MY MANNER   LICKED SCUM  
19.04.2003 @ Tunnel

Der Keller des Tunnels ist eigentlich eher ein Ort, an dem es Jazz- und Blues-Sessions gibt, als Schauplatz eines Punkkonzertes. Nicht so an diesem Abend. MY MANNER und LICKED SCUM gaben sich die Ehre und das bedeutete zweimal melodischen Punk, allerdings jeweils mit einem anderen musikalischen Schwerpunkt.

Zuerst stieg das Trio LICKED SCUM auf die Bühne. Der Sound war zwar klar und durchsichtig, man hörte jedes Instrument raus, das bedeutete aber auch, das man bemerkte, dass das Equipment der Band nicht gerade das beste war. Ansonsten konnte die Band allerdings doch überzeugen. Mit ihrer recht Ska-lastig ausgerichteten Musik konnten sie zwar niemanden zum Aufstehen bewegen (im Keller des Tunnels sitzt man, wie es sich für einen Jazz&Blues-Club gehört, bei kleinen Tischen), doch trotzdem war die Laune des Publikums im oberen Bereich.
Was den Gesang angeht gleich einmal ein großes Kompliment. Der Sänger/Gitarrist der Band hat eine charismatische Stimme, die er auch gekonnt einzusetzen versteht.
Die musikalische Darbietung war tight, manche Songs erschienen etwas unausgegoren, wieder andere (vor allem gegen Ende des Gigs) verrieten jedoch das songwriterische Potential der Band.
Dass es wegen dem Umstimmen der Instrumente eine gute Viertelstunde Pause gab, war jedoch unnötig, und obwohl es wohl niemanden im Publikum störte (dass alle gemütlich mit Getränk bei Tisch sitzen hat auch seine Vorteile), sollten sich die Burschen überlegen, wie sie das beim nächsten Mal etwas professioneller bewältigen.

Die zweite Band des Abends war dann MY MANNER, die demonstrierten, wie man professionell und trotzdem mit ordentlich viel Spaß an der Sache ein Konzert runterrocken kann.
Die Wiener Band bestritt ihren ersten Auftritt als Quintett und nicht nur der alte Kern der Band, sondern auch Neuzugang Clemens machte auf der doch recht kleinen Bühne einen ziemlich vitalen und lockeren Eindruck ohne dabei das Wesentliche, die Musik, zu vernachlässigen.
Durch den guten Sound konnte man sich davon überzeugen, dass die Entscheidung, einen zweiten Gitarristen in die Band zu integrieren, richtig war und der deutlich verbesserte Gesang ließ mich mehr als einmal aufhorchen. Zu dem in bester, melodiöser Punktradition rotzig rüberkommendem Gesang gesellen sich nun auch dann und wann fiese Shouts, die so manchen New-Metal-Sänger vor Neid erblassen lassen würden. Überhaupt scheint die Band jetzt einen härteren Weg eingeschlagen zu haben, weg vom Melodic-Punk, hin zu Sachen wie STRIFE, THE USED.
Allerdings lässt nicht nur der Gesang, sondern auch der eine oder andere Kommentar von Sänger Luki aufhorchen. So werden einem auch noch Situationskomik und politischen Statements geboten. Was sich allerdings mit Kampfansagen vor Songs wie “Fuck Face Society Part 1”, dessen Fortsetzung “...Part 2”, “Better Place” oder “Can’t Believe” nicht ganz vereinbaren lässt, ist das BIOHAZARD-T-Shirt, schließlich weiß man ja, was Evan Seinfeld so daherredet....
Eine weitere Kampfansage stellte das Ska-lastigste der gespielten Lieder, “Rock’n’Roll Specialist”, dar, das dem Gewinner von Starmania gewidmet wurde.
Eine Versöhnung, und zwar die zwischen den Musikstilen Punk, Hardrock und Reggae stellte das Cover von Bob Dylans “Knockin’ on Heavens Door” dar, denn dieser alte Hadern wurde nicht einfach nur “verpunkt”, sondern bekam einen reggaelastigen Schluss und davor noch ein Solo, das Note für Note aus der GUNS’N’ROSES-Version übernommen wurde.
Der "MY MANNERs Hero Campaign for moshing kids" kam allerdings auch bei diesem Auftritt keiner nach. Naja, vielleicht ja das nächste Mal, wenn MY MANNER gemeinsam mit den PETTICOATS und NEVERGREEN am 25.4. in der Aera zu einem ähnlich günstigen Preis (Euro 4,50) spielen.
1,50 Euro pro Band (und 11 Songs im Falle von MY MANNER) is’ ja wohl wirklich keine kommerzielle Ausbeutung....
www.mymanner.net

Kronos
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Beitrag vom 23.04.2003
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