METALFEST VIENNA 2002: NIGHTWISH   HYPOCRISY   TIAMAT   SODOM   EDGUY   HOLLENTHON   DEW-SCENTED   CHARON   UVA  
24.08.2002 @ Arena

Eigentlich hatte ich nicht wirklich vor, extra fürs Metalfest nach Wien zu fahren - jede Band, die mich zum damaligen Zeitpunkt interessierte, hatte ich bereits schon des öfteren gesehen und der Großteil der am Billing vermerkten Bands interessierte mich eigentlich nicht sonderlich - zumal eine Fahrt nach Wien per Auto auch nicht gerade billig ist und es einem doch ziemlich schlaucht, in der Hitze an einem Tag über 700 Kilometer zurückzulegen. Da mich unser liebe Leander aber beinahe permanent nervte, doch auf ein Bier vorbei zu kommen (na lecker das Arena-Wasser) und da mir sowieso langweilig war (Student; ha-ha), wurde schlussendlich doch was draus - und bereuen sollte ich es definitiv nicht...

Mit einiger Verspätung (das kommt davon, wenn gewisse Leute nicht vor dreizehn Uhr aus dem Bett kriechen, Mr. Cannibal) kamen wir gerade rechtzeitig zu den letzten Klängen von HOLLENTHON in der Arena an - zumal sich die Parkplatzsuche auch recht aussichtslos gestaltete, da Festivals wie diese doch mehr Besucher anlocken, als ein x-beliebiges Underground-Konzert. Die Arena glich jedenfalls einem Bienenstock, um den sich eine Traube komplett schwarzer Bienen gescharrt hatte - und durch diese Traube hies es sich in Windeseile durchschlängeln, da Gore und ich mit Mr. Tägtgren im Anschluss an den HOLLENTHON-Auftritt das Interview zu führen hatten (das sich übrigens äußerst lustig gestaltete, da der Großteil der restlichen Interviewer noch keine Fragen ausgearbeitet hatte, in der Benebelung des Alkohols auch nicht mehr improvisieren konnte oder einfach die Zunge nur noch - ebenfalls aufgrund des Alkohols - lose im Mund hing und sich einfach weigerte, einen sinnvollen Satz auf Englisch zustande zu bringen, sodass Peter mehrmals nachfragen musste, um überhaupt zu verstehen, um was es in groben Zügen ging). Dadurch verpassten wir leider EDGUY (zumindest optisch, akustisch bekamen wir nebenbei noch genug mit), was ich persönlich äußerst schade finde, da sie angeblich eine äußerst amüsante Bühnenshow abgezogen haben sollen...
Macabre


Durch einige Schwierigkeiten kamen Freunde und ich mit dem Auto erst gegen 16:45 Uhr an, wodurch ich leider VANITAS und HOLLENTHON (die ich so gerne gesehen hätte) verpasste. Aber es reichte noch, um meine einheimischen Lieblinge OLEMUS zu sehen. Leider hatten sie nur 30 Minuten zur Verfügung, die aber gut genutzt wurden. Den Auftakte machte "Bleeding" vom Album "Passionfall", sonst gab es noch "Dead heart goddess", "My fakelove" (welches wie immer mit kultiger Ansage angekündigt wurde) oder "For god?" - vom gerade erschienenen Album wurde zum Beispiel "Es ist ich" präsentiert, welches fließend an das alte Songmaterial anschließt, der Stil weitergeführt wird, aber durch neue, elektronische Elemente bereichert und erfrischt wird. Die Bühnenperformance war gut, das Publikum in Stimmung - es war unverkennbar, dass sich OLEMUS in all den Jahren schon einen gewissen Status in heimischen Landen erspielen konnten. Rein persönlich ein erfreuliches Erlebnis, wieder mal die Gothic-Thrasher live zu sehen, was aufgrund meines Deutschlandaufenthaltes lange nicht möglich war.
Leander


