auch wenn das Sextett eine gute Performance an den Tag legte und rein objektiv betrachtet, auch definitiv zu den musikalisch besseren Vertretern ihres Genres gehören. Den Punkrock der Kollegen PYOGENESIS vernahm ich nur aus Entfernung, da sich mittlerweile ein Großteil der Festivalbesucher in der "Lebensmittelabteilung" des Festivalgeländes tummelte, und sich auch bei mir langsam der Hunger und Durst breitmachte. Das, was meine Ohren jedoch erreichte, rechtfertigte den Status des deutschen Quartetts durchaus: Fetter Pop / Punk / Rock der Güteklasse 1A, welcher selbst an den zahlreichen Ausschankgelegenheiten die Besucher zum Mithüpfen veranlasste.
FU MANCHU - eine kalifornische Truppe aus dem Umfeld der QUEENS OF THE STONE AGE - schlug hierauf mit Heavy Stoner Rock etwas bodenständigere Klänge an und konnte somit das Pech, die letztjährige Europa-Tournee absagen zu müssen, zumindest in Wiesen wieder wettmachen. Im Publikum machte sich jedoch bereits der Alkohol breit, sodass die lockere, ausgelassene Stimmung des Nachmittags noch ausgelassener, wenn auch unkontrollierter wurde. Zumindest passten FU MANCHU stimmungsmäßig absolut dazu, sodass das spielfreudige, energiegeladene Quartett nicht viel falsch machen konnte - sie kamen, sahen und siegten, zumindest im Vergleich zu den hierauf folgenden TURBONEGRO aus Oslo.
Die als "Village People des Rock" angepriesenen Punkrocker wussten vorallem optisch zu schockieren - nicht gerade junge und noch dazu heterosexuelle Biervernichtungsmaschinen, welche ihrem Untertitel alle Ehre machten sind nun mal für mich nicht unbedingt eine Augenweide, auch wenn die Musik noch so gut gewesen wäre. Weit gefehlt jedoch, auch musikalisch schien mir die Partie ein langweiliger, billiger Abklatsch von Partien wie SAVATAGE zu sein - weit entfernt jedoch von deren musikalischen und stimmlichen - aber auch optischen - Qualitäten.
Zumindest optisch äußerst erfolgreich waren hingegen die finnischen Megaseller rund um den auch on stage beinahe permanent rauchenden Ville Vallo, HIM - und das wurde den Personen im Fotograben auch auf "freundlichste Art und Weise" von der weiblichen Anhängerschaft klar gemacht, sobald es einer der Fotografen (und -innen) wagte, jemandem die Sicht zu versperren.
Sichtlich gut gelaunt bewiesen HIM, dass man die düster-romantische Stimmung der Alben auch live (vorallem angesichts der Dunkelheit) gut darbieten kann, auch wenn von "Gruselstimmung" (laut der Kleinen Zeitung, Graz) nicht die Rede sein konnte. Vielmehr schienen HIM - zumindest für das reifere Publikum - eine gute Gelegenheit zu sein, sich gemütlich hinzusetzen, ein Bierchen zu trinken oder einfach nur die Freundin in den Armen zu halten. Angenehme Musik, mit gewohnt melancholischem und melodramatischem Touch, ein überaus gut gewählter Querschnitt durch sowohl den Backkatalog als auch das aktuelle Album "Love Metal"´- noch dazu dargeboten von einer auch optisch erträglichen Band, welche eine immense Spielfreude an den Tag legte und trotz nicht wirklich optimalem Sound somit absolut jeden in der Hand zu haben schien.
Geisterstunde - Bühne frei für den selbsternannten Herrn Doktor, Schockrocker MARILYN MANSON samt Band himself. Gerade einmal eine Stunde dauerte seine imposante Präsentation des aktuellen Albums "The Golden Age Of Grotesque", welche zwar nicht so provokativ-abstoßend wie im Vorfeld vermutet ausfiel (und auch die Kulisse eher etwas von der Prater-Geisterbahn hatte), dennoch aber durchaus zu gefallen wusste.
Egal ob als Mickey Mouse, in ein Korsett gezwängter Bürgerschreck oder Prediger - MARILYN MANSON wusste, die ihn frenetisch abfeiernde Meute zu unterhalten und in seinen Bann zu ziehen. "Do we need it? No! Do we want it? Yeah!" - plakativ bis zum geht-nicht-mehr, die neue Version der Rocky Horror Picture Show, mehr ein Theaterstück als ein Liveauftritt einer Band. Dennoch: sowohl optisch als auch akustisch ein Genuss, zumal die Setlist überaus gut gewählt war und man von den angeblichen Soundproblemen vor der Bühne auch nicht wirklich viel mitbekam, bis der Meister das Handtuch - oder eher: das Mikro - zum zweiten Mal schmiss und bereits nach einer Stunde die Bühne verließ. Selbst minutenlanger Jubel (oder Buh-Rufe, man möge das für sich selbst entscheiden) ließ den Meister nicht zu einer Zugabe überreden, man kennt nun mal keine Gnade.
Man mag von MARILYN MANSON sowohl persönlich als auch musikalisch halten, was man will - aber an den Liveauftritten (oder auch den Clips) wird selbst der härteste Kritiker nur wenig zu kritisieren finden, und dass der Herr Doktor ein Mann mit Tiefgang ist, wissen wir bereits seit "Bowling For Columbine".


-- aufgrund tech. Probleme werden die Fotos in der KW28 online sein --


FOTOS + E-CARDS
www.wiesen.at

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Beitrag vom 02.07.2003
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