JUDAS PRIEST  
01.04.2002 @ Orpheum

Nachdem erstmals kolportiert wurde, JUDAS PRIEST würden dieses Jahr bei ihrem Österreichaufenthalt nicht nur in Wien spielen, sondern auch in der Murmetropole, tat man dies mancherorts nicht zuletzt aufgrund des gewählten Datums noch als Aprilscherz ab. Doch weit gefehlt, die METAL GODS würden tatsächlich auch die steirische Metallergemeinde mit einem ihrer legendären Auftritte beglücken. Nicht nur das, mit dem Komma in Wörgl wurde kurzerhand noch ein dritter Termin für die Alpenrepublik fixiert. So setzten die Priester dieses mal also auf mehrere Auftritte in kleineren Locations denn auf ein großes Einzelereignis. Meines Erachtens eine sehr gute Entscheidung, denn so bekamen bestimmt mehr Fans die Gelegenheit, ihre Helden auf der Bühne zu sehen.
Wie dem auch sei, am 1. April war es also soweit und die Herren Tipton, Downing und Co. traten tatsächlich in Graz auf, wobei das Orpheum als Austragungsort fungierte. Bei meiner Ankunft um 19.30 fand ich ein bereits von zahlreichen Metallern aller Altersgruppen belagertes Veranstaltungslokal vor, was auf gute Stimmung beim anschließenden Konzert hoffen ließ. Wie üblich in Graz, waren auch wieder zahlreiche Fans aus dem benachbarten Slowenien angereist. Trotz des großen Andranges konnte man sich in der Halle selbst jedoch stets gut von einem Ende zum anderen, sprich von der Bar zur Bühne, fortbewegen, ohne dabei zerquetscht zu werden. So konnte einem gelungenen Abend also nichts mehr im Wege stehen. Leider verlieh der überteuerte Merchandise diesem einen fahlen Beigeschmack. Wer ein T-shirt der Metal-Urväter sein eigen nennen wollte, der mußte dafür sage und schreibe 25,- Euro hinblättern, meines Erachtens ein inakzeptabler Preis. Aus mir immer noch unverständlichen Gründen herrscht ausgerchnet bei den großen Bands diese ungerechte Preispolitik vor. Ob diese jedoch tatsächlich Mehreinnahmen garantiert, ist höchst fraglich, denn hätten die Shirts die Hälfte gekostet, so wären davon sicher um einige mehr über den provisorischen Ladentisch gegangen. Von einem wirklichen Run auf den Merchandise kann nämlich nicht gesprochen werden, denn viele Leute waren einfach nicht dazu bereit, sich ihr sauer verdientes Geld derart aus der Tasche ziehen zu lassen. So ging es also ohne neues Priest-Shirt auf in Richtung Bühne, um rechtzeitig einen guten Platz zu ergattern. Angekündigt war keinerlei Vorband, doch ließ ein zusätzlich aufgebautes Schlagzeug darauf schließen, daß es einen Support geben würde. Und so war es auch. Um 20.00 Uhr betraten die Mannen der Grazer Band HIGHLIG die Bretter, die die Welt bedeuten. Ein Auftritt vor JUDAS PRIEST, der jeder lokalen Combo als großartige Gelegenheit zum Ausweiten ihres Bekanntheitsgrades dienen kann, erwies sich in diesem Fall als sehr zwiespältig. Denn stilistisch wollten HIGHLIG so gar nicht ins Konzept passen, was viele der Anwesenden vor der Bühne binnen kürzester Zeit in Raserei versetzte. Mit ihrem Industrial-lastigen Material konnte es ihnen einfach nicht gelingen, die Herzen der Fans zu erweichen. Vielmehr bekamen sie haufenweise Buhrufe zu hören und so mancher Mittelfinger wurde in Richtung Bühne gereckt. Davon größtenteils unbeirrt spielten sich HIGHLIG jedoch sehr solide durch ihren Set, wobei gesagt werden muß, daß ihr Songmaterial in seiner Stilrichtung keinesfalls schlecht ist, doch an diesem Abend eben völlig deplaziert wirkte. Dennoch war es ihnen möglich, vereinzelten Teilen des Publikums auch Applaus zu entlocken, was ja eigentlich für die Performance der Band spricht. Nach diesem "mißglückten" Support waren die Fans natürlich noch um einiges gespannter auf den Auftritt der Metal Gods.