Wir beendeten das Interview jedoch rechtzeitig, um SODOM gehörig abzufeiern - eine Kultband wie diese muss man einfach sehen, die wird auch nach der zehnten Wiederholung nicht langweilig, da SODOM immer unberechenbar agieren und von Mal zu Mal wieder neue Gags in ihr Programm einbauen - so brachte Onkel Tom die Ausschänker gehörig ins Schwitzen, als er verkündete, ab 10 Uhr gäbs Freibier für alle Sodomaniacs. Krachen lies es das Trio wiedermal gewaltig - und sowohl die alten Nummern ("Blasphemer", "Outbreak of evil"), Pflichtsongs ("Agent Orange", "Der Wachturm"), als auch das neuere Material von "Code red" und "M-16" wurde gehörig abgefeiert - zumal Onkel Tom die ersten Reihen ab und zu auch mit einem Schluck (Dusche?) Bier aus erster Hand beglückte. Dass SODOM aber keine reine Spaßpartie sind, bewiesen die Deutschen aber auch mit Songs wie "I am the war" oder "Among the weirdcong", sowie mit Onkel Toms kurzer, prägnanter, aber umso treffenderen Ansage "Tötet Osama bin Laden!" Mein persönliches Highlight des SODOM-Gigs war die "Ace of spades"-Coverversion, die zwar schneller als im Orignal, dafür aber genau so rotzig / rockig wie bei MOTÖRHEAD präsentiert wurde. Einfach nur ne perfekte Live-Partie, außer (sehr) laut einfach nur scheiße geil!

Die darauffolgenden TIAMAT passten optimal zum Bild, dass sich am Himmel bot - die Sonne senkte sich und wurde optimal durch die düstere Musik, die die Schweden verbreiteten, untermalt... Nun, über Geschmack lässt sich bekanntlich ja streiten, aber ich hätte mich am liebsten gemütlich auf den Boden zwischen ein paar Alkleichen gekuschelt und das ganze im Liegen (oder Schlafen?) weiter verfolgt... Ich entschied mich dann aber doch, mal die Indoor-Stage zu begutachten, auf der SANGUIS grad ihr blasphemisches Geknüppel los ließen - gefiel mir erstmals richtig gut, schön, dass die Partie von Auftritt zu Auftritt besser wird und sich perfekter aufeinander abstimmt - und vorallem auch das ohnehin schon gute Material nun auch live wirklich gut rüber bringt. Die enorme Hitze bewegte mich allerdings dazu, mich nach draußen zu den CD-Ständen zu flüchten, wodurch ich leider SEEDS OF SORROW verpasste (Pekna zena, Tommi? haha)...
macabre

...und da verpasste unser lieber macabre einiges (Asche auf dein Haupt;-) Keine Ahnung wann und wo ich die Jungs das letzte Mal gesehen hatte, aber es durften sicher schon fast 2 Jahre her gewesen sein. Es war jedenfalls definitiv noch vor dem letzten Release („Phoenix Rising“, Anfang 2001) - war also schon ein Weilchen her. Das einzige was ich wusste, war dass sie straighter sein sollten, als noch zu „Bleeding Eyes“-Zeiten (1998). Dementsprechend gespannt harrte ich der Dinge und als sie zu wüten begannen musste ich feststellen - ja, sie waren straighter! Wirklich schön gerade aus, jedoch ohne niveaumäßig zu niedriges Terrain zu betreten – einfache eine äußerst gelungene, abwechslungsreiche Mischung, die nicht nur mir sehr gut fiel, denn die Halle war randvoll, was auch der SEEDS Sänger mehrmals mit Verwunderung und Dank zwischen den Nummern zum Ausdruck brachte. Einwenig meinte es der alte graubärtige Typ da oben am Firmament schon auch gut mit ihnen, denn der SEEDS OF SORROW-Gig kollidierte zeitmäßig - wider erwarten - nicht mit HYPOCRISY, was sicher auch etwas zum guten Füllungsgrad der Halle beitrug.
Super Stimmung, super Gig, für mich sogar einer der besten dieses Abends...dann kann ich nur mehr hoffen, dass es bei mir nicht wieder 2 Jahre bis zur nächsten SEEDS-Konfrontation dauert!
martin

