DORO   MESSIAH´S KISS   VISIONS OF ATLANTIS  
28.11.2002 @ Planet Music

Schon lange habe ich den Tag erwartet, an dem ich DORO live, mit voller Bandbesetzung sehen könnte. Erinnerungen frühester Metal-Tage ranken sich um diese respektable Frauengestalt, die es geschafft hat, in diesem harten Business Fuß zu fassen und stehen zu bleiben. Sie hat massig geniale Songs erschaffen, teils unter Mitwirkung von Größen wie Gene Simmons (KISS) oder Pete Steele (TYPE O´NEGATIVE), und seit jeher gewusst, die Massen zu begeistern. Da ich in letzter Zeit sehr deutlich gemerkt habe, dass meistens die Gigs der großen Alten wesentlich mehr Stoff geben, als die von Möchtegernstars und Newcomern, machte ich mich, schon überhaupt nach der herausragenden heurigen Wacken-Performance der Lady auf ein Event der besonderen Art gefasst. Und ich wurde nicht enttäuscht....
Die Eröffnung des Abends oblag den Österreichern VISIONS OF ATLANTIS, einer wirklich vielversprechenden Band, die sich darauf versteht, mitreissende, gute Songs zu schreiben. Dementsprechend positiv reagierte auch das Publikum, welches der „österreichischen Antwort auf NIGHTWISH“ anständig Respekt zollte. Allerdings wurde mir klar, wieso der Band der Weg nach oben vorerst versperrt bleiben wird. Zumal sich eigentlich alles rund um die Sängerin aufbaut, wodurch man die Charts stürmen möchte/könnte, machte es mich umso stutziger, dass die gesamte Band offenbar tauben Ohres sein muss. 80% des Gigs verbrachte ich mit Gänsehaut und Krämpfen, welche bei mir beide symptomatisch durch falsche Töne hervorgerufen werden. Sichtlich indigniert wies man auf ein schlechtes Review in einer namhaften Zeitschrift hin, offenbar in dem Glauben, man habe es bei deren Schreiberlingen mit Idioten zu tun. Was hier gesanglich geboten wurde, rief in mir blankes Entsetzen hervor. „Perlen vor die Säue“ war die Quintessenz meiner Gedankengänge. Es ist mir unbegreiflich, wie man glauben kann, den großen Ruhm mit einer komplett unausgebildeten und noch dazu offenbar untalentieren Sängerin erlangen zu wollen. Schon beim ersten Demosong der Band fiel mir auf, dass man es fertigbrachte, ungeniert gleich die erste Phrase des Gesanges ordentlich falsch zu Tonträger zu bringen, verbessert hat sich hier nicht wirklich etwas. Wohlgemerkt, das Potential wäre durchaus vorhanden! Aber was das Publikum, die Band und die Sängerin selbst offenbar nicht hört/stört, hören die ernstzunehmenden Plattenlabels sehr wohl. Alle Elektronik der Welt könnte DAS nicht geradebiegen. Dabei agierte man mit so selbstverständlicher Natürlichkeit, dass für Otto Normalverbraucher alles in bester Ordnung schien, auch wenn sich sehr wohl auch einige meiner nicht musizierenden Kollegen die Ohren hielten. Der Keyboarder verwöhnte das Ohr mit feinem Skalengewichse und das Auge mit einem fetten verkehrten Kreuz um den Hals hrhrhr, die Drums waren präzise, der Sänger hat durchaus brauchbares Niveau, und der Gitarrist, nun, nichts aufregendes, aber mittlerweile ist der Mann ohnehin schon draußen – somit kommt hoffentlich etwas besseres nach. Mir bleibt nicht mehr zu sagen als: tolle Band, die lieber auf gewisse Elemente verzichten sollte, als WERTVOLLE Zeit zu vergeuden mit Dingen, die schon gestern verloren waren. Wenn ich mir also das vokale Grauen wegdenke, kann ich nur sagen: höchst respektabel, prima Konzert, mehr davon!
MESSIAH´S KISS kamen an zweiter Stelle auf die Bühne – von Kollegen Metal Warrior vorgewarnt, erwartete ich einen bombigen Sänger und eine fantastische Band. Nun, ich wurde wahrlich nicht enttäuscht. Die Spielfreude sprang einen von der Bühne förmlich an, der rechte Gitarrist, ein bereits etwas betagter Mann, war kaum zu bremsen – grimassenschneidend und wild die Nackenfedern schwingend wirbelte er auf der Bühne herum, der Sänger leistete wirklich hervorragende Arbeit, der Bassist ließ hin und wieder mächtig die Sau raus und leistete gemeinsam mit den Drums perfekte Rhythmusarbeit. Die Songs kamen erfrischend und eingängig, sodass sogar Kollege Gertschi meinte, er habe MESSIAH´S KISS´CD seit 3 Monaten daheim und würde sie sich nun DOCH einmal anhören wollen hehehe... Eine mächtige Metal-Maschine, die Einflüsse von PRIEST bis DIO zu einem doch originellen, angenehmen Ganzen verquicken kann!
Nach 9 Jahren Warten sollte es nun soweit sein..... mit lauten Sprechchören forderte man nun das Erscheinen DOROs, die, sichtlich überrascht von der mehr als positiven Reaktion des Publikums, ihr bestes gab und einen Klassiker nach dem anderen, als auch“Fight“ und „Legends Never Die“ vom neuen Album „Fight“ spielet. Das obligate Programm, von kraftvollen Hymnen wie „All We Are“ bishin zu Schnulzen der Sorte „Für Immer“ wurde diesmal sogar durch „Hellraiser“ vom „Force Majeure“-Album ergänzt! Die Band um DORO sprühte vor Energie, der Drummer gab sich einem ausgiebigen Solo hin, und allgemein kam ich nicht umhin, permanent meine Verzückung zum Ausdruck zu bringen. Kollege Lucky strahlte ebenfalls vor Glück und Wonne aus seinem Emperor-Pulli, somit stand für mich fest, dass einem DORO nicht nur als altem Fan gefallen konnte! Ich habe NOCH NIE derart frenetischen Jubel gehört, so feierte man DORO nach Beendigung ihres regulären Sets ab. Zwei mal musste sie zur Zugabe wiederkehren, bis das Publikum doch erschöpft vom vielen, unausweichlichen Mitsingen und Schreien Ruhe gab.
Mit einem Wort: ein fantastischer Metal-Abend, der mir einen lang ersehnten Wunsch erfüllte und wieder Licht in eine düster umhüllte österreichische Metal-Zukunft scheinen ließ.
www.doropesch.com

Corniger
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Beitrag vom 08.12.2002
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