THE GATHERING   PALE FOREST  
11.04.2003 @ Planet Music

An diesem Freitagabend war ich irgendwie so überhaupt nicht in Konzert-Stimmung. Lag warscheinlich auch daran, dass ich einen Teil des Nachmittags verschlafen hatte, aber egal. Bei der Ankunft im Planet so gegen 20:15 waren mir zwar die altbekannten "Beat The Streets"-Tourbusse aufgefallen, aber wo bitte sehr war das Publikum? Eine handvoll Leute im Foyer und Cafe, NIEMAND an der Kasse und auch nicht mehr als geschätzte 150 Leute in der Halle. Das kann ja heiter werden. Waren etwa andere Menschen auch nicht in Konzertstimmung? Gott sei Dank kam es aber noch anders.
Pünktlichst um 20:30 standen die Norweger von PALE FOREST auch schon auf der Planet Bühne. Ohne jegliche Ansage, Linecheck oder Intro waren sie erschienen und starrten auf den sich langsam füllenden Raum vor der Bühne. Die fünf Herren rund um Frontfrau Kristin Fjellseth, die im gelb-weiß gestreiften Sommerkleid ein wenig den Girly Look der 90er Jahre wiederspiegelte, machten anfänglich einen etwas verlorenen Eindruck. Somal aber sechs Leute auf einer Ebene der Bühne standen, und dem entsprechend wenig Platz war, versteht man sicher auch, dass nicht von Beginn an die Post abging. Zur musikalischen Seite von PALE FOREST kann man eigentlich nur sagen, dass sie irgendwo zwischen Pop und Grunge, doomigen Metal und psychedelischen Sounds ala Gathering verstreut liegt. Im Großen und Ganzen ist der Sound der Truppe recht ruhig und nur vereinzelt brechen flottere Passagen die verträumten Melodien ein wenig auf. Für alle Interessierten gibt's auf der Homepage mehrere Tracks als Stream anzuhören. Auffallend waren die sehr guten Duettparts zwischen Kristin und Basser Gunleik zum Beispiel bei der Nummer "Mistaken Identity" vom neuen Album "Exit Mould". Sängerin Kristin trat überhaupt als Multitalent in Erscheinung, da sie auch bei einer Nummer die rote B.C. Rich-Gitarre würgte. Das sieht dann natürlich sehr geil aus mit Kleid und ultra Metal Gitarre. Aber das Publikum war sofort auf der Seite der Band und feierte die Burschen ordentlich ab. Gut gefiel mir auch der Keyboarder, der hinter seinen vier (oder mehr???) Tasteninstrumenten regelrecht verschwand. Unaufdringlich und sehr songdienlich wurde bei PALE FOREST die Elektronik eingesetzt. So zu hören bei der Midtempo Nummer "Exit Moulds". Kurios und somit erwähnenswert fand ich, dass die Gitarristen nach jedem Song die Gitarren wechselten. Irgendwie haben die scheinbar einen guten Endorsement-Deal mit Fender Guitars ergattert, hehe. Mit fortschreitender Zeit wachte aber nicht nur die Band auf, sondern auch das Publikum, welches sich mittlerweile sicher verdreifacht hatte. (Warum können manche Menschen nicht pünktlich sein?) Mir kam vor, dass PALE FOREST sich die besseren, groovigeren Tracks für den Schluß aufgehoben haben, so zum Beispiel "Tristesse" von "Of Machines and Men", welches auch eines der letzten Lieder in diesem 40-minütigen Gig war. Die Band wurde mit minutenlangem Applaus verabschiedet und genoss sichtlich das "Bad in der Menge". Eine gute Show war es warscheinlich auch deswegen, weil PALE FOREST mit dieser Support-Tour ihr bereits viertes Album promoten. Eine Band von der ich mir wünsche, noch viel zu hören. www.paleforest.no
Nach einer 20 minütigen Umbauphase, in der wieder einmal das komplette Equipment von der Bühne runter und anschließend gleich wieder hinauf geschaufelt wurde, ging's dann mit einem coolen Herzschlag-Intro los. THE GATHERING enterten die in ein sanftes Blau getauchte Bühne. Anneke van Giersbergen, ihreszeichens langjährige Frontfrau der Holländer ebenfalls mit einer Gitarre um den Hals geschnallt, begrüßte das geifernde Publikum. Gleich die zweite Nummer "Nighttime Birds" ließ mich noch hoffen, dass die fünf sich vielleicht doch wenigstens live von den doch eher langsamen und etwas monotonen Songs des neuen Albums "Souvenirs" distanzieren würden. Das Publikum wußte jedenfalls was es wollte, und THE GATHERING gaben es definitiv zurück. Während den nachfolgenden "Souvenirs" Songs wie z.B. "These Good People" und "We Just Stopped Breathing" gab es eine äußerst gelungene Lightshow der neuen (zumindest mir noch nicht bekannten) Planet Music Lichtanlage. Drummer Hans Rutten und Keyboarder Frank Boeijen versuchten immer wieder gekonnt die Percussionparts der Songs auf elektronische und manuelle Art zu verbinden. Eine andere Verbindung schaffen THE GATHERING live wie keine andere Gruppe. Die Verschmelzung von elektronischen Fills vom Band und den passenden Einsätzen der Musiker ("Souvenirs" und das großartige "Golden Grounds"). Faszinierend ist an dieser Stelle die Harmonie von Anneke, Keyboarder Frank, der zwischendurch den Sequenzer laufen ließ und mit dem E-Piano zu den Songs improvisierte und die Unmenge an Gitarreneffekten, mit denen Gitarrist René Rutten aufwarten konnte. Wenn ich mir nun das neue Album im Nachhinein anhöre, bemerke ich vielmehr der wirklich kleinen musikalischen und elektronischen Feinheiten. Wahnsinn!
Mit den Anfangstagen der Band zu "Always..." Zeiten hat diese musikalische Darbietung freilich überhaupt nichts mehr zu tun. Mir fehlt auch heute noch ein wenig die zweite Gitarre, die mir THE GATHERING damals 1995 auf "Mandylion" noch äußerst schmackhaft gemacht hat. Aber was soll's, auch ohne die alten Hadern war es ein absolut geiles Konzert, welches nach 13 Nummern und drei Zugaben (also dem kompletten "Souvenirs" Album plus Partitionen aus "If_Then_Else", "Mandylion", "How To Measure A Planet" und eben "Nighttime Birds") noch immer eine Gänsehaut auf meinem Rücken hinterließ. Vor allem noch als PALE FOREST Sängerin Kristin gemeinsam mit Anneke das wunderbare "You Learn About It" im Duett sangen. Unvergesslich! Wahrscheinlich auch deswegen, weil ich seit längerem wieder einmal GUTEN Sound im Planet gehört habe, der ja für sanftere Klänge unerlässlich ist. Lob auch an dieser Stelle! (Sonst bekomme ich wieder böse Mails von diversen Tontechnikern *g*)
Resümee dieses Abends: Die Bands waren wohl etwas überrascht, dass ihre Musik soooo gut angekommen ist, was man sowohl bei THE GATHERING als auch bei PALE FOREST an den nicht enden wollenden Applausstürmen und den überwürfigen Danksagungen der jeweiligen Sängerinnen bemerken konnte. Vielleicht lag's aber eh auch nur an eben diesen Sängerinnen... wer weiß?
www.gathering.nl

Peter
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Beitrag vom 13.04.2003
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