Nach ein, zwei Songs von HYPOCRISY - die ich ohnehin schon des öfteren gesehen habe - entschloss ich mich, trotz der Hitze wieder mal - mit Bierwasser bewaffnet - die Indoor-Stage zu besuchen und erwischte gerade rechtzeitig DIE Neuentdeckung des Metalfests: TANQERAY aus dem schönen Salzburg; Wie ihr bereits im Review zu deren aktuellen Debüt-CD in der letzten Ausgabe nachlesen konntet, praktizierte das Quintett unglaublich mitreißender Schotten-Metal, der "Größen" wie SKYCLAD ohne weiteres in den Schatten stellte und live noch mitreißender, erfrischender, aggressiver und emotionaler wirkte, als auf dem Silberling (unglaublich, aber wahr). Währe da nicht jemand auf mir eingeschlafen, hätte ich zu gerne munter zusammen mit Lady Bordeaux, King Leo und Co. das Tanzbein geschwungen, aber das habe ich brav zuhause zur CD nachgeholt ;) GRANDIOS!

Nach dem folkigen Auftritt von TANQERAY ging es gleich nahtlos in Überraschung Nummero zwo über - mit den Holländern AFTER FOREVER entdeckte ich eine weitere "neue", mitreißende Partie, die stilistisch zwar in NIGHTWISH-Richtung schlug, aber dank der wunderbaren Sängerin und der aggressiven Live-Performance doch einen Tick besser gefielen als die Power-Metal-Größen um Tarja. Besonders die unglaubliche Stimme der Fronterin (deren Name mir leider entfallen ist, obwohl ich nach dem Gig noch ausführlich mit ihr geplaudert hab) hatte es mir derart angetan, dass mir zuerst einmal die Kinnlade bis zum Boden runter gesackt ist, bevor ich überhaupt gneißte, was da abläuft. Leider konnte ich keine CD der Truppe auftreiben, so musste www.amazon.de herhalten, die aber leider nur mehr die zweite (angeblich eh bessere weil aggressivere, komplexere und ausgereiftere) CD im Programm haben...

Für Fans der "etwas" schnelleren und härteren Gangart gabs hierauf mit der Wiener Black Metal-Formation VARGSRIKET ein wahres Höllenfeuer, dass allerdings vor einem doch etwas geschrumpften Publikum stattfand, aber ich nehme mal an, dass doch einige lieber Tarja im Latexkostüm bewunderten (und nebenbei VARGSRIKET im CD-Player laufen hatten haha), als ein paar Typen mit Corpsepaint und Nieten... Nichts desto trotz bot das Trio eine solide, aggressive und meines Erachtens eine wiederum perfekte und fehlerfreie (aber leider etwas kurze) Show, an der mich besonders Tru's pfeilschnelles Drumsolo und die wiedermal perfekt aufeinander abgestimmen zweistimmigen Vocals begeistern konnten. Obwohl ich VARGSRIKET musikalisch eindeutig der "old school Black Metal Liga" zuordnen würde, muss ich dem hinzufügen, dass die Wiener alles andere als eine 08/15-Schrofel-Partie sind, und sie sich somit überlegen sollten, live eine zweite Gitarre zu Hilfe zu nehmen, da die Songs auf CD doch einen Tick wuchtiger wirken...

Von NIGHTWISH sah ich dann leider nur mehr die letzten vier, fünf Songs, allerdings war ich ziemlich überrascht, da ich die Finnen bisher als langweilige Gothic-Partie abgetan habe - was mir aber in der letzten halben Stunde um die Ohren fegte, war geilster Power Metal mit einer grandiosen weiblichen Stimme. in blaues Licht getaucht breschten die Mannen um Männertraum Tarja durch ihre komplette Diskographie - mit derartiger Energie und Spielfreude sicher ein Mittelpunkt dieses Abends (und leider eine weitere Band, von der ich mir den kompletten Backkatalog besorgen muss haha). Obwohl mir die Holländer AFTER FOREVER doch einen Tick besser gefielen als NIGHTWISH meines Erachtens trotzdem eine grandiose Band - und vor allem live derart stimmungsvoll, dass der minutenlange Schlussapplaus absolut gerechtfertigt war. Ich verneige mein Haupt und stelle mich schämend in die Ecke, dass ich NIGHTWISH bisher nicht gebührend gewürdigt habe...
Macabre