Nach einer relativ kurzen Umbaupause war es dann auch so weit und die Halle versank in Dunkelheit. Kaum waren die ersten Umrisse der die Bühne enternden Musiker zu erspähen, ging die Halle in tosendem Applaus unter und die unzähligen Priest-Sprechchöre schienen kein Ende mehr zu nehmen. Als dann der erste Ton von "Metal Gods" durch die Boxen drang und Licht die Bühne erhellte, hatte die Stimmung bereits ein Level erreicht, wie es einfach nur auf einem Konzert der Priester der Fall sein kann. Ich mag zwar angesichts meines Fanatismusses für diese Band vielleicht nicht immer objektiv urteilen, doch eines steht mit Sicherheit fest: Wenn JUDAS PRIEST auf die Bühne kommen, so verwandelt sich jede Location binnen kürzester Zeit in einen Hexenkessel. Das ist auch nicht weiter verwunderlich, bedenkt man die Tatsache, daß es sich bei ihnen um die eigentlichen Begründer des Heavy Metal als solchen handelt. Dabei ist es noch wesentlich erfreulicher, daß sie keineswegs gelangweilt wirken, sondern selbst nach 30-jähriger Präsenz ihre Auftritte noch immer mit unglaublicher Leidenschaft absolvieren. Natürlich spürt man die Routine, was auch keineswegs verwunderlich ist, doch die Spielfreude ist sämtlichen Bandmitgliedern stets anzumerken. Sei es nun Ian Hill, der stetig grinsend und headbangend im hinteren Bereich der Bühne seinen Baß bearbeitet oder Glenn Tipton, der meist den Fankontakt sucht und so nicht selten mit seiner Gitarre an den äußersten Rand der Bühne wandert um dieser dann jene Riffs zu entlocken, die Generationen von Metalfans zu begeistern imstande sind. Ganz zu schweigen von K.K. Downing, der ebenfalls mit vollstem Enthusiasmus die zweite Axt bedient. Hinter all dem thront auf einem Podest Schlagzeuger Scott Travis, ohne dessen hartes, präzises, von Doublebassgewittern durchzogenes Drumming der Priest-Sound seit "Painkiller" einfach nicht mehr vorstellbar wäre. Wer in dieser Auflistung noch fehlt, ist natürlich das jüngste Mitglied bei JUDAS PRIEST, Sänger "Ripper" Owens. Daß dieser einfach perfekt in die Band paßt und stimmlich schier unglaubliches leistet, hat er mittlerweile oft genug bewiesen und somit sollte wirklich niemand mehr seine Position als Frontmann in Frage stellen. Gleich beim zweiten Song des Abends, nämlich "Heading Out To The Highway" war auch schon das Können von Ripper gefragt, denn hier mußte er erstmal in wirklich hohe Stimmlagen vordringen, was er mit Bravur vollzog. Dementsprechend frenetisch fielen auch die Reaktionen des Publikums aus, welches nun richtiggehend aufgeheizt war und nur mehr nach mehr lechzte. Was folgte war ein kleiner Ausflug in die "Painkiller"-Ära in Form von "Touch Of Evil", welches mit seiner unglaublichen Intensität die Stimmung wie auch die Anzahl der mitsingenden Fans erneut in die Höhe schnellen ließ. Dabei muß erwähnt werden, daß aufgrund des unheimlich druckvollen Livesounds der Gitarrenarmada Tipton/Downing die Songs sämtlicher Perioden Priest'schen Schaffens oft um ein vielfaches härter wirken als im Original. Der Druck, den diese Band live erzeugt, sucht einfach seinesgleichen. Mittlerweile war der Abend auch reif für Material der brutaleren Sorte. Somit kam als nächstes "Blood Stained" vom "Jugulator"-Album an die Reihe, wobei die vorderen Reihen zu einer einzigen headbangenden Meute wurden. Was mittlerweile auffiel, war die Tatsache, daß die Tracklist dieses Auftritts bislang exakt dieselbe war, wie bereits beim Mind Over Matter 2001. Dies empfand ich als etwas enttäuschend, denn eine kleine Abänderung hätte bestimmt nicht schlecht getan, obwohl man so manchen Klassiker natürlich schwer aus dem Programm streichen kann, ohne Fans dabei zu enttäuschen. Gemessen an dem Umstand, daß es sich eigentlich um die Tour zum neuen Album "Demolition" handelt, war es auch sehr verwunderlich , daß bislang noch keinerlei Song davon gespielt wurde. Darauf galt es auch weiter zu warten, denn vorerst war noch ein Streifzug durch die Geschichte an die Reihe. So kehrt man mit "Victim Of Changes" an die Ursprünge zurück und schraubte auch das Tempo wieder etwas zurück. Konnten sich nun die Herren an den Instrumenten wieder etwas erholen, so waren die Ansprüche an Ripper erneut unglaublich hoch. In Anschluß daran gab es dann mit der Hymne "One On One" auch den ersten Titel von "Demolition" zu hören. Selbst dieser relativ neue Song dürfte bereits das Herz der Fans erobert haben, denn mitgesungen wurde nach wie vor lauthals. Dementsprechend groß war auch die Freude auf den Gesichtern der Musiker. Mit ungeminderter Spielfreude boten diese auch noch im weiteren Verlauf des Abends sämtliche Klassiker ihrer Karriere dar. Stets wartete man mit gut überlegten Übergängen von schnelleren auf langsamere Stücke und umgekehrt auf, wobei eigentlich keine der wichtigsten Nummern ausgelassen wurden. So gab es natürlich auch "Beyond The Realms Of Death", "Breaking The Law", und als Abschluß des vorläufigen Programmes "Painkiller", wobei Ripper stilgemäß mit dem Motorrad auf die Bühne fuhr. Danach war vorübergehend Schluß und die Band verließ die Bühne erstmals. Umso lauter wurden die Forderungen nach einer Zugabe seitens der Anwesenden. Diese ließ auch nicht lange auf sich warten, ertönte doch bald "The Hellion/Electric Eye", was als einiger der wenigen Klassiker vorhin noch nicht gespielt wurde. Zusätzlich wurde dann auch noch "United" angestimmt, einer der wenigen Priest-Songs, die mir so gar nicht gefallen wollen, doch live wirkt die ursprünglich so softe Nummer wenigstens um einiges druckvoller, was sie deswegen erträglicher macht. Dennoch hätte man diese zugunsten des einen oder anderen neuen Songs gut und gerne aus dem Programm werfen können, welches übrigens nach wie vor genau dasselbe war, wie am Mind Over Matter. Danach verließen die Herren nach abschreiten der vordersten Reihen und ausgedehnten Handschlägen mit den dort befindlichen Fans erneut die Bühne. Nach abermaligen, nicht verstummen wollenden Priest-Sprechchören kamen sie ein letztes Mal zurück um mit "Living After Midnight" und "Hell Bent For Leather" den Abend endgültig zu schließen. Die unheimlich große Euphorie, welche angesichts des großartigen Konzertes im Publikum herrschte, brachte es mit sich, daß dieser letzte Abgang von der Bühne mehr Zeit in Anspruch nahm. Bandmitglieder wie auch Fans hatten eines gleich, nämlich ein breites Grinsen auf ihrem Gesicht. Obwohl dies nun wie in einem kitschigen Märchen klingen mag, aber sämtliche Beteiligte verließen an diesem Abend glücklich und zufrieden das Grazer Orpheum. Nach einem solch energiegeladenen Konzertabend freut man sich eben schlicht und einfach nur mehr. So bot sich bislang noch im Anschluß an jeden Auftritt von JUDAS PRIEST das selbe Bild: Zufriedene Leute, wohin man schaut. Diese Musiker strahlen einfach eine solche Freude aus, bei dem was sie tun, daß diese einfach auf den Saal übergehen muß! Selbst nach 30 Jahren des Bestehens wirken JUDAS PRIEST keineswegs desinteressiert oder auch nur ansatzweise altbacken. Ihr Sound ist aktueller denn je und wie schon immer ein Maß für guten Heavy Metal!
Einziges Manko dieses Ereignisses war, wie gesagt, die bislang unveränderte Tracklist, auf der die neuen Stücke meines Erachtens einfach zu kurz kamen.

Tracklist:
1.) Metal Gods
2.) Heading Out To The Highway
3.) Touch Of Evil
4.) Blood Stained
5.) Victim Of Changes
6.) One On One
7.) Diamonds And Rust
8.) The Green Manalishi
9.) Beyond The Realms Of Death
10.) Burn In Hell
11.) Hell Is Home
12.) Breaking The Law
13.) Desert Plains
14.) Turbo Lover
15.) Painkiller
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16.) The Hellion/Electric Eye
17.) United
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18.) Living After Midnight
19.) Hell Bent For Leather
www.judaspriest.com

Juergen
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Beitrag vom 21.04.2002
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