Auf NIGHTWISH freute ich mich schon sehr, die Finnen glänzen durch orchestrale, opernhafte Musik, die Livegigs strotzen meist nur so von Energie. Sängerin Tarja, welche sich voll und ganz auf ihre Gesangsausbildung konzentrieren will und NIGHTWISH deshalb pausieren müssen (der Gig auf dem Metalfest stellte quasi ein Abschiedskonzert dar, weil man die Band nicht so schnell live sehen wird), war in optimaler Form und hatte das Publikum im Griff.
Leider war ich von der Setlist enttäuscht, zu viele neue Songs kamen, die, wie eigentlich jeder erkennen muss, meist bloß eine Kopie der genialen "Oceanborn" sind. Abgehaktes Introriffing, Keyboardgedudel, dann setzt der Gesang ein, die Gitarren mit Ride-Rhythmus, die Drums mit Doublebass, es ist immer das gleiche Rezept. Von der "Oceanborn" wurde nur "Sacrament of wilderness" gespielt, soweit ich mich erinnern kann. Dreimal dachte ich "Wow, jetzt kommt Wishmaster" ... doch der kam erst beim dritten Mal, was eben ein Beweis für die gleiche Rezeptur der neuen Songs ist. Abgesehen von "Slaying the dreamer" vom neuen Album, welches neue Akzente setzt, wiederholt sich NIGHTWISH aber- und abermals, was zwar live trotzdem gut ankommt, aber auf CD eher für Langweile als für Überraschungen sorgt.
Nicht nur ich, sondern auch etliche Leute hätten gerne den einen oder anderen älteren Song gehört, doch die Band beschränkte sich leider fast ausschließlich auf die neuen Alben. Positiv war jedoch, dass "Beauty and the beast" vom ersten Output "Angels fall first" gespielt wurde.
Trotzdem ging der Auftritt in Ordnung, es versetzt einen einfach in Staunen, den Bombast zu hören, über welchem die zeitlose, geniale Stimme Tarjas thront.
Leander

Das Metalfest war auf jeden Fall ein Ereignis, das über den Verlust vom Mind Over Matter sowie über das - verständliche Ausbleiben - vom einer Hell On Earth-Fortsetzung hinwegtröstete und uns hoffentlich auch nächstes Jahr wieder mit einem derart starken Billing (und genauso vielen Überraschungen) beglücken wird - einzig und allein die Sache mit dem One Way-Ticket sollten sich Rock The Nation gewaltig überlegen, immerhin finde ich es nicht gerade sonderlich geschmackig, wenn sich der Würstelverkäufer zuerst in der Nase popelt und dann ein Hot-Dog herrichtet - oder wenn das Bier wiedermal einem Gespritzten gleicht...
Macabre


Nicht nur das Line-up passte, auch die Location, optisch als auch von der Infrastruktur. Negativ aufgefallen ist mir das One-Way-Ticket, welches total fanfeindlich ausfällt. Was macht man, wenn um 14.00 die Sonne herunterbrennt, man sich natürlich keinen Pullover mitnimmt, aber es um 20.00 zu schütten beginnt, es wird zusätzlich kalt? Hinaus darf man ja nicht, um sich Klamotten zu holen. Oder was, wenn einem das Geld ausgeht, man im Auto mehr hätte? Oder sonst etwas vergessen hat, das man sich aber nicht holen darf? Die Getränkepreise waren voll in Ordnung, lobenswert. Doch das Essen war eine Katastrophe, es gab ab einer gewissen Stunde nur mehr einen Würstelstand, wo man sich 30 Minuten für einen Hotdog anstellen musste. Sowas muss einfach nicht sein. Trotzdem, unterm Strich, ein gutes Festival.
Leander
www.rockthenation.at

Macabre
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Beitrag vom 22.09.2002